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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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an.»Natürlich müßten Sie für diese Zeit keine Miete bezahlen.«
    In diesem Augenblick entdeckte Stephen unter den Plakaten, die sauber gerahmt in den Fensterscheiben hingen, eines von Bet Shearim. Die Geschichte des Zeitreisenden fiel ihm wieder ein und daß sie vorgehabt hatten, die Nekropole zu besichtigen. Aber das war ja jetzt wohl überflüssig, da sie wußten, wo die Kamera lag.
    Was für ein verrücktes Abenteuer!
    »Hören Sie«, versuchte Stephen seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart zu lenken,»daß der Wagen nicht anspringt, ist nur eine zusätzliche Komplikation. Was ich eigentlich will, ist, ihn gegen ein anderes Fahrzeug auszutauschen. Und das gebe ich dann in Tel Aviv zurück, wenn es sein muß.«
    »Aus welchem Grund möchten Sie ein anderes Fahrzeug?«
    Weil dieses irgendwo einen winzigen Peilsender trägt, dachte Stephen und sagte:»Ich bin damit nicht so gut zurechtgekommen, wie ich dachte. Ich würde einfach gern ein anderes Modell probieren.«
    Sie seufzte, zögerte einen Moment und gestand dann:»Ich fürchte nur, das einzige Fahrzeug, das ich Ihnen im Augenblick anbieten kann, ist das da.«Sie deutete mit dem Kugelschreiber durch die Fensterfront auf einen gewaltigen Jeep Cherokee mit getönten Scheiben.»Der ist allerdings in einer höheren Mietstufe.«
    Stephen ließ den imposanten Anblick auf sich wirken. Das war natürlich ein Monster von einem Auto. Allenfalls mit einem Ferrari wäre er noch mehr aufgefallen. Andererseits war das vielleicht gar nicht so dumm. Ihre Verfolger würden sie nicht in einem derartigen Fahrzeug vermuten.
    »Was heißt das in Zahlen?«fragte er. Sie sagte es ihm, und er überschlug, was das in Dollar bedeutete. Allmählich begann die ganze Sache ziemlich ins Geld zu gehen. Wenn er am Schluß keinen Gewinn machte, würde er den Auftrag von Video World brauchen. Was immer eine schlechte Verhandlungsposition war.
    »In Ordnung«, nickte er trotzdem und legte seine Kreditkarte auf die Theke.
    Sie wandte sich ihrem Buchungscomputer zu, drückte ein paar Tasten und fragte dann:»Wo, sagten Sie, steht Ihr altes Fahrzeug? Am Rockefeller Museum?«
    »Ja. Auf dem Parkplatz beim Haupteingang.«Der Mechaniker, der das Auto abholte, würde sich ziemlich wundern, daß es tadellos ansprang. Aber so etwas kam eben vor bei diesen neumodischen Wagen mit elektronischer Einspritzung.
    Die Angestellte mit den üppigen Formen spähte auf den Durchschlag des bisherigen Mietvertrags und begann zu schreiben.
    Stephen war noch nie an der Klagemauer gewesen. Sie kauften unterwegs in einem Elektronik-Supermarkt ein neues Ladegerät für Stephens Mobiltelephon, das sich in den Zigarettenanzünder des Autos einstecken ließ, umrundeten dann die Altstadt, stellten den Wagen auf einem der dafür vorgesehenen Parkplätze ab und gingen den restlichen Weg zu Fuß. Als sie durch das sogenannte Misttor in der Altstadtmauer traten, ragte die südwestliche Ecke des Tempelbergs vor ihnen auf wie ein Gebirge aus Steinen. Das weitläufige Areal am Südende des Tempelbergs war für ständige archäologische Ausgrabungen abgesperrt, ein schmaler Weg zweigte ab und ging in einem Bogen hinauf zum Tempelberg — für Besucher des Felsendoms -, während der breite Hauptweg leicht abschüssig zum Platz vor der Westmauer führte, wie die Klagemauer offiziell genannt wurde.
    Auf den ersten Blick schien es Stephen schwer verständlich, daß dies ein Heiligtum sein sollte: Die Klagemauer war einfach eine hohe Wand aus monumentalen verwitterten Sandsteinquadern. Auf dem terassenartigen Platz davor hielt eine quer verlaufende Absperrung zunächst die Nichtjuden zurück, während eine längs verlaufende dahinter einen kleinen Bereich für die Frauen und einen großen für die Männer abtrennte. Ohne Publikum hätte das Areal wie eine Baugrube gewirkt, ausgehoben und zementiert, um demnächst eine Tiefgarage zu errichten.
    Sie blieben in einiger Entfernung stehen, und Stephen konnte die Anspannung spüren, die Yehoshuah und Judith beim Anblick der Mauer befallen hatte. Er fand es erstaunlich, wieviel Betrieb an einem normalen Montagvormittag herrschte. Soldaten standen im Gebet versunken an der Mauer, ihre Gewehre griffbereit umgehängt. Orthodoxe Juden, schwarz gekleidet, mit breitkrempigen Hüten und Schläfenlocken, preßten die Stirn gegen die Steine, streichelten und küßten sie. Daneben waren ein paar Stühle vor der Mauer aufgereiht, auf denen Kinder herumhampelten, von denen keines älter war als

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