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Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Zuhörern um. Ihr Zorn gefiel mir. »Er ist oben von dem Platz, nicht wahr?«
    »Ja, ich dachte, ich zeige ihn einem Geologen.«
    Wir gingen zu einer Café-Bar. Unsere Maschine nach Frankfurt flog erst in einer Stunde. Zu unserer Überraschung trafen wir in der Bar auf meine Großmutter. Sie grüßte uns matt, stöhnte und wirkte erschöpft. Ihre Kleidung war in schlechtem Zustand. Sie hatte Wunden an den Armen und im Gesicht.
    Sie erzählte uns, sie hätte den Berg wiedergefunden, auf dem der Ballon mit Gordon gestartet worden war. »Ich war seltsamerweise überzeugt, dass er, sollte er alles überlebt haben, nicht zu uns, sondern an diesen Platz zurückgekehrt wäre, um dort ein Lebenszeichen zu hinterlassen.«
    »Und?«
    »Das Gebiet ist unzugänglich wie damals. Meinst du, jemand wollte mich hinaufbringen? Die ließen eine alte Frau wie mich allein hochkrabbeln. Sieh mich an. Aber ich habe den Platz wiedergefunden. Es lagen sogar noch verrottete Teile der Winde dort. Aber sonst nichts. Ich kletterte wieder runter, und dann kam mir die Idee, unten am Meer die alten Fischer zu fragen.«
    »Großmutter, weißt du, wie lange das her ist? Hast du das mal ausgerechnet? Wer soll sich daran erinnern?«
    »Warte ab. Einer von den alten Männern, der mit seinem Boot oft bis vor die afrikanische Küste fuhr, hat mir eine Geschichte aus Tunesien erzählt. Dort sei vor vielen Jahren ein fremder Junge aus dem Meer gestiegen und habe in einer Sprache gesprochen, die niemand je gehört habe. Er habe Wunder gewirkt, einem Blinden das Augenlicht zurückgegeben und einen Mörder entlarvt. Der Junge sei daraufhin die Küste entlanggewandert, um Kranke zu heilen und die Zukunft vorauszusagen. Er sei inzwischen ein alter Mann, würde aber immer noch an der Küste unterwegs sein.«
    »Du willst nach Tunesien?«
    »Ich habe schon gebucht. Ich werde ihn finden.«
    »Du glaubst doch nicht, dass es Gordon ist? Bitte, selbst wenn er es sein sollte, wirst du ihn nicht mehr erkennen. Und er dich auch nicht.«
    »Lass mich nur. Ich werde einen einheimischen Fahrer mieten. Und wenn ich innerhalb von vier Wochen keine Spur finde, kehre ich zurück.«
    Wir wünschten ihr Glück, gingen zurück zu unserer Abfertigung. Als wir schließlich im Flugzeug saßen, sagte Scotty: »Ich habe Eva Young angerufen, damit sie uns abholt.«
    »Woher kennst du Eva?«
    »Es war unumgänglich, bei William Godin auf sie zu treffen. Sie ist eine Verwandte von dir. Weißt du das nicht?«
    »Doch. Das macht es ja so problematisch.«
    »Du hast mit ihr geschlafen?«
    »Ja. Nein. Nicht richtig.«
    »Lüg nicht. Du bist wirklich wie William Godin.«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Nein, bist du nicht.«
    Ich dachte daran, dass wir uns in Frankfurt trennen würden. Scotty würde in ihr Institut zurückgehen, das jetzt keinen Gönner mehr hatte so wie sie keinen Förderer. Ich könnte an die Stelle William Godins treten und Geld geben. Alles könnte weiterlaufen wie bisher.
    »Ich möchte dein Kind sehen«, sagte ich.
    Scotty fuhr hoch. »Du willst was?« Sie schüttelte den Kopf. »Was willst du wirklich?«
    »Ich möchte, dass du bei mir bleibst.«
    »Und dafür willst du meine Tochter sehen?«
    »Ja, ich muss alles über dich wissen, alles von dir kennen.«
    »Weil du mir sonst nicht trauen kannst?«
    »Ja.«
    »So, wie du es sagst, klingt es, als wolltest du Dinge über mich wissen, mit denen du mich erpressen kannst.«
    »Genau das habe ich vor.«
    »Und ich dachte, ich wäre das eine Scheusal losgeworden.«
    »Also, sag schon, womit kann ich dich erpressen, sodass du alles tust, was ich will?«
    Sie rückte zur mir heran, sah mir in die Augen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
    »Sag, was willst du von mir?« Sie streckte einen Finger nach meiner Nase aus.
    »Nein, das wäre die falsche Taktik. Du könntest deinen Preis höherschrauben. Ich brauche zuerst ein Druckmittel. Nur so viel: Ich habe vor, vollkommenes Neuland zu betreten. Unsicheren Boden. Ich möchte, dass du mitkommst. Dummerweise begebe ich mich dadurch vollkommen in deine Hand. Es besteht die Gefahr, dass du mich irgendwann zurücklässt oder sich blühende Landschaften in eine Wüste verwandeln.«
    »Glaubst du, das würde ich tun?«
    »Nun, ein falsches Wort von mir könnte genügen.«
    »Oder ein hübscher Beduine, der gerade vorbeikommt ...«
    »Genau das befürchte ich. Den Beduinen würde ich allerdings töten.«
    »Du willst also, dass ich dich in einer solchen Situation nicht

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