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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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sagen hieße, die eigene Hilflosigkeit einzugestehen.
    »Vermutlich ist er mit einer silbernen Klinge auf sie losgegangen?«, presste der Herzog hervor. »Mit einer solchen, wie sie da bei Ihnen an der Wand hängt?«
    Unwillkürlich hob Klawdi den Kopf. Richtig, rechts von der Tür hing an einem Nagel der silberne Ritualdolch, mit dem die Hexe aus Odnyza den Faden der eigenen Bosheiten gekappt hatte. Im Stadion, während des Konzerts, bei dem sie beinahe ein unfassbares Blutbad angerichtet hätte. »Oder auf den Tribünen werden sich die Toten stapeln.«
    »Das glaube ich nicht«, antwortete Klawdi leise. »Es dürfte ihm wohl eher gelungen sein, ihre Nervenzentren aufzuspüren. Und einen zielgenauen Schlag zu landen. Mit Hilfe des archaischen Verstärkerfluchs beispielsweise.«
    »Zielgenau«, meinte der Herzog nachdenklich.
    »Wie bitte?«
    »Ein zielgenauer Schlag. Dieser Verstärkerfluch ist ja schön und gut. Aber seit jener Zeit sind vierhundert Jahre vergangen.«
    Eine Unruhe durchzog Klawdi. Die Angst, die in der Seele des Herzogs nistete, hatte nicht abgenommen, ließ sich jetzt jedoch klarer definieren. Und der Herzog schämte sich ihrer nicht. Er blickte an Klawdi vorbei, starrte auf das Geständniszeichen.
    »Ich bin nicht panisch, Starsh. Sie sollten meine Worte nicht für das Gejammer eines Kerls nehmen, der in Panik gerät. Wie Sie wissen, bin ich auch der Oberbefehlshaber … Einer modernen Armee stehen wirksamere Mittel zur Verfügung als ein Ritualdolch. Deshalb händige ich Ihnen … Er sieht wie ein Telefonhörer aus. Den Zugang erhalten Sie über Ihren Fingerabdruck in Kombination mit dem Code. Danach müssen Sie nur noch die Koordinaten eingeben. Und die Zeit. Finden Sie Ihre Mutterhexe, und zwar so schnell wie möglich, bevor unsere verzweifelten Nachbarn anfangen, uns mit Bomben zu überziehen. Sehen Sie zu, sich selbst möglichst fern der Schusslinie zu halten. Es wäre schön, wenn es an einem unbewohnten Fleckchen geschähe … das versteht sich von selbst.«
    »Ich verstehe gar nichts«, bekannte Klawdi zögernd.
    »Sie verstehen sehr wohl«, widersprach der Herzog mit gequältem Lächeln. »Womöglich kommt das für Sie einer Beleidigung gleich, aber die Inquisition ist in unserer Welt eben nicht die stärkste Kraft, Klaw. Gegenwärtig haben wir nichts Besseres an der Hand als Raketen mit netten kleinen Sprengköpfen. Geben Sie die Koordinaten durch. Dann wird es zu der von Ihnen festgesetzten Zeit eine zielgenaue Atomexplosion geben. Im äußersten Notfall natürlich nur, das versteht sich, wie gesagt, von selbst. Versuchen Sie es vorher ruhig mit Ihren Dolchen und Verstärkerflüchen.«
    Klawdi sagte kein Wort.
    »Vielleicht kommt es Ihnen merkwürdig vor«, vermutete der Herzog mit zuckender Wange, »dass ich Ihnen derart vertraue?«
    Aus irgendeinem Grund fiel Klawdi Helena Torka ein. Das brennende Theater, und dann ihre Worte: »Klawdi, Sie sind ein guter Mensch.«
    »Eure Durchlaucht können versichert sein, dass ich Ihr Vertrauen rechtfertigen werde«, sagte er tonlos. »Genau wie wir wohl auf derart drastische Maßnahmen werden verzichten können. Ich nehme … Ihr Angebot an, jedoch nicht, um davon auch Gebrauch zu machen.«
    Nach einer kurzen Irritation nickte der Herzog unsicher.
    Offenbar löste sich der dunkle Klumpen der Angst, die ihn zu diesem Gespräch veranlasst hatte, erst jetzt auf.
     
    »Liefern Sie mich am Ende also doch aus?«
    »Ywha, du kommst weder ins Gefängnis noch unter Arrest. Nicht eine einzige Wyshnaer Hexe genießt momentan das Recht der Freiheit! Versteh mich doch!«
    Obwohl sie kein Wort sagte, sprach ihr Blick Bände.
    Klawdi hätte viel dafür gegeben, hätte er ihnen beiden diese Szene ersparen können, doch er durfte das Ganze nicht weiter hinauszögern. Wenn er wollte, dass man seine Befehle ernst nahm, musste er selbst mit gutem – wenn auch vielleicht nicht gerade mit mustergültigem – Beispiel vorangehen. Darüber hinaus hatte der Besuch des Herzogs einmal mehr die Gültigkeit einer alten Regel unter Beweis gestellt: Wenn du nicht willst, dass dir die Dienerschaft in den eigenen vier Wänden nachspioniert, tritt dir die Schuhe vor der Tür ab.
    Ywha konnte nicht länger in seiner inoffiziellen Wohnung leben, aber er wollte sie auch nicht ins Gefängnis stecken, weshalb er der Ordnung halber einen Aufenthaltsraum der Wärter im Zellentrakt beschlagnahmt hatte. Die Wärter hatten das zwar nicht gerade mit Freude aufgenommen, doch der Raum

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