Das Jobinterviewknackerbuch
als Vorstand einer Bank bewerben, sondern »nur« auf eine Stelle ein paar Stockwerke unter der Führungsetage, sieht man
unternehmerisches Denken
gern. Was das ist, erklärt sich besonders gut durch sein Gegenteil, die sogenannte »Beamtenmentalität«, der man folgendes unterstellt: Dienst nach Vorschrift, Denken in Zuständigkeiten, Trägheit, Verantwortungslosigkeit, Umständlichkeit und Bürokratie, Fixierung auf Frühstücks- und Mittagspausen, Wochenenden, Urlaube und die kommende Rente, Langsamkeit bei völliger Abwesenheit von Kreativität, Innovation, Risikobereitschaft, Spontaneität und Kommunikationsfreude. So also bitte nicht, aber das wussten Sie ja ohnehin schon längst. Wie aber nun?
Nach allem, was wir bei unseren Recherchen gefunden haben, können |81| wir Folgendes sagen: Sie tun gut daran, wenn Sie sich nicht ausschließlich auf Ihre ausgeklügelte Performance konzentrieren oder auf irgendwelche komplizierten Benimmregeln – sondern auf das, was über Jahrhunderte die Haltung der »Elite« ausgemacht hat: Verantwortungsgefühl und Pflichtethik.
Zu diesem Schluss kommt zum Beispiel Elisabeth Timm, die in ihrer 2011 erschienenen Dissertation
Ausgrenzung mit Stil
untersucht hat, welchen Zweck eigentlich Benimm-Kurse verfolgen und welchen Erfolg sie Kursteilnehmern tatsächlich bescheren. Was in durchschnittlichen Stellenanzeigen steht (»Zuverlässigkeit und Genauigkeit«, »selbstständige und strukturierte Arbeitsweise«) lässt sich im Grunde auf genau diese Haltung zurückführen. Zur preußischen Disziplin ist allerdings in den letzten Dekaden noch ein Schuss amerikanische Kommunikationslaune gekommen (»Kontaktfähigkeit und Begeisterungsfähigkeit; Freude am Kommunizieren; Teamfähigkeit«). Doch letztendlich ist damit ja auch kein Betriebsnudeltum aus Jux und Dollerei gemeint, sondern effektive Gruppenarbeit im Hinblick auf eine Aufgabe, was wiederum auf Verantwortungsgefühl und Pflichtethik hinausläuft.
Über Ihr abstraktes Pflichtgefühl hinaus sollten Sie natürlich auch die Ethik Ihrer Branche verkörpern – und sich der Innovation, der Kreativität, der Freiheit, der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Schönheit oder welchem höchsten Gut auch immer verpflichtet fühlen.
Übrigens: Pflichtethik ist auch etwas anderes als Erfolgsfixierung, die auf nichts anderes hinausläuft als Geld, Macht und Anerkennung.
Knacker: So zeigen Sie unternehmerisches Denken
Damit die Personaler diese Haltung nicht allein über ihre Spiegelneurone empfangen (wer weiß schon, in welchem Zustand sich derartige Neurone bei gestressten Personalern befinden?), bietet es sich an, Klartext zu reden: Berichten Sie von Projekten, die Sie erfolgreich |82| gestemmt haben, und zeigen Sie Ihre Haltung mithilfe dieser Beispiele. Stellen Sie eine Verbindung von Ihren Erfahrungen und Erfolgen zum gewünschten Profil her.
Etwa so: Vielleicht haben Sie schon einmal ein Projekt gerettet, indem Sie in kürzester Zeit ein Team aus Superhelden-Kollegen zusammengestellt, motiviert und zu effektiver Arbeit angetrieben haben. Berichten Sie, wie Sie das genau gemacht haben und warum Ihnen das so wichtig war.
Oder: Sie haben eine wichtige, aber unpopuläre Entscheidung getroffen, weil Sie Ihrem eigenen moralischen Kompass folgten und nicht dem vermeintlichen Druck irgendwelcher Rahmenbedingungen – und gerade das hat sich langfristig als erfolgreich erwiesen.
Irgendeine Geschichte in dieser Art fällt Ihnen bestimmt auch ein. Sie muss vor allem plausibel, ziemlich wahr und richtig gut erzählt sein. Das können Sie wunderbar zu Hause üben.
Persönlichkeit als äußere Haltung
Jetzt geht es um Ihre Souveränität und um Ihr Selbstbewusstsein. Studien zeigen, dass es bei vielen Bewerbern darum nicht besonders gut bestellt ist, vor allem, wenn sie weiblich sind.
Monika Sieverding, Professorin für Psychologie an der Universität Heidelberg, hat dies in ihren Studien deutlich nachweisen können. Sie ließ zum Beispiel 74 Männer und Frauen einen schriftlichen Leistungstest, einen Vortrag zur Selbstdarstellung der beruflichen Qualifikation (fünf Minuten) sowie ein standardisiertes Bewerbungsinterview (zehn Fragen) absolvieren. Vortrag und Bewerbungsinterview wurden per Video aufgezeichnet und von Experten beurteilt. Das Ergebnis, ausführlich nachzulesen in der
Zeitschrift für Sozialpsychologie
Nr. 3/2003:
Fachliche Qualifikationen spielen eine untergeordnete Rolle im Gespräch: »Das Fachwissen ist ja bereits in den
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