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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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Thermodynamik in die Irre führen. Gesetze haben sowohl einen Inhalt als auch einen Kontext. Ein Naturgesetz mag als undurchdringliche Barriere erscheinen, doch wenn man das Gesetz in einem falschen Kontext angewandt hat, dann hat man der Natur vielleicht einen Weg offengelassen, es zu umgehen. Und das wird sie tun.

FÜNFZEHN
    Die Kläger haben das Wort
    Der Große Saal des Palastes war für alle geöffnet, natürlich mit einem Podium für Lord Vetinari und Schreibtischen für die Anwälte. Wächter umgaben Seine Exzellenz, und alle hörten ihn laut sagen: »Nein, ich befinde mich in meinem eigenen Palast, der zeitweilig zum Gerichtsgebäude wird. Da hier kein Mord oder ein anderes grausames Verbrechen verhandelt wird, sehe ich keinen Grund, Waffen bei einer Veranstaltung zuzulassen, die nicht mehr sein sollte als eine philosophische Debatte.«
    Marjorie beobachtete, wie die unglücklichen Wächter zurückwichen, und dann war sie beeindruckt von der Art und Weise, wie Lord Vetinari für Stille im Saal sorgte. Das war wahrhaftig Meisterklasse. Er saß einfach nur reglos und mit gefalteten Händen da und ließ alles an sich abprallen: das Gelächter, das Schwatzen und Plaudern, die kleinen Streitereien. Die Luft schien plötzlich mit Bruchstücken von Worten angefüllt zu sein, die weiter zerbrachen und zu Staub zerfielen, der sich rasch setzte. Schließlich blieb nur Stille übrig, in ihrer Mitte eine letzte dumme Bemerkung – und die verdampfte im geduldigen Schweigen Seiner Exzellenz.
    »Meine Damen und Herren, ich kann mir keinen interessanteren Fall vorstellen als den, um welchen es heute geht. Der Streit betrifft ein Artefakt: hübsch anzusehen, muss ich zugeben, nicht ohne einen gewissen Reiz. So klein es auch sein mag: Nach den Zauberern und Naturwissenschaftlern der Unsichtbaren Universität soll es um viele Größenordnungen größer sein als unsere Welt.
    Ich beabsichtige, bei diesem höchst ungewöhnlichen Gerichtsverfahren nach Hinweisen für diese Behauptung zu suchen. Die Sitzung wurde anberaumt, weil zwei Parteien Anspruch auf den Besitz des besagten Artefaktes erheben. Was mich betrifft … Ich werde diese Ansprüche sorgfältig prüfen.« Lord Vetinari seufzte. »Ich fürchte, dass der Begriff ›Quanten‹ irgendwann auftauchen wird – immerhin sind dies moderne Zeiten.«
    Marjorie musste sich die Hand vor den Mund halten, um nicht loszukichern. Der Patrizier sprach von modernen Zeiten wie eine Herzogin über eine Raupe in ihrer Suppe.
    Lord Vetinaris Blick strich über die Menge, und er runzelte die Stirn, als er sich den Schreibtischen vor dem Podium zuwandte. »Herr Schräg, der sich mit dem Gesetz bestens auskennt, wird mir helfen und mich auf relevante Gesichtspunkte hinweisen.« Er hob die Stimme und fuhr fort: »Dies, meine Damen und Herren, ist kein Strafgericht. Um ganz ehrlich zu sein: Ich weiß nicht genau, welche Art von Gericht dies ist, aber ich bin sicher, dass das Gesetz in jedem Fall mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht – auf dem Boden welcher Welt auch immer. Da für die beiden Parteien Experten sowohl für das, äh, Himmlische als auch fürs Weltliche aussagen werden …« Lord Vetinari zögerte. »Sollte ich nicht einen Hammer in der Hand halten? Ihr wisst schon: einen Hammer, mit dem ich auf den Tisch klopfen kann. Ohne einen solchen Hammer komme ich mir geradezu nackt vor.«
    Schnellstens wurde irgendwo ein Hammer aufgetrieben, in den Saal gebracht und Seiner Exzellenz überreicht, der damit zweimal aufs Podium donnerte.
    »Scheint zu klappen«, meinte er zufrieden. »Kommen wir nun zu den Klägern. Ich erteile dir das Wort, Herr Glaubfest.«
    Marjorie reckte den Hals und hielt nach Herrn Glaubfest Ausschau, konnte aber nur den oberen Teil seines Kopfes erkennen. Die von ihm ausgehende Stimme klang seltsam, als vibrierte der Körper, dem sie entsprang. »Gestatte mir einen kleinen Hinweis, Herr«, sagte er. »Ich bin ein Priester des omnianischen Glaubens, und üblicherweise spricht man mich mit ›Hochwürden‹ an.«
    Lord Vetinari musterte den Mann voller Aufmerksamkeit. »Was Sie nicht sagen. Ich schreibe es mir auf. Bitte, trag nun den Standpunkt der Kläger vor, Herr Glaubfest!«
    Marjorie hätte gar zu gern das Gesicht von Hochwürden Glaubfest gesehen. Ihr Vater hatte es zu seinen Lebzeiten vorgezogen, einfach nur »Herr Daw« genannt zu werden. Irgendein geistlicher Titel wie »Hochwürden« oder auch nur »Pastor« und dergleichen war für ihn nie infrage

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