Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman
es mir?«, fragte ich.
»Unsere Nachforschungen sind so angelegt, dabei selbst keine Spuren zu hinterlassen. Wir haben alle Aufzeichnungen gelöscht und Fotos vernichtet. Dies geschieht zu unserer Sicherheit. Es wird nicht nachweisbar sein, dass wir von Ihnen einen Auftrag entgegengenommen haben. Ich werde abstreiten, Sie je gesehen zu haben.«
»Und in acht Sekunden sprengt sich dieser Wagen in die Luft.«
Sie lachte.
»Wer ist Scotland?«
»Eine Archäologin.«
»Aber Sie sind ziemlich sicher, dass es meine Scotland ist?«
»Ich möchte im Augenblick kein Urteil abgeben. Unsere Nachforschungen haben einen hohen Geldbedarf dieser Person ausgemacht. Sie lebt auf großem Fuß.«
Sie bog in eine Straße ein, die von einem Bauzaun gesäumt war. Ich kannte die Ecke. Eine der größeren Baustellen der Stadt. Zwei Bürohäuser sollten entstehen. In der Zeitung hatte ich einen Bericht gelesen. Vor ein paar Tagen war man beim Ausschachten auf alte Gräber gestoßen. Schmuck und Geräte waren gefunden worden. Einige der Stücke wurden bereits gestohlen.
Klara fuhr auf die Einfahrt der Baustelle zu. Ein Wachmann stand an einer Schranke. »Ich hoffe«, sagte sie, »ich habe genug Autorität.«
»Da habe ich keinen Zweifel.«
»Der Wagen macht es.«
Sie rollte auf die Sperre zu, ließ die Seitenscheibe herab. »Der Bauherr.« Sie zeigte mit dem Daumen nach hinten. Die Absperrung wurde geöffnet.
»Ich verriegele jetzt die Türen.«
»Was soll das?«
»Wenn sie es ist, möchte ich Sie vor unbedachten Handlungen bewahren.«
»Machen Sie sich keine Sorgen, ich habe längst eine Neue.«
Sie lachte. »Sie meinen, eine neue Frau?«
»Ja.«
»Sind Sie sicher?«
»Beobachten Sie auch mich?«
Sie hielt an und streckte den Arm aus, zeigte auf eine Gruppe von Menschen in der Baugrube. Ich erhob mich aus dem Sitz. Es war niemand mit roten Haaren dabei. Klara reichte mir ein Fernglas. »Die Frau im grauen Kittel.«
Ich kam mit der Nase gegen das Glas. Ein Fettfleck, der mir alles unscharf zeigte. Ich polierte das Glas. Es dauerte eine Weile, bis ich eine Einstellung fand, die mir alle Personen scharf zeigte. Die Frau im grauen Kittel hatte blonde Haare, fast weißblond. Es war Scotty.
»Die gestohlenen Fundstücke sind bereits außer Landes oder verkauft«, sagte Klara. »Frau Doktor Marie Scotland Jacobsen war sehr schnell damit.« Sie hatte sich umgedreht, mich genau beobachtet. »Ein Zufall, dass wir sie gerade in Ihrem Auftrag observierten und so den Handel mitbekamen.«
»Sie ist eine Diebin?«
Ich nahm das Fernglas herunter und sah den Triumph in ihren Augen.
»Was werden Sie tun?«, fragte ich.
»Was werden Sie tun?«, gab sie zurück.
Ich hatte den Hauch einer Idee. »Es gibt ein paar gute Gründe, nichts zu tun. Für Sie und für mich. Nicht wahr?«
Sie nickte. »Ich kenne Sie nicht. Ich kenne die Frau nicht. Ich war nie hier. Wovon sprechen Sie überhaupt?«
3
An einem Abend kam einmal ein junges Mädchen aus der Redaktion vorbei, für die mein Vater arbeitete. Es trug eine kurze braune Hose, aus der dicke Oberschenkel quollen. Aber das Besondere an ihr war ihr langes weißblondes Haar. Es war hinten zusammengebunden und lag auf ihrem herausragenden Hintern, klebte elektrisch aufgeladen daran fest.
Das Mädchen brachte Fotos. Mein Vater sollte noch etwas dazu schreiben. Meine Mutter bat sie herein, setzte sie an den Küchentisch und stellte ein Glas Milch vor ihr ab. Das Mädchen sah das Glas wie etwas an, vor dem es sich ekelte.
»Ich bin schon zwanzig«, sagte sie. Ihre Schenkel wurden auf dem Küchenstuhl noch breiter.
Martin war schon im Bett, und ich beobachtete von der Tür aus, wie meine Mutter sich vor sie stellte und sie nur anstarrte.
»Wo ist Ihr Mann? Ich muss ihm diese Fotos geben«, sagte das Mädchen.
»Er ist dort, wo Sie herkommen«, sagte meine Mutter.
Die junge Frau sprang auf. Ihr Gesicht war rot. Ihre Schenkel auch. Ich roch ihren Achselschweiß.
»Müssten Sie jetzt nicht sagen: ›Dann war ich wohl schneller hier als er?‹«, sagte meine Mutter.
»Ja. Dann war ich wohl ...«, begann das Mädchen, doch sie vollendete ihren Satz nicht, sondern marschierte mit rotem Kopf in die Richtung, die der Zeigefinger meiner Mutter wies. Nach draußen.
In der Nacht weckte mich meine Mutter, Martin stand schon mit seinen Krücken im Flur.
»Wir müssen wegfahren«, sagte sie. Sie schob uns nach unten. Im Vorbeigehen sah ich in das Schlafzimmer meiner Eltern. Mein Vater war nicht
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