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Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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ich. »Soll ich dich begleiten?«
    »Nein. Schau nach, ob Sphinx wieder online ist. Vielleicht hat er Infos über Acta Fidei gefunden. Dann können wir nur noch warten, bis der Uhrmacher die Maschine fertig gestellt hat und dann versuchen wir auf der Mona Lisa den verborgenen Code zu finden. Wir brauchen uns erst am Spätnachmittag bei den Chevaliers zu treffen.«
    »Die Idee, uns zu trennen, gefällt mir überhaupt nicht.«
    »Dadurch kommen wir aber schneller voran. Und außerdem kannst du mich nicht in den Sender begleiten.«
    Im Fernseher spiegelte sich ihr Bild, wie sie hinter mir geschäftig hin und her ging. Sie hatte sich so verändert. Oder vielleicht hatte sich mein Blick verändert. Ich sah sie zerbrechlicher und zugleich großzügiger. Weniger hart, weniger verschlossen. Ihr Gesicht war nicht mehr dasselbe. Neue Lachfalten hatten sich gebildet. Ihr Mund war viel weicher. Ihre Schultern. Ihre Brust. Sophie war ein lebendiges Gemälde. Meine Mona Lisa.
    »Gut, ich gehe jetzt!«, verkündete sie und schlüpfte in ihren Mantel. »Ich fahre mit der Metro, du kannst den VW nehmen, wenn du willst. Bis bald!«
    »Sei vorsichtig!«
    Sie lächelte und verschwand hinter der Tür.
    Ich blieb eine ganze Weile vor dem Fernseher sitzen, zappte zwischen LCI und CNN hin und her und versuchte herauszufinden, welcher von beiden Sendern der weniger objektive war. Ich amüsierte mich über die Unterschiede wie ein Vater, der seine beiden Kinder betrachtet und sich fragt, wie sie aufwachsen konnten, ohne einander ähnlich zu werden. Ich fühlte mich so weit entfernt von alldem. Die Vereinigten Staaten, Frankreich. Das Alltägliche schien mir unwirklich. Nebensächlich …
    Ich erhielt einen Anruf von Badji über die Hotelleitung. Er wartete in der Halle auf mich. Die Wirklichkeit holte mich ein.
    Ich ging zu ihm hinunter. Er ließ mir Zeit, in aller Ruhe zu frühstücken, dann gingen wir zu Fuß zum Internetcafé. Es war schon fast zur Routine geworden. Aber ich vermute, dass Badji sich nicht daran störte. Sein Leben bestand zweifellos aus sehr viel Routine. Aus tausend Mal denselben Wegen.
    Wir setzten uns vor unseren gewohnten Computer. Die Jungs und der Typ am Eingang wunderten sich schon nicht mehr über uns. Wir gehörten inzwischen fast zur Inneneinrichtung. Der große Schwarze und der kleine Braune. Sicher keine ungewöhnliche Ausstattung, aber was ist schon normal in der fluoreszierenden Atmosphäre eines Internetcafés?
    Ich öffnete das IRC-Programm und loggte mich beim Server ein. Die Liste der Channels erschien. Ich klickte auf den von Sphinx. Er war leer. Unser Hacker- Freund war immer noch nicht da. Das kam zwar selten vor, war aber nicht wirklich beunruhigend. Ich beschloss, den anderen Weg zu versuchen, über den wir das erste Mal Kontakt zu ihm aufgenommen hatten. Über ICQ. Ich fand seine Nummer in einem Forum, das wir damals angeklickt hatten, und ließ ihn suchen. Aber auch auf diese Weise war er nicht zu finden.
    Ich warf Stéphane einen verdutzten Blick zu, dann hinterließ ich dem Hacker eine Nachricht.
    »Bin gestern Abend und beute Morgen hier gewesen. A+. Alice.«
    »Ich hoffe nur, dass ihm nichts passiert ist«, sagte ich an Badji gewandt. »Nun denn, wir drehen jetzt eine Runde und kommen gegen Mittag wieder und schauen, ob er meine Nachricht erhalten hat.«
    Der Bodyguard nickte und wir gingen Richtung Place de l'Etoile. Langsam näherten wir uns dem Platz.
    »Wohin wollen Sie gehen?«, fragte mich Stéphane.
    »Ich weiß nicht … Wir müssen ein oder zwei Stunden totschlagen. Das ist mir schon lange nicht mehr passiert. Haben Sie eine Idee?«
    Badji zuckte die Schultern. Er blickte sich um.
    »Wussten Sie, dass zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts die Salle Wagram eine Hochburg des Boxsports war?«, sagte er und deutete auf die gleichnamige Straße etwas weiter entfernt.
    »Nein. Und?«
    »Nur so.«
    »Meinen Sie, dass wir sie besichtigen sollten?«, fragte ich.
    Er fing an zu lachen.
    »Nein, nein. Ich denke jedenfalls nicht, dass das zwei Stunden beanspruchen würde.«
    Ich wühlte eher auf gut Glück in meinen Taschen und fand den Schlüssel des New Beetle, den Sophie gemietet hatte. Ich zeigte ihm den Schlüsselbund.
    »Wir machen eine kleine Spritztour mit dem Auto«, schlug ich vor.
    »Wissen Sie, ich bin mit dem Safrane gekommen.«
    »Ja, aber ich habe Lust, selbst zu fahren.«
    »Dann ist es vielleicht besser, wenn wir den Safrane nicht nehmen«, erwiderte er lächelnd.
    Wir kehrten

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