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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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einzelnen war so ein Trip doch eine viel zu gefährliche Angelegenheit. Eine fremde Kultur, fremde Sprachen und Denkweisen, Krankheiten, die längst ausgerottet sein würden, wenn der Zeitreisende geboren wurde — unwahrscheinlich, daß man das riskieren würde. Genausowenig, wie man einen Mann allein zum Mond geschickt hatte.
    Nun, einer aus dem Team mochte schlicht und einfach verlorengegangen sein. Vielleicht war er verhaftet worden von den römischen Besatzern. Vielleicht hatte er sich in ein hübsches Mädchen verliebt und beschlossen, zu bleiben. Vielleicht hatte er einen Unfall erlitten. Wie auch immer — er blieb, starb nach einigen Jahren und wurde dort begraben, wo WilfordSmith ihn gefunden hatte. Die anderen des Teams kehrten in ihre Zeit zurück — deshalb hatte man keine Zeitmaschine gefunden. Und selbstverständlich hatten sie alle Videoaufnahmen mitgenommen.
    Wenn diese Erklärung zutraf, konnten sie natürlich nach der Kamera suchen, bis sie schwarz wurden.
    Hmm. Und so sehr er auch nachdachte, er fand in den vorliegenden Fakten nichts, was gegen eine solche Deutung sprach. Allenfalls konnte man sich fragen, warum der Aussteiger ausgerechnet die Bedienungsanleitung einer Kamera mitgenommen hatte.
    Eisenhardt schob das entsprechende Blatt beiseite. Das war also eine Theorie. Die Team-und-Aussteiger-Theorie. Er war mal gespannt, was Kaun hierzu einfiel.
    Aber angenommen, sie hatten es doch mit einem einzelnen zu tun. Angenommen, die Zeitreise erfolgte nicht mit Hilfe eines Transportgeräts, sondern irgendwie anders. Eher wie das»Beamen«in den Star Trek-Filmen. Eine große Zeitkanone, die den Probanden in die Vergangenheit feuerte.
    Mußte diese Zeitkanone überhaupt in Israel aufgestellt werden?
    In Filmen war das so. Derselbe Ort, eine andere Zeit. Das machte sich gut in Filmen. In Wirklichkeit würde man, wenn man nur die Zeit, nicht aber den Ort wechselte, sich mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit irgendwo im freien Weltraum wiederfinden. Denn nichts war so sehr in Bewegung wie der vermeintlich feste Boden unter den eigenen Füßen. Nicht nur, daß sich die Erde in vierundzwanzig Stunden einmal um ihre Achse drehte — was bedeutete, daß jemand, der in einem Haus in Mitteleuropa ruhig in einem Sessel saß, sich immerhin mit beinahe Schallgeschwindigkeit bewegte -, die Erde raste außerdem mit noch größerer Geschwindigkeit um die Sonne, die sich ihrerseits mit einer noch atemberaubenderen Geschwindigkeit um das Zentrum der Milchstraße drehte, die wiederum quer durch das Universum schoß mit einer Geschwindigkeit, von der alle irdischen Raketenbauer nicht einmal zu träumen wagten. Ein unvorstellbares kosmisches Karussell. Eisenhardt vermochte sich kaum auszumalen, wie das gehen sollte: jemanden quer durch die Raum-Zeit zu befördern, zu einem so eng definierten Ziel wie dem Palästina vor zweitausend Jahren. Das war, als spucke man in die Luft, während man auf dem wildesten Karussell des Jahrmarkts umhergewirbelt wird, und treffe dennoch eine ganz bestimmte Person, die sich auf dem gleichen Karussell befindet, auf die linke Schulter.
    Quer durch die Raum-Zeit…
    Ihm stockte der Atem. Hastig riß er die Kappe von dem Filzschreiber, den er noch in der Hand hielt, und fing an zu schreiben.
    Wenn Zeitreise möglich war, wenn es möglich war, jemanden quer durch die Raum-Zeit zu transportieren — dann mußte es genauso möglich sein, jemanden auf einen anderen Planeten zu versetzen! Palästina auf einer Erde, die sich an der Stelle befand, an der sie sich vor zweitausend Jahren befunden hatte, war genauso leicht oder schwer zu treffen wie ein Planet, der um Alpha Centauri oder Epsilon Eridani kreiste.
    Und die Technologie dazu sollte in den nächsten sechs Jahren entstehen? Unwahrscheinlich. Das war derart unwahrscheinlich, daß man eigentlich aufhören konnte, darüber nachzudenken.
    Wenn da nicht diese vermaledeite Gebrauchsanleitung gewesen wäre.
    Eisenhardt schob auch dieses Blatt beiseite. Er war hungrig. Kopfschmerzen hatte er auch. Und Gebrauchsanleitungen hatte er ohnehin noch nie leiden können.
    Dann konnte man Überlegungen anstellen, wie sich der hypothetische Zeitreisende auf seinen Trip vorbereitet haben mochte. Das fiel Eisenhardt, der es schon als Alptraum empfand, einen Koffer für eine einwöchige Lesereise packen zu müssen, besonders schwer. Was packte man ein, wenn man vorhatte, in die Vergangenheit zu reisen, Jesus Christus zu filmen und dann in eben dieser Vergangenheit

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