Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
gesagt?»
    «Nein, aber Britta ist – war kein Mensch, der über ihre Probleme plauderte. Der Brief war ziemlich kurz. Sie bat mich einfach nur, so schnell wie möglich nach Wien zu kommen. Na ja. Bevor ich abgefahren bin, habe ich von Garmisch aus nochmal angerufen. Aber da hat sich niemand gemeldet. Also bin ich einfach hergekommen.»
    Ich begann, auf dem Parkettboden umherzuwandern, als wäre ich ganz von meinem Schmerz vereinnahmt. Was ich ja irgendwie auch war. Ich hatte Vera Messmanns Leichnam nur zu plastisch vor Augen. Da waren ein paar hübsche Teppiche, elegante Sessel und Tische. Einiges an Nymphenburger Porzellan. Eine Vase mit Blumen, die aussahen, als wären sie ungefähr so lange tot wie die Frau im Bad. Jede Menge gerahmte Fotos auf einem Schränkchen. Ich sah sie mir genauer an. Viele zeigten die Frau im Bad. Auf einem heiratete sie gerade jemanden, dessen Gesicht mir bekannt war. Friedrich Warzok. Ich schüttelte fassungslos den Kopf, aber aus einem anderen Grund, als sie vermuteten. Ich war fassungslos, weil mir alles, was mir widerfahren war, seit eine Frau, die sich Britta Warzok nannte, mein Büro betreten hatte, plötzlich sehr suspekt erschien.
    «Wer sollte denn so was tun?», fragte ich die beiden Polizisten. «Außer …»
    «Ja?»
    «Es ist kein Geheimnis, dass Friedrich, ihr Mann, ein gesuchter Kriegsverbrecher ist», sagte ich. «Und man hört ja so manches. Von jüdischen Rachekommandos. Vielleicht war ja jemand von denen hier, auf der Suche nach ihrem Mann, und hat stattdessen sie umgebracht.»
    Der Polizist mit dem Hütchen schüttelte den Kopf. «Hübsche Theorie», sagte er. «Aber wir glauben zu wissen, wer sie umgebracht hat.»
    «Schon? Das ist ja wirklich erstaunlich.»
    «Hat sie Ihnen gegenüber je einen gewissen Bernhard Gunther erwähnt?»
    Ich versuchte, meine Überraschung zu verbergen und nachdenklich dreinzuschauen. «Gunther, Gunther», sagte ich, als durchforstete ich die hintersten Winkel meines Gedächtnisses. Wenn ich etwas aus ihnen herauskriegen wollte, musste ich ihnen zuerst etwas liefern.
    «Doch, ja, ich glaube, den Namen habe ich schon mal gehört. Aber nicht in Zusammenhang mit Britta Warzok. Vor ein paar Monaten tauchte ein Mann namens Gunther bei mir in Garmisch auf. Er sagte, er sei Privatdetektiv und auf der Suche nach einem Zeugen, der vielleicht bei einem Gnadengesuch für einen anderen ehemaligen SS-Mann, den ich kenne, von Nutzen sein könnte. Einen gewissen von Starnberg. Der sitzt derzeit als Kriegsverbrecher in Landsberg. Wie sieht Ihr Bernhard Gunther denn aus?»
    «Das wissen wir nicht», gestand der mit der Narbe. «Aber nach dem, was Sie gerade gesagt haben, war das der Mann, den wir suchen. Ein Privatdetektiv aus München.»
    «Können Sie uns sonst noch irgendwas über ihn sagen?», fragte der andere.
    «Ja, aber hören Sie, dürfte ich mich vielleicht setzen? Es war doch ein ganz schöner Schock.»
    «Bitte.»
    Sie folgten mir zu einem großen Ledersofa, wo ich mich niederließ. Ich nahm meine Pfeife heraus und begann, sie zu stopfen, zögerte dann. «Stört es Sie, wenn ich rauche?»
    «Nur zu», sagte Hütchen. «Das hilft gegen den Geruch.»
    «Er war nicht besonders groß», sagte ich. «Gut gekleidet. Ein bisschen schnöselig, wenn Sie mich fragen. Braunes Haar. Braune Augen. Nicht aus München, würde ich sagen. Irgendwo anders her. Hamburg vielleicht. Oder Berlin.»
    «Er ist aus Berlin», sagte das Narbengesicht. «War dort mal Polizist.»
    «Polizist? Ja, doch, so kam er mir auch vor. Sie wissen schon. Ziemlich von sich eingenommen. Ein bisschen wichtigtuerisch.» Ich zögerte. «Geht nicht gegen Sie, meine Herren. Ich meine, er war ausgesprochen korrekt. Ich muss sagen, er schien mir überhaupt nicht der Typ, der irgendjemanden ermordet, wenn ich das mal so sagen darf. In meiner langjährigen Praxis als Arzt bin ich ja einigen psychopathischen Persönlichkeiten begegnet, aber Ihr Herr Gunther gehörte nicht dazu.» Ich lehnte mich zurück und zog an meiner Pfeife. «Wie kommen Sie darauf, dass er sie umgebracht hat?»
    «Wir haben seine Visitenkarte auf dem Kaminsims gefunden», sagte Hütchen. «Es war Blut dran. Und wir haben außerdem noch ein blutiges Taschentuch gefunden, mit Initialen. Seinen Initialen.»
    Zuletzt hatte ich mein Taschentuch gesehen, als ich meinen blutenden Fingerstumpf umwickeln musste. «Aber, meine Herren, sie wurde doch stranguliert», sagte ich vorsichtig. «Was sollte da irgendwelches Blut

Weitere Kostenlose Bücher