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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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mich verstanden, Inquisitor?«
    Das Lied brach ab.
    Auf dem höchsten Ton und so abrupt, als sei es abgeschossen worden. Im Stadion toste der Applaus los. In diesem Augenblick stürzte Klawdi auf die Hexe zu.
    Ihre Lippen verzogen sich in schrecklicher Weise. Sie schlug mit einem Strahl ihrer Angst, ihrer panischen, Ekel erregenden Angst, auf Starshs Gesicht ein. Er schaffte es gerade noch, die Hände schützend hochzureißen, als sich die Augen der Hexe zu den vertikalen Schlitzen einer Katze formten. »Zu…rück!«
    Wieder traf ihn eine Woge der Angst wie der Schlag einer Peitsche. Allerdings erschlaffte die Peitsche nun ein wenig und war bereit, sich der Hand zu entwinden.
    »Zurück … Inquisitor …« In ihrer Hand blitzte trüb Metall auf. Silbern. Eine geschwungene Silberklinge.
    Dann folgte ein Stöhnen. Die Hexe taumelte auf eine graziöse, in gewisser Weise schöne Art zurück, krümmte sich in der Mitte zusammen und fiel zu Boden.
    Ihr Ärmel schlug aufs Parkett auf, mehr war nicht zu hören.
    Die andere winselte leise. Über ihnen wummerte auf der Bühne die Musik, und mehrere schwache Mädchenstimmen näselten rhythmisch los.
    Klawdi hielt die Leute, die durch die Tür drängen wollten, mit einer Geste auf. Er trat an die gestürzte Hexe heran und fuhr mit der Hand durch die Luft über ihr, als wolle er sie streicheln, traue sich jedoch nicht. Seine Hand spürte auch nichts – als ob da auf dem Parkett niemand läge.
    Klawdi packte die Hexe bei der Schulter und drehte sie unter Aufbietung aller Kraft auf den Rücken.
    Das Blut der Hexe war schwarz wie Pech. Erst jetzt fiel Klawdi auf, dass sie den blauen Kittel einer Maskenbildnerin trug. Zwischen den beiden Brusttaschen lugte kokett der Griff eines silbernen Ritualdolchs heraus, der ihr einen schnellen und sicheren Tod beschert hatte. Eine würdige Alternative für jede Hexe. Ein ruhmreicher Abgang.
    »Was … geht hier … Meine Herren, Sie …«
    Klawdi wandte sich um. Mit dem Ellbogen stieß er den schweißgebadeten, verängstigten Star zurück, der völlig aufgelöst vor dem Eingang der eigenen Garderobe herumwieselte. Was hatte die Hexe gesagt? Die Toten würden sich auf den Tribünen stapeln?
    Und was hatte die Bannerhexe prophezeit? »Im Kreis Odnyza, ja, ja, ja.«
    Was hatte sie noch vorhergesagt?
    Vor der Tür, eine verängstigte Traube von Stadionmanagern und Bühnenpersonal im Rücken, hatte sich der Kurator Mawyn aufgebaut, in dessen Augen es kalt und gierig loderte.
     
    (Djunka. April)
    »Wohin soll ich euch bringen, Kinder?«
    Zwei Tramper, ein Junge von etwa sechzehn Jahren und ein Mädchen, das in einen langen schwarzen Mantel gehüllt war, dessen hochgestellter Kragen ihr Gesicht bis zu den Augen verbarg.
    »Mir-Passage? Oh, oh, um diese Zeit gibt es da jede Menge Staus …«
    »Wir haben es nicht eilig.«
    Gemütlich fraß das Auto die Kilometer. Mit dem Rücken gegen den Ledersitz gepresst saß Klaw da, Djunkas kalte Finger fest in seiner Hand haltend.
    Jetzt würde alles anders werden. Er würde verhindern, dass sie weiter gejagt würde, er würde niemanden an sie heranlassen. In Wyshna wimmelte es von Menschen, das war kein ödes Sportzentrum. Da sollten die Tschugeister mal versuchen, zwischen einer Million Spuren diejenigen Djunkas aufzunehmen.
    Er hatte eine Wohnung im Stadtzentrum gemietet. Dafür hatte er sein Sparbuch geplündert, das er vor drei Jahren angelegt hatte, um sich den Traum von einem Sportwagen zu erfüllen. Einen winzigen Käfig im vierzehnten Stock eines engen Bienenstocks hatte er bekommen, in dem sogar die Nachbarn einander nur flüchtig und zufällig kannten. Jetzt würden Djunka und er einen richtigen, ruhigen Alltag genießen. Als ob das nie passiert wäre.
    Angst ließ ihn jäh zusammenfahren, und er drückte ihre Hand fester. Er fürchtete um Djunka, aber, was noch schlimmer war, er fürchtete sich auch vor ihr. Sosehr sich sein Gehirn auch anstrengte, er konnte diesen Widerspruch nicht überwinden: Djunka war gestorben. Djunka war zurückgekehrt. Sie lag im Grab, sie war tot – und sie saß hier neben ihm.
    Mit aller Entschlossenheit nahm er sich vor, nie mehr daran zu denken. Man sollte ohnehin nicht allzu intensiv über das Leben nachdenken, denn das nahm einem die Lust daran. Zukünftiges Unheil ließ sich nicht vorhersagen, Probleme konnte man nicht vorab lösen.
    Auf Djunkas Sitz entstand ein feuchter Fleck. Der Badeanzug nässte durch den dünnen Mantel.
    »Frierst du nicht?«
    Eine

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