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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ins Innere des Beinhauses und schloß die Tür. Schlagartig wurde es dunkel, aber der Krach war immer noch ohrenbetäubend.
    Er zückte seine kleine Stabtaschenlampe und schaltete sie ein, ließ den Leuchtfleck über die Regale mit ihrem gruseligen Inhalt wandern. Jetzt galt es, rasch zu finden, was er suchte, verdammt rasch…
    »Was hast du vor?«brüllte Yehoshuah ihm ins Ohr. Seinem Blick nach wollte es ihm nicht ganz gelingen, die Knochen ringsumher als rein archäologische Artefakte zu sehen.
    Stephen schüttelte den Kopf. Das war jetzt zu schwierig zu erklären. Er langte in die Regale, tastete unter Holzverschläge, fühlte vorsichtig in Rillen und Astlöchern. Wie hätte er es angelegt, wenn er damals, im vierzehnten Jahrhundert, eine solche Anlage geplant und gebaut hätte?
    Im vierzehnten Jahrhundert.
    Lange her.
    Abnutzungsspuren! Er fiel auf die Knie, suchte mit der Nase dicht über dem Dielenboden, wie besessen mit der Taschenlampe Zentimeter um Zentimeter ableuchtend, schräg von der Seite, damit alle Kratzer und Schleifspuren große Schatten warfen. Und von draußen donnerten die Hubschrauberrotoren wie der Weltuntergang.
    »Hier!«schrie er auf, aber er hörte sich nicht einmal selber. Er drückte Yehoshuah die Lampe in die Hand, der sie, immer noch nicht begreifend, hielt. Das Regal an der Stirnseite des Raumes hatte kreisbogenförmige Scharten in das Holz des Bodens geschabt. Irgendwo mußte es einen Riegel geben, einen einfachen Riegel, den auch die gichtenen Hände eines alten Mönchs bedienen konnten…
    Man durfte nur keine Angst haben, hineinzufassen, mitten in den Haufen kalter, gruselig glatter Fingerknöchelchen. Stephen tastete darin herum und fand einen Hebel, an dem man ziehen konnte, und dann ließ sich das Regal öffnen wie eine Schranktüre.
    Im selben Moment wurde das markerschütternde Dröhnen der Hubschrauber leiser. Die drei sahen einander alarmiert an.
    »Sie sind vor dem Kloster gelandet«, rief Judith.»Jetzt drosseln sie die Umdrehungsgeschwindigkeit der Rotoren auf Startbereitschaft.«Man konnte sie wieder hören. Es war immer noch so laut wie in einem Rockkonzert, aber verglichen mit vorhin kam es einem richtig leise vor.
    Hinter dem Regal führte eine Treppe aus purem Fels in eine dunkle, unergründliche Tiefe. Stephen nahm Yehoshuah die Taschenlampe wieder aus der Hand und ging voran. Was immer draußen geschehen mochte, sie hatten in keinem Fall Zeit zu verlieren.
    »Als ich den einen Mönch in Richtung des Beinhauses schauen sah, fiel es mir wieder ein«, erklärte Stephen. Judith ging hinter ihm, und Yehoshuah zog oben das Regal wieder zu. Man hörte den Mechanismus einschnappen, und nun war es beinahe leise. Alles, was man noch hörte, war ein unbestimmtes Grollen und Raunen, und auch das wurde mit jedem Schritt leiser.»Daß dieses Kloster von Leuten erbaut worden ist, die dreißig Jahre lang einen Stollen durch eine halbe Meile Fels getrieben hatten. Es mußte einfach unterirdische Anlagen geben — geheime unterirdische Anlagen. Und wo hätten sie den Zugang besser verbergen können als in einem Bau voller Knochen?«
    »Du glaubst, daß wir uns hier unten verstecken können, bis die Luft oben wieder rein ist?«fragte Yehoshuah.
    Stephen schüttelte den Kopf.»Nein. Ich glaube, daß Bruder Gregor irgendwo hier unten sein muß, und ich möchte wissen, was er macht.«
    Die Treppe endete bald in einem katakombenartigen Gang, der in zwei Richtungen führte. Stephen blieb stehen, wartete, bis Judith und Yehoshuah neben ihm standen, bedeutete ihnen dann, still zu sein, und schaltete für einen Moment die Taschenlampe ab.
    Von rechts war ein unheimliches, hallendes Geräusch zu hören, so, als tropfe Wasser in eine gähnend große Tropfsteinhöhle hinab. Stephen spürte sein Herz schlagen.»Rechts«, flüsterte er.
    Über ihren Köpfen rumpelten Schritte, der Boden bebte leicht. Was um alles in der Welt geschah da oben? Stephen drängte den Gedanken beiseite, leuchtete den Weg ab.
    Der Gang erweiterte sich, wurde zu einem kreisrunden Raum. Es roch feucht und modrig, und es war ungewöhnlich kalt. Der Lichtfinger tastete über uralte hölzerne Stangen und Räder, über Ketten und Haken und ein abschüssiges Loch mitten im Boden, in das die Kette hinabführte und das mit unergründlicher, nebeliger Schwärze gefüllt zu sein schien.
    »Vorsicht«, warnte Judith, als Stephen näher an das Loch hintrat und versuchte, die Schwärze mit dem Strahl seiner Stablampe zu

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