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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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begönnen: eine Zeitschrift, die vorgab, ein Wirtschaftsjournal zu sein, hatte ihn zum»bestgekleideten Manager des Jahres«gekürt. Ohne daß er überhaupt davon gewußt hatte. In Wirklichkeit verkaufte dieses Magazin nur bunte Märchen aus der Welt der Reichen und Mächtigen an männliche Träumer und eine Menge Anzeigenfläche an Hersteller von überteuerten Hemden und fürchterlichen Herrenparfüms (mit Namen wie»Wall Street«oder»Success«}. Aber in der Folge waren andere Publikationen auf ihn aufmerksam geworden, die Berichte waren größer, länger und enthusiastischer geworden, und seit einiger Zeit hatte er zunehmend das Gefühl, sich anstrengen zu müssen, dem beeindruckenden Bild, das die Öffentlichkeit sich von ihm gemacht hatte, gerecht zu werden. Und erkannte mehr und mehr, daß das eine Aufholjagd war, die er niemals gewinnen konnte.
    Die unangenehme Wahrheit, die unglaublicherweise all diesen Pressefritzen bisher entgangen war, bestand darin, daß das Paradepferd seines Konzerns, die N.E.W. News and Entertainment Worldwide Corporation, keinen nennenswerten Gewinn abwarf. Mitunter schlidderte sie haarscharf an den roten Zahlen vorbei, und jedes Jahr verwendete er einen beträchtlichen Teil seiner kostbaren Zeit darauf, die Geschäftsberichte so aufwendig und einfallsreich zu gestalten, daß sich die erniedrigenden Zahlen der Bilanz darin verstecken ließen, ohne den Tatbestand des Betruges zu erfüllen. Und bisher hatte es auch noch niemand gemerkt. Geblendet von seinem Image strömten ihm immer noch mehr Investoren zu, als ihn enttäuscht verließen. Er arbeitete, kämpfte und bebte einzig auf dieses Ziel hin: den Durchbruch zu schaffen, den Umkehrpunkt zu durchstoßen und das Vertrauen seiner Geldgeber in bare Münze umzuwandeln.
    Das hieß: durchhalten. Noch stand sein Imperium auf tönernen Füßen. Das mahnende Beispiel, das ihm immer vor Augen stand — so sehr, daß er sich allen Ernstes schon überlegt hatte, ein Bild des Mannes auf seinem Schreibtisch aufzustellen -, war das Schicksal eines längst vergessenen Imniobilientycoons der achtziger Jahre, ein Mann namens Donald Trump, der jahrelang von den Medien als Wirtschaftswunderknabe und Erfolgsmensch hochgejubelt worden war, so lange, bis er es selber geglaubt hatte und leichtsinnig geworden war. Manche sagten später auch» größenwahnsinnig «dazu, und viele von denen, die das sagten, hatten zu denen gehört, die ihn beklatscht hatten, als er noch ganz oben zu stehen schien. Sein Sturz war schnell und grausam gewesen Banken hatten ihre Kreditzusagen zurückgenommen, Investoren waren ausgestiegen, Projekte gescheitert — und er war sehr, sehr tief gefallen, war fast völlig von der Bildfläche verschwunden.
    Einem ähnlichen Schicksal wollte John Kaun um jeden Preis entgehen. Und die Fratze der völligen Pleite grinste ihm jeden Morgen im Spiegel entgegen. Er lebte auf großem Fuß, führte das Leben eines Millionärs und mußte es führen, um die Geschäfte zu machen, die er machen mußte. Aber dabei lebte er im Vorgriff auf Gewinne, die er erst zu machen hoffte. Falls irgend etwas geschehen sollte, das ihn aus der Bahn warf, dann würde er als Mann mit Millionenschulden dastehen und den Rest seines Lebens auf der Flucht vor gnadenlosen Gläubigern sein. So einfach war das. Im Grunde, unter dem Strich, hatte er noch nichts erreicht im Leben. Sein New Yorker Chauffeur, der vor zwei Monaten die Hypothek für sein Häuschen auf Staten Island abbezahlt hatte, war besser gestellt als er.
    Das alles überragende Vorbild, der große Gegner, die unangefochtene Nummer eins war natürlich CNN, die Cable Network News des ebenso prominenten Unternehmers Ted Turner. Der, wie Kaun zähneknirschend verfolgt hatte, die Schauspielerin Jane Fonda geheiratet hatte und womöglich wirklich glücklich war. Der Durchbruch für CNN war mit dem Golfkrieg gekommen, die große Stunde der Live-Reporter mit den Satellitentelefonen, die aus der Hauptstadt des Feindes berichteten, exklusiv, live und aufregend, und alle anderen Nachrichtensender waren gezwungen, ihre Bilder, Berichte und Stellungnahmen zu übernehmen. Das war Ted Turners Sternstunde gewesen, und er hatte sie genutzt, weiß Gott hatte er das. Er hatte CNN zu einem Begriff gemacht, der heute populärer war als das einstmals so anerkannte Kürzel BBC, hatte seine Dauernachrichtensendung in alle Kabelnetze der Welt katapultiert, und was immer auch geschehen mochte, der Mann war aus dem Pantheon der

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