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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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delegiert Zuständigkeiten bloß.«
    »Und wer kontrolliert ihn dann?«
    »Gott.«
    »Ach du meine Güte«, entfuhr es Kaun. Er sah aus dem Fenster des Wagens. Der Verkehr war ebenso chaotisch wie in Israel, aber der Himmel war verhangen, das Licht gedeckt etwa so wie in New York an schönen Tagen.»Sozusagen ein Vorstandsvorsitzender ohne Aufsichtsrat. Und ohne Aktionäre. Oder ein Alleininhaber. Beneidenswert. Okay — was hat dieser Knabe für eine Position?«
    »Er ist Sekretär der Präfektur der wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls.«
    »Und was hat man sich darunter vorzustellen?«
    »Das ist eine Art oberster Rechnungshof, den Papst Paul VI. im Jahre 1967 eingerichtet hat. Diese Behörde prüft alle Konten, alle Bilanzen, alle Geldbewegungen auf Rechtmäßigkeit. Geleitet wird sie von einem Kardinal, der wiederum von einem Gremium aus fünf weiteren Kardinalen kontrolliert wird. Ansonsten gibt es acht Mitarbeiter und zwölf Berater, allesamt Finanzfachleute, und eben den Sekretär, der immer ein Prälat ist.«
    Kaun nickte nachdenklich. Natürlich hatte er nicht erwarten können, daß eine Institution wie die katholische Kirche für den Vorstandsvorsitzenden eines unbedeutenden Nachrichtensenders Kopfstände machte. Nicht, solange er die Katze noch nicht aus dem Sack gelassen hatte. Nicht, solange er ihnen nicht klargemacht hatte, daß er, John Kaun, möglicherweise das künftige Schicksal dieser Kirche in Händen hielt.
    Sie erreichten den Vatikan. Riesige, beeindruckend alt aussehende Mauern ragten vor ihnen auf und versuchten, ihnen das Gefühl absoluter Bedeutungslosigkeit zu geben. Ein Wachposten der Schweizergarde in einer völlig lächerlichen Uniform prüfte ihre Pässe, konsultierte eine Liste, telefonierte und gab schließlich den Weg frei ins Innere des Kirchenstaates. Ein Mann in einer schwarzen Robe kam ihnen entgegen, bedeutete ihnen, ihm zu folgen, und führte sie durch lange Gänge, in denen ungeheure Ölgemälde hingen, Treppen hinauf und Treppen hinab, quer durch den Garten, durch Säulengänge und an uralten Springbrunnen vorbei, und mit jedem Schritt wuchs in Kaun die Ahnung, mit welch einem gewaltigen Gegner er es hier aufgenommen hatte. Das war kein maroder Verlag, der von den Söhnen des Gründers in den Ruin gesteuert worden und für wenig Geld zu haben war; keine Kartoffelchipsfabrik, die man mit geschickten Finanzmanövern einsacken konnte — dies war eine Organisation, die allein durch die schiere Dauer ihrer Existenz mächtig war. Geschäfte mit der katholischen Kirche: das war, als wolle man den Himalaya kaufen.
    Gleichzeitig wuchs die Achtung vor Basso. Dieser Mann mußte tatsächlich allerhand Beziehungen haben, und er mußte sie alle bestens genutzt haben, um dieses Gespräch so überstürzt möglich zu machen. Ein guter Mann. Wirklich wertvoll.
    Kaun spürte, wie sich die Anspannung in seiner Magengrube senkte und fest zu werden, sich in puren Stahl zu verwandeln schien. Er kannte dieses Gefühl. Das war Kampfbereitschaft.
    Das Büro von Prälat Guiseppe Genaro war überraschend klein. Die Möbel schienen allesamt aus dem Mittelalter zu stammen, wuchtige dunkle Tische, Schränke und Stühle, und allein der Teppich mußte Unsummen wert sein.
    »Ich höre«, sagte der Geistliche ungnädig und in sehr italienischem Englisch, nachdem sie Platz genommen hatten.
    Dabei blickte er sie aus dunklen kleinen Schildkrötenaugen an und mahlte unentwegt mit dem Unterkiefer.
    Kaun beugte sich leicht vor, faßte sein Gegenüber ins Auge eine Gestik, die sich an unzähligen Konferenztischen überall in der Welt bewährt hatte — und begann:»Sir, mein Name ist John Kaun, und ich bin Vorstandsvorsitzender der Kaun Enterprises. Mein Unternehmen verfügt über…«
    Der dürre alte Mann winkte ungeduldig ab.»Ja, ja, das weiß ich alles. Was wollen Sie?«
    Der Prälat schien in einem bestürzenden Maß unbeeindruckt zu sein von der Bedeutung seines Besuchers. Kaun atmete einmal tief durch. Vor allem war eines klar: Dieser häßliche Gnom mit der schmalrandigen Heinrich-HimmlerBrille und dem schütteren Haar war ein Hindernis, kein Gesprächspartner. Es galt, ihn zu überwinden, nicht, ihn zu überzeugen.
    »Mein Unternehmen finanziert eine bedeutende Ausgrabung in Israel. Im Zuge dieser Ausgrabungen sind wir auf die Spur eines Artefakts aus der Zeit Jesu gestoßen, das von entscheidender Bedeutung für die katholische Kirche sein dürfte«, erklärte Kaun und fügte dann aus

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