Das Jesus Video
Technikers erregte. Er legte den Schmöker beiseite, in dem er gelesen hatte, stand gemächlich auf und schaltete das Tonbandgerät ab. Er nahm die volle Spule ab und legte sie in die zugehörige Plastikschachtel, setzte die leere Spule auf die andere Achse und nahm dann ein unbenutztes Band, von dem er die Schutzhülle entfernte. Er beschriftete sorgfältig das Etikett mit der Nummer der Aufnahmeeinheit, dem Datum und der Uhrzeit, ehe er die Spule einsetzte und das Band einfädelte. Und die ganze Zeit klang Eisenhardts Stimme aus dem kleinen, eingebauten Lautsprecher.
»… daß hier irgendein ganz großer Schwindel inszeniert wird. Dieser Professor, der die Ausgrabung leitet, ist nicht mehr der Jüngste. Vielleicht ist es das letzte derartige Unternehmen in seinem Leben. Und ich habe erfahren, daß er, obwohl er seit Ende der sechziger Jahre in Israel gräbt, noch keine nennenswerte wissenschaftliche Leistung vorzuweisen hat. Das hier ist also so etwas wie seine letzte große Chance.«
»Und du denkst, er hat einen Fund gefälscht.«
»Ich weiß es nicht. Irgendwas ist faul hier, und das macht mir Sorgen.«
Lydia seufzte.»Paß bloß auf dich auf, ja?«
»Ja. Ich bemüh’ mich.«
Das Band begann in dem Augenblick wieder zu laufen, als Eisenhardt das Gespräch mit seiner Frau beendete, und blieb gleich darauf wieder stehen. Der Techniker schlenderte zurück zu seinem Stuhl und griff wieder nach seinem Buch.
Von dem Gespräch, das er mitgehört hatte, hatte er kein Wort verstanden. Er sprach nur Englisch, kein Deutsch.
Ryan schaltete die Scheinwerfer und den Motor aus und ließ den Wagen die letzten Meter rollen, bis er zum Stillstand kam. Dann blieb er erst einmal sitzen.
Der Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag verlassen. Verlassen bis auf den kleinen Fiat, der halb unter einem Busch geparkt stand. Der Leuchtpunkt auf dem Peilgerät zeigte genau in seine Richtung.
Alles blieb still. Kaum Verkehr. Ryan wartete, bis kein Auto zu sehen war, stieg dann rasch aus und überquerte die Straße.
Dort blieb er stehen und versuchte wie ein harmloser Passant auszusehen, während er sich witternd umsah. Die Luft roch nach Abgasen, Staub, Abwasserkanälen und fernen, betörenden Blüten. Das Auto stand still und dunkel.
Irgendwas stimmte hier nicht.
Ryan hatte schon Autos beobachtet, auf deren Rücksitzen es Paare miteinander getrieben hatten. So etwas ging nicht ohne erhebliche Beteiligung der Stoßdämpfer vor sich. Man hörte das.
Ryan ging auf das Auto zu, nicht zu zögernd, nicht zu schnell, einfach gemessenen Schrittes. Es war, wie er es vermutet hatte. Die Rückbank war leer, und auch auf den Vordersitzen saß kein händchenhaltendes Pärchen. Das Auto stand verlassen.
»Verdammt«, murmelte Ryan.
Er sah sich um. Das hier war, wenn er seinem Stadtplan glauben wollte, das Regierungsviertel. Er konnte das langgestreckte Gebäude des Finanzministeriums sehen, ein Stück des Innenministeriums und das Dach der Knesset, des israelischen Parlaments. Was, um alles in der Welt, wollte ein junges Paar um diese Zeit an diesem Ort?
Das machte alles immer noch keinen Sinn.
Aber hier herumzustehen machte auch keinen Sinn. Ryan ging zurück zu seinem Wagen, setzte sich hinter das Steuer, rückte den Sitz zurecht und wartete. Er verstand sich darauf zu warten. Er war ein Experte darin.
Yehoshuah war sichtlich schlechter Laune, während er sie durch die Stadt kutschierte. Zudem schienen sich alle Ampeln verabredet zu haben, kurz vor ihnen auf Rot zu schalten. Judith saß auf dem Rücksitz und amüsierte sich.
Stephen seufzte irgendwann.»Es war eine Vermutung, weiter nichts — okay? Ich wollte nichts riskieren. Dieser Ryan ist den halben Nachmittag zwischen den Autos herumgeschlichen. Gestern abend hat jemand eure Mutter angerufen, der nur Englisch sprach, kein Hebräisch. Ich meine, da kann man sich doch mal fragen, ob man nicht überwacht wird, oder?«
»Na klar«, knurrte Yehoshuah.
»Und wenn er einen Peilsender an meinem Auto angebracht hat, dann bestimmt so, daß man ihn nicht auf Anhieb findet. Schon gar nicht bei Dunkelheit.«
»Sicher doch. Entschuldige — wenn ich gewußt hätte, wer du in Wirklichkeit bist, hätte ich einen Wodka Martini kaltgestellt. Geschüttelt, nicht gerührt.«
Er hatte Basso beruhigen müssen. Der Mann war wirklich am Ende seiner Kraft gewesen, und es war beileibe nicht seine Schuld gewesen, daß die Sache danebengegangen war. Er hatte ihn beruhigt, hatte ihn
Weitere Kostenlose Bücher