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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Bescherung der Kanalisation. Als er wieder ins Zimmer trat, erinnerte er sich erstaunlich deutlich, wer er war und daß jetzt Weihnachten sein mußte, aber die Ereignisse der allerletzten Zeit waren in Dunkel gehüllt.
    Der Raum war klein und sehr sauber. Es handelte sich eindeutig um das Sprechzimmer eines Zahnarztes, die verchromten Stühle und Bohrmaschinen glänzten im hereinflutenden Sonnenlicht. Vatanen setzte sich steif auf das Sofa an der Wand und betrachtete die beiden anderen Menschen, die sich mit ihm gemeinsam in diesem ungewöhnlichen Raum einquartiert hatten.
    Es handelte sich um eine junge Frau und um einen Mann in mittleren Jahren. Beide waren inzwischen auch aufgestanden und hatten die zum Schlafen benutzten Sofakissen an der Wand aufgestapelt. Vatanen grüßte, sie kamen ihm vertraut und dennoch sehr fremd vor. Er hatte nicht den Mut zu fragen, was es mit diesem Ort auf sich hatte und wer die beiden waren. Er dachte sich, die Zeit werde diese Geheimnisse schon lüften.
    Das Mädchen, eigentlich schon eine erwachsene Frau, machte den Anfang, indem sie erklärte, jetzt müsse das Taxi bezahlt werden, 480 Mark, damit der Chauffeur endlich abfahren könne. Vatanen griff in seine Gesäßta­ sche: Die Brieftasche war weg. Das Mädchen holte sie aus ihrer dunklen Handtasche und reichte sie ihm. Sie enthielt dicke Bündel von Scheinen, fast 2000 Mark. Vatanen zählte 500 ab und gab sie dem Mädchen. Die überreichte das Geld dem Mann, der sich bedankte und ihr 20 Mark zurückgab. Der Mann ist also Taxifahrer, schloß Vatanen.
    »Also dann macht’s gut«, sagte der Mann und ging. »War ‘ne flotte Tour, tschüß dann.«
    »Iß das mal«, sagte das Mädchen und bot Vatanen ro­ te Vitamintabletten an. »Die tun gut, schluck sie ruhig alle runter.«
    Vatanen raffte sich zu der Frage auf, wo der Hase sei. »Für den ist gesorgt, der ist in Helsinki bei einem Pro­
    fessor. Dort ist er schon vor Weihnachten hingekommen und kann bis Neujahr bleiben, so ist es abgemacht.«
    »Vor Weihnachten? Ist Weihnachten schon vorbei?« »Ja, natürlich, weißt du das nicht mehr?« »Ich kann mich nicht recht erinnern. Ich habe wohl
    ein wenig getrunken.«
    »Ja, und nicht zu knapp«, sagte das Mädchen sach­ lich.
    »Das scheint mir auch so. Wer bist du denn?« »Leila, wenigstens daran solltest du dich erinnern.« Vatanen dachte über den Namen nach. Natürlich,
    diese Frau war Leila. Aber welche Leila? Weil er das nicht zu fragen wagte, erklärte er: »Sicher erinnere ich mich, sei nicht böse. Ich hab bloß so einen schlimmen Kater, und mein Gedächtnis funktioniert nicht. Ich hab wohl viele Tage hintereinander getrunken, das ist sonst nicht meine Art.«
    »Du hattest eine Alkoholvergiftung, und jetzt muß Schluß sein.«
    Vatanen schämte sich unendlich. Er wich dem Blick des Mädchens aus, der allzu offen und ehrlich war, schaute zu Boden, und als er seine Augen wandern ließ, kam ihm ein völlig neuer Gedanke: »Könnten wir in irgendeine Kneipe gehen und vielleicht ein kaltes Bier trinken?«
    Das Mädchen nickte, und sie brachen auf. Das Haus hatte eine Wendeltreppe, drei Etagen mit
    sechs Absätzen waren zu absolvieren. Vatanen hielt sich am Geländer fest, die Stufen tanzten vor seinen Augen, das Mädchen stützte ihn auf der anderen Seite.
    Draußen schien eine grelle Sonne am eisigen Himmel. Auf den Straßen lag weißer, frischer Schnee, er blende-te, doch die klare Luft erfrischte. Vatanen schützte die Augen mit der Hand und sagte: »Die Olme kommen aus ihren Höhlen.«
    »Was hast du gesagt?« fragte das Mädchen, und Vata­ nen antwortete: »Nichts. Führ mich irgendwohin.«
    Sie geleitete Vatanen durch die Stadt. Er betrachtete die Häuser, die Autos, versuchte die Umgebung zu identifizieren. Welcher Stadtteil von Helsinki war das, Vallila? Katajanokka? Kruununhaka konnte es auf keinen Fall sein. Sie kamen an einen Fluß… Vielleicht die Stadt Porvoo? Nein, auch nicht, die kannte Vatanen gut.
    Er musterte verstohlen die Passanten, spürte in sich eine leise Hoffnung, daß ein Bekannter vorbeikommen und ihm helfen würde, sich zu orientieren.
    Sie überquerten eine Brücke, dahinter lag ihr Ziel, ein kleines Restaurant. Es machte einen sauberen Ein­ druck, und Vatanen hielt es für unwahrscheinlich, daß es schon so früh am Morgen geöffnet hatte. Er teilte seine Zweifel dem Mädchen mit, das ihm sagte, jetzt sei bereits Nachmittag, und er sei wirklich sehr durchein­ ander.
    Vatanen musterte mit leeren

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