Das Jesus Video
Daran hatte er überhaupt nicht mehr gedacht. Nur, weil sie gestern abend nichts von einem Verfolger bemerkt hatten, hatte er seinen Verdacht leichtfertig aufgegeben. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, das Mietauto gegen ein anderes, sicheres umzutauschen.
Ausgetrickst worden zu sein ärgerte ihn im ersten Moment mehr als der Überfall an sich. Nicht gerade besonders vernünftig, dachte er.
»Guten Abend, Mister Foxx«, höhnte Ryan kalt und ging an den Tischen entlang zu den im Hintergrund des Restaurationslabors aufgebauten Kamerastativen und Halogenscheinwerfern.»Lassen Sie mich zuerst die Videokameras einschalten, damit die zweifellos interessante Erklärung für Ihr Hiersein der Nachwelt erhalten bleibt. Eliav, mach die Lampen vorne an.«
Einer der Männer senkte die Waffe und begann, ungeschickt an den Zuleitungen der auf hohen Stativen angebrachten Leuchten zu fummeln. Als die erste der Lampen taghell aufflammte, mußten sie alle unwillkürlich die Augen schließen, die seit Stunden auf Nacht und düsteres Neonlicht adaptiert gewesen waren.
Judith hatte mit wachsendem Ingrimm verfolgt, wie die Hand des Mannes, der sie überrumpelt und in den Würgegriff genommen hatte und ihr nun seinen nach Zigaretten und schlechten Zähnen stinkenden Atem in den Nacken blies, von ihrer ursprünglichen Position über der Schultet tiefer geglitten war. Mittlerweile ruhte sie auf dem Ansätze ihrer rechten Brust, und die Finger tasteten unverkennbar nach ihrer Brustwarze.
Als er nun auch noch sein Becken gegen ihren Hintern preßte und sie sein Glied hart werden spürte, sah sie rot. Ohne jeden weiteren Gedanken an seine schußbereite Waffe, an die Situation, in der sie sich befanden oder an die Gefahren, die ihr oder anderen drohen mochten, brach sich eine inbrünstige Wut ohne jede Hemmung Bahn, und die wüten-de Energie folgte dabei Pfaden, die während der Jiu-Jitsu-Kurse ihrer Militärzeit wieder und wieder eintrainiert und schließlich zu Reflexen geworden waren: Sie packte den Arm des Mannes und schleuderte ihn dann mit einem gellenden Kampfschrei in einer gewaltigen, schwungvollen Bewegung über ihre Schulter, als wöge er nichts.
Der völlig verdutzte Sicherheitsmann, der mit nichts weniger gerechnet hatte als damit, daß ausgerechnet diese zierliche Frau sich wehren würde, flog hilflos durch die Luft, schlug so hart auf der Seitenkante des vordersten Tisches auf, daß er sich mehrere Rippen brach, die ihn für mehrere Wochen ans Krankenbett fesseln sollten, und traf dabei seinen Kollegen, der gerade die zweite Lampe eingeschaltet hatte, mit Wucht ins Kreuz.
Der Mann, den Ryan Eliav genannt hatte, knickte sofort in den Knien zusammen, fiel nach vorn und riß dabei das Lampenstativ mit sich. Stephen und Yehoshuah sprangen reflexartig beiseite, als die sonnenhelle, heiße Lampe zwischen ihnen hindurch mitten in das Chemikalienregal donnerte und große und kleine Flaschen zerbrach oder hinabfegte. Eine der größeren Säureflaschen zerbrach im Herabfallen und ergoß ihren Inhalt in einem großen, zerstörerischen Schwall mitten in die beiden Schalen, die den Brief des Zeitreisenden enthielten, und schwemmte die beiden Bögen in Sekundenbruchteilen rettungslos zu einem formlosen grauen Brei zusammen.
Im nächsten Augenblick fing alles Feuer, entflammt von der Hitze des Halogenscheinwerfers. Schneller als das Auge ihnen folgen konnte, rasten die Flammen die Bahnen der verschütteten und verspritzten Flüssigkeiten entlang, von denen wohl die meisten leicht brennbar gewesen waren.
»Hände hoch!«gellte Judiths Schrei durch das Inferno. Sie hielt die Pistole im Anschlag, die ihr Angreifer verloren hatte, schwenkte sie blitzschnell und beeindruckend professionell aussehend in die Runde.»Und Waffen runter!«
Der Feueralarm ging los. Das Klingeln war ohrenbetäubend, und es schien das gesamte Gebäude zu erfüllen.
Ryan drehte sich zu einem der Feuerlöscher um, die an der Wand hingen.
»Stehenbleiben!«schrie Judith.»Keiner bewegt sich!«
»Bist du wahnsinnig?«erwiderte Ryan und wies auf die hell auflodernden Flammen.»Es brennt!«
»Hände hoch und stehenbleiben, oder ich knall’ Sie ab!«kreischte Judith wild und sah rasch zu Stephen und ihrem Bruder hinüber, die sich vor dem Feuer in Sicherheit gebracht hatten, aber immer noch nicht so recht kapierten, was hier vor sich ging.»Was ist los? Kommt schon!«rief sie ihnen zu.
Ryan hatte inzwischen beschlossen, sich nicht mehr um Judith zu kümmern. Das
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