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Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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betrachtete mich spöttisch.
    »Haben Sie gut geschlafen?«
    »Ja.«
    »Umso besser. Toller Tag!«
    Sie setzte sich auf ihr Bett, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, lehnte sich gegen die Wand und vertiefte sich in die Lektüre von Le Monde.
    Ich konnte einfach nicht glauben, wie sie bei unseren Abenteuern so gelassen bleiben konnte, wo ich alle Mühe hatte, mich von den Erschütterungen des vorherigen Tages zu erholen. Sophie beeindruckte mich stets aufs Neue.
    Ich schenkte mir ebenfalls einen Kaffee ein und griff seufzend nach einem Croissant. Ich war todmüde. Die lange Verfolgungsjagd vom Vortag hatte mir einen Muskelkater beschert. Seit meiner Zeit auf dem Gymnasium war ich nicht mehr so gerannt und ich gehörte zu den wenigen New Yorkern, die kein Fitnessstudio besuchten.
    Plötzlich richtete Sophie sich entsetzt auf.
    »In der Zeitung steht ein Artikel über uns«, rief sie.
    Ich hätte mich beinahe an meinem Kaffee verschluckt.
    »Über uns?«
    »Ja, nun, nicht direkt, aber über den Unfall in Gordes. Bei den vermischten Nachrichten. Der Journalist erwähnt den Tod Ihres Vaters, den Brand seines Hauses und den Wagen, der vorgestern explodiert ist. Offensichtlich weiß er nicht viel. Im Augenblick verweigert die Gendarmerie jeden Kommentar.«
    »Scheiße! Was sollen wir tun? Wir können doch so nicht weitermachen. Wir werden alles irgendwann erklären müssen!«
    »Auf jeden Fall drängt die Zeit«, gab Sophie zu.
    »Wir können kaum schneller vorankommen als jetzt.«
    »Nein, aber wir können auch nicht ewig in diesem Hotel bleiben.«
    »Wohin sollen wir gehen? Wollen Sie nach Gordes zurückkehren?«
    »Ganz bestimmt nicht. Wir müssen in Deckung bleiben, aber ich brauche dringend ein paar Sachen. Ich muss zu mir nach Hause.«
    »Das wäre nicht sehr klug.«
    »Ich bin ja nicht gezwungen, dort zu bleiben. Ich muss nur ein paar Kleidungsstücke und ein paar Akten holen. Und auch den Leuten von 90 Minutes Bescheid sagen. Sie wissen, dass ich in Gordes war. Wenn sie diesen Artikel lesen, werden sie sich große Sorgen machen.«
    »Ich denke, solange wir noch versuchen diese Ereignisse aufzuklären, müssen wir uns versteckt halten.«
    »Ich weiß«, gab sie zu, »wir müssen eine Lösung finden. Auf jeden Fall dürfen wir keine Zeit mehr verlieren! Ich will versuchen, den Druck, den uns die Bullen machen, etwas zu mindern. Mit etwas Glück kann mein Kontaktmann bei den renseignements généraux sie vielleicht besänftigen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er die Mittel dazu hat. Und Sie gehen zur Nationalbibliothek, um den Mikrofilm zu holen, den Ihr Vater gemeint hat.«
    »Und dann?«
    »Dann? Ich weiß nicht. Wir werden sehen, wie alles läuft. Wir bleiben im Versteck, bis ich Dürers Manuskript zu Ende übersetzt habe.«
    Ich seufzte.
    »Wir werden jetzt keinen Rückzieher machen!«, sagte Sophie bestimmt und nahm meine Hand in ihre beiden Hände.
    »Nein, natürlich nicht.«
    Ich genoss diesen kostbaren Augenblick. Ihre Hände berührten meine Hand. Ihr Lächeln. Eine schlichte Geste. Dann vertiefte sie sich wieder in ihre Zeitung.
    »Ich gehe mich anziehen«, sagte ich und verschwand im Badezimmer. Auch wenn wir unter Zeitdruck standen, brauchte ich dringend ein Bad, um mich etwas zu entspannen, denn mir war klar, dass wir in nächster Zeit wenig Ruhe haben würden.
    Eingetaucht in den weißen Schaum hörte ich, wie Sophie von der anderen Seite der Tür ihrem Kontaktmann bei der Auskunft die Situation erklärte. Ohne zu viel zu verraten, gab sie ihm zu verstehen, dass wir etwas Ruhe benötigten. Etwas Anonymität. Aber am Ton ihrer Stimme merkte ich, dass ihr Gesprächspartner sie nicht beruhigen konnte. Alles in allem war es nicht sein Ressort, die Gendarmerie an ihrer Arbeit zu hindern.
    Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, schlüpfte ich in meine Sachen vom Vortag und kehrte ins Zimmer zurück.
    »Sophie, Sie haben Recht, ich brauche auch ein paar Dinge! Ich muss mir unbedingt ein paar Klamotten besorgen. Alles ist in Gordes geblieben. Seit drei Tagen habe ich das Gleiche an.«
    Die Journalistin wandte sich mir zu und grinste.
    »Ach«, sagte sie und stellte erst jetzt fest, dass ich das Hemd vom Vortag trug, »tatsächlich. Gehen Sie in die Boutique, die sich unten neben dem Hotel befindet. Dort kann man Sie von Kopf bis Fuß einkleiden, in mehreren Variationen. Das wird Ihnen sicherlich gut stehen.«
    »Ah, ja?«, erwiderte ich erstaunt. »Glauben Sie?«
    Sie schüttelte den Kopf und vertiefte sich

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