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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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Hoffnung, dass er etwas notierte, was sie endlich weiterbrächte. Ein Foto von einem Picknick. Was? Sie stutzte. Der Satz war ihr einfach in den Sinn gekommen. Margaret riss ihre Aktentasche auf und zerrte den dicken Ordner heraus. Hektisch blätterte sie durch seine Notizen. Ein Foto war doch das einzige, was Vince aus Stanleys Haus mitgenommen hatte ... Da! Ein Foto von einem Picknick im Garten neben dem Haus. Stanley nahm es ein Jahr vor Paulines Tod auf. Wir saßen zu dritt auf einer Decke unter dem alten Pflaumenbaum. Es war Spätsommer und der Baum voller reifer Früchte, sie fielen mitten in das Picknick. Stan versuchte, die Pflaumen mit seinem Mund aufzufangen. Pauline hat so gelacht ...
    Und heute hatte Stan eine Blume verkauft. Sie starrte in das Gesicht auf dem alten Foto, das mit Selbstauslöser gemacht worden war. Es traf sie wie ein Blitz. Der Ordner, die Notizen und das Foto fielen auf den Boden. Margarets Hände zitterten. Sie hatte Stan gesehen, hatte ihm fünf Dollar gegeben, heute Vormittag!
    »Du siehst einen Baum, aber es ist kein Baum«, murmelte ihr Mandant.
    »Ich muss weg, Vince, ich bin da auf was gestoßen.« Hastig stopfte sie alles zurück in die Aktentasche. »Etwas, das uns retten kann!«
    »Retten? Nichts kann uns retten. Sie gaukelt uns Dinge vor, Mag. Die Dinge, die wir sehen wollen. So holt sie sich einen nach dem anderen ...«
    Sie hatte nur halb zugehört. Mehr war heute sinnlos. Zu viele Medikamente hatten den Vince, den sie kannte, verschwinden lassen. Nächtliche Panikattacken hatten die starke Beruhigung notwendig gemacht.
    »Wir reden nächstes Mal. Ich muss los.«
    »Nein!« Er zerrte an den Gurten, die ihn am Bett hielten. »Du siehst einen Baum, aber es ist kein Baum!« Er versuchte, die Arme aus der Zwangsjacke zu bekommen. »Du hörst deinen Vater, aber es ist nicht dein Vater!«, schrie Vince weinerlich. Dann sank er auf sein Bett zurück. Margaret legte die Blume aus Stanleys Garten neben sein Kopfkissen und ging.

    Du siehst einen Baum, aber es ist kein Baum. Der verdammte Spruch ging Garry nicht mehr aus dem Kopf. Und die Bilder auch nicht. Die weiße Taube hatte sich heftig gewehrt, sie hatte ihren Schnabel in den unheimlichen Angreifer getrieben, doch der arme Vogel war von Anfang an ohne jede Chance gewesen. Du siehst einen Baum, aber es ist kein Baum, hatte der Boss das Schlachten kommentiert. Und Garry hatte Stolz in seinen Augen leuchten sehen, während es Federn und Blut geregnet hatte.
    »Sag schon, was treibt der Alte da unten? Monster, Mutanten, Killerkürbisse?«
    Er sah durch das Grinsen seines früheren Arbeitskollegen, sah dahinter die zerfetzten Reste einer Taube, sah den Baum, der kein Baum war, sah seine Zweige töten und seine Blätter das Blut auflecken.
    »Hey, hab dich was gefragt ... Ist was dran an den Gerüchten, die man in der Kantine so aufschnappt?«
    Ja, Greg. Und ich muss diese Gerüchte füttern, ich muss ihre Käfige reinigen, muss Schlaftabletten nehmen, um nicht auch noch von ihnen zu träumen.
    »Früher warst du gesprächiger, Garry, als wir noch zusammen hier oben auf Wache gegangen sind.«
    Sie ist kein Baum, weißt du, sie ist eine Königin. Ihr Gehege liegt abseits der anderen. Sie soll nicht gestört werden, während ihrer Entwicklung. Ich weiß nicht, was sie wirklich ist. Der Professor spricht von Mimikry-Genen, Chamäleoneffekt, Gestaltwechsel. Sie jagt, indem sie ihren Opfern vorgaukelt, was diese sehen möchten. Er nennt sie Ximaera, die Königin der Chimären. Bevor sie mich jagt, haue ich ab. Heute Nacht. Und ich werde meinen Abgang vergolden. Es gibt draußen für alles Schwarzmärkte, auch für die Brut von Monstern ...
    »Haben echt Spaß gemacht, unsere Kontrollgänge nachts an den Zäunen, erinnerst du dich?«
    Das tue ich, Greg. Und jetzt muss ich von dir wissen, ob diese Kontrollgänge immer noch zu den gleichen Zeiten stattfinden.

    »Wir müssen über diesen Wachmann reden.«
    »Später.«
    »Er ist ein Risiko, er weiß zuviel, Professor.«
    »Ja, ja. Jetzt kommen Sie endlich.«
    Die Haut an seinen Fingern juckte. Das geschah nicht oft. Ein Zeichen von extremer Anspannung. Unauffällig rieb er seine Handschuhe gegeneinander und näherte sich dem schwarzen Etwas. Das Licht in der großen Zelle war stark gedimmt.
    »Sehen Sie doch nur, sie schläft ...«
    Der Professor hatte leise gesprochen und voller Rührung. Sein Begleiter zögerte, noch näher heranzugehen. Ein Teil von ihm wollte auf der Stelle kehrt machen

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