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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Kloster auf einem Berg?
    »Ja«, nickte Stephen höflich.»Danke. Wir würden sehr gern einen Blick auf den Altar werfen.«
    Der Mönch sah sie an mit seinem irrlichternen Blick, dann nickte er und ließ sie stehen. Ließ sie stehen und ging hinüber zu seinen Glaubensbrüdern, die sich vor dem Beinhaus versammelt hatten wie eine aufgeschreckte Herde.
    »Wir hätten nicht herkommen dürfen«, meinte Stephen bedrückt.»Unsere bloße Anwesenheit stürzt sie ins Unglück. Kaun wird sich auf sie stürzen wie ein Geier.«Er spähte durch die kleine, gemauerte Brunnenöffnung hinab und sah in etwa zwei Metern Tiefe Wasser schimmern. Die Zisterne vermutlich. Das war das bemerkenswerteste Rätsel an diesem Ort: woher die Mönche ausreichend Wasser bekamen.
    Yehoshuahs Blick glitt über die drei Grabkreuze neben der Kapelle.»Auch ein John Kaun kann nicht machen, was er will.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, mahnte seine Schwester. Sie nickte zum Beinhaus hinüber.»Meinst du, es gibt für einen da drinnen einen Totenschein? Kein Mensch wird je merken, wenn seine Leute da noch ein paar Tote dazulegen.«
    »Du machst mir Angst«, murmelte Yehoshuah.
    »Gut«, meinte Judith grimmig.»Gut.«
    Der Einstieg zur Kapelle lag etwas niedriger als das allgemeine Niveau des Bodens, es ging ein paar roh behauene Treppenstufen hinab. Der Andachtsraum war kahl und leer, war wohl einmal weiß getüncht gewesen, aber im Lauf der Jahre hatte sich die leicht gewölbte Decke mit einer dicken schwarzen Rußschicht überzogen. Daß die Mönche kein Feuer verwendeten, stimmte nämlich nicht ganz: Auf dem Altar brannte ein kleines Flämmchen, eine ungeschickt getöpferte Öllampe. In der Mitte hing das Kreuz, rechts und links davon standen Blumen, der einzige Schmuck.
    Sie untersuchten den Altar, aber das war nur ein rechtekkig behauener Felsklotz, auf dem ein dünnes Tuch lag. Die Kamera mochte darin verborgen sein, ja, aber sie mochte in jedem beliebigen Stein der ganzen Klostermauer verborgen sein. Sie hatten keinerlei Möglichkeit, das festzustellen.
    »Okay«, sagte Stephen.»Ich gelobe hiermit, daß ich nie wieder haltlose Theorien aufstellen werde. Wir hätten…«
    Ein peitschender Knall ließ sie zusammenzucken. Die Stille danach war wie ein Schrei. Drei erschrockene Augenpaare sahen einander an.
    »Oh, shit…!«
    Sie stürzten aus der Kapelle ins Freie. Die Mönche wichen langsam, wie hypnotisiert, vor dem Klostertor zurück, die Blicke unverwandt darauf gerichtet. Ein weiterer Knall durchspaltete die klösterliche Stille wie ein häßlicher Axthieb, und Holzsplitter flogen von der Rückseite der Bohlentür.
    Stephen spürte eine heiße Woge aus Furcht und Wut in sich aufwallen. Das übertraf seine schlimmsten Befürchtungen.»Die schießen sich den Weg frei«, entfuhr es ihm.»Die halten sich überhaupt nicht mehr damit auf, zu reden!«
    Ein Dauerfeuer ging los, ein Chor verschiedenster Schußwaffen, die unisono die Klostertür zum Ziel hatten. Das alte, in ewiger Wüstenhitze getrocknete Holz fetzte, staubte und splitterte, leistete erstaunlichen Widerstand, aber der Moment, in dem die Tür in Stücke zerbrechen und nach innen fallen würde, war absehbar.
    »Bruder Gregor ist verschwunden«, stellte Judith fest.
    Stephen sah sich um. Tatsächlich, der Mönch war nicht unter den Brüdern, die sich verängstigt hinter die Wände ihres Schlafhauses duckten. Einen wilden Moment glaubte er, ihn von einem Querschläger getroffen tot in einem der Beete zu sehen, aber nein, das war nur aufgeworfene graue Erde. Der Mönch schien sich versteckt zu haben.
    Es konnte nicht mehr lange dauern. Ein Schuß zertrümmerte von hinten her die Verankerung des eisernen Ringes, der auf der Mitte der Tür angebracht gewesen war, und schleuderte das Beschlagteil quer durch den Garten. Durch das kakophonische Bellen der Schüsse hindurch waren vereinzelte Rufe zu hören, Kommandos vielleicht. Man rüstete sich zum Sturm.
    Dann, beinahe übergangslos, hörten die Schüsse auf.
    Stephen hielt den Atem an, wartete auf die Teufelei, die ohne Zweifel kommen mußte. Eine Sprengung der Tür etwa.
    Statt dessen war in der unvermittelten, nach all dem Lärm beinahe drückenden Stille ein Geräusch deutlich zu hören, das, wie man sich jetzt erinnerte, schon die ganze Zeit über langsam lauter geworden war, ein tiefes, bedrohliches Dröhnen, ein Ton, wie ihn kraftvolle Maschinen erzeugten, der immer lauter wurde und immer näher kam.
    »Ich kenne das«, murmelte

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