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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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muss der fünfte Junge sein, Nona, zwischen Denver und dem Pawnee-Nationalpark.«
    Sie hörte ihn nicht. Sie war pinkeln hinter dem großen Schild: WILLKOMMEN IM SCHÖNEN COLORADO! Das Schild stand schief und einsam da. Die endlose Grasebene der Prärie ließ es noch größer erscheinen. Seine metallenen Ecken hatte der Rost verfärbt, an den Längsseiten rankte sich wilder Wein empor.
    »Nettes Motiv für ein Foto, finden Sie nicht auch?« Sie kam auf das Taxi zu.
    »Was?«
    »Das Schild, Vince. Es gefällt mir irgendwie. Es erinnert an zuhause, an Queens. Die Farbe bröckelt, aber der Optimismus bleibt.«
    »Optimismus? Dann sehen Sie mal auf die Karte – wie sollen wir diesen Jungen bloß finden?!«
    Sie lehnte sich an das Taxi und blickte hinauf in den bleiernen Himmel.
    »Ich kann ja unseren Fahrgast noch mal fragen ...«
    »Und ihm die nächsten Zähne lockerschlagen? Vergessen Sie es!« Vince blickte ins Wageninnere. Pater Simon saß still auf der Rückbank, betete mit gefalteten Händen, wie er es schon die vierhundert Meilen durch Nebraska getan hatte. Die ganze mondlose Nacht lang. »Aus dem kriegen wir sowieso nichts mehr raus.«
    »Ich dachte, wir hätten die Mitte des Kreuzes gefunden?« Sie wandte sich der Karte auf der Motorhaube zu.
    »Ja, ungefähr ... Doch dieses Kreuz reicht über mehrere Staaten. Seine Mitte auf den Meter genau auf eine Straßenkarte zu übertragen, ist nicht so einfach.«
    »Mein Computer könnte helfen, aber es gibt kein Netz hier.«
    »Bleibt uns nur die alte Methode.« Vince umkreiste mit einem Finger das mögliche Suchgebiet. Nona zählte die Ortschaften darin. Es waren zu viele.
    »Der Kerl mit den Handschuhen hat schon einen Vorsprung. Wir müssen schnell sein. Sagen Ihnen die Ortsnamen was?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Hoffnung schwand.
    »Vielleicht stammt einer aus dem Hebräischen, so wie bei den Jungen«, versuchte er, ihr Mut zu machen.
    Am Horizont öffnete sich das Grau der Wolken. Ein einzelner Sonnenfinger drang schräg hindurch, berührte das Grasland, ließ das junge Grün aufleuchten. Kurz sah sie dem Schauspiel zu, dann schaute sie wieder auf die Straßenkarte. Vince tippte mit dem Finger auf einen See.
    »Thomas J. Ryan ...«
    »Was?«
    »Thomas J. Ryan!«, wiederholte er laut.
    Nona verstand seine Aufregung nicht. »Was ist mit ihm?«
    »Das J im Namen Ihres Vaters, wofür steht es, verdammt?!«
    »Jackson, das steht für Jackson«, antwortete sie irritiert, »so stand es auf der Seite der Uni.«
    Vince strahlte. Beinahe hätte er sie umarmt. Und ihren Vater, wäre das möglich gewesen. »Thomas Jackson Ryan«, zählte er auf und tippte bei jedem der Namen auf dieselbe Stelle der Karte von Colorado.
    Jackson Lake und Jackson Reservation. Nona las es zweimal. Sie lachte und weinte. Nur hundert Meilen trennten sie noch vom Ziel. Zwei lächerliche Stunden Fahrt!
    »Danke, Vince«, sagte sie leise und wischte sich ihre Tränen ab. Dann öffnete sie die hintere Tür des Taxis. »Los, steigen Sie aus!«
    Pater Simon reagierte nicht.
    Sie packte den Priester und zerrte ihn aus dem Wagen. »Dich brauchen wir jetzt nicht mehr!« Sie stieß ihn von sich. Der ältere Mann stolperte einige Schritte durch das Präriegras.
    »Nona, wie soll er in dieser Einöde zurechtkommen?«
    »Mir egal, soll er doch beten. Fahren wir, Vince. Mein Bruder braucht mich.«
    »Nein, mich!«, rief der Pater plötzlich. »Dieser Junge braucht mich!«
    Sie ignorierte seine Rufe.
    »Versteht doch, ihr beide könnt ihm nicht so helfen, wie ich es kann, wie ich es schon einmal tat!«
    Mit eisigem Blick ging sie auf ihn zu und griff den hageren Mann an seinen Schultern. »Und was soll das für eine Hilfe gewesen sein, Priester?«, zischte sie.
    Er rang mit sich, sie spürte es. Etwas in ihm kämpfte dagegen an, es ihr zu sagen.
    »Was hast du ihm angetan?!«, schrie Nona und schüttelte ihn dabei heftig.
    »Ich habe ihn von Dämonen befreit!«, schrie Pater Simon zurück. Er sank in sich zusammen. »Und die vier anderen Jungen auch ...«
    Sie ließ ihn los. Er redete weiter.
    »Dämonen brauchen Hüllen. Tagaus, tagein dringen sie in die Körper schwacher Menschen, am liebsten nehmen sie Kinder. So war es schon immer, so wird es immer sein. Dieser Kampf ist kaum zu gewinnen, wir können nur ein Gleichgewicht erhalten, wir, die Exorzisten des Vatikans. Doch das Austreiben eines Dämons bedeutet nicht das Ende des Leids. Exorzierte bleiben oft geächtet, obwohl sie geheilt sind, sie werden

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