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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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Luft. Man muss sie suchen, ihr nachstellen.«
    »Genau, alter Knabe, und so etwas kann ganz schön anstrengend sein. Der Glaube versetzt Berge, heißt es, aber das ist nichts weiter als eine Redensart, und wenn die Götter existieren, dann nur als Zuschauer.«
    »Moment mal! Was ist mit Anoia, Göttin der Dinge, die in Schubladen klemmen? Sie hat mir einmal eine ziemlich knifflige Schöpfkelle beschert, sei’s ihr gedankt, aber von Verehrung kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Eher von gegenseitigem Einvernehmen: Sie sorgt dafür, dass unsere Schubladen nicht klemmen, und unser Glaube erhält sie am Leben. Eine Hand wäscht die andere. Nur ohne die Hände und das Waschen.«
    Das Gespräch schien dem Dekan sehr zu gefallen. »Wir dürfen nicht vergessen, dass Scheibenwelt und Rundwelt völlig unterschiedlich sind, Mustrum«, sagte er. »Obgleich sie natürlich auch viel gemeinsam haben. Wenn man die Schildkröte weglässt und nicht an den schrecklichen Kern aus heißem, flüssigem Eisen denkt … Dann erkennt man kaum mehr Unterschiede, abgesehen von den Trollen und anderen Erscheinungen. Um Lord Vetinari zu zitieren: Letztendlich läuft alles auf Menschen und gemeines Volk hinaus.«
    Die beiden Erzkanzler merkten plötzlich, dass es in dem großen Raum still geworden war. Sie standen im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit, und alle starrten sie an, einige mit halb zum Mund gehobenen Teetassen, als sähen sie zwei Hummer, die aus reiner Lebensfreude miteinander tanzten. Hier und dort erklang sogar ein wenig Applaus, untermalt von zaghaftem Lachen.
    Marjorie hielt sich zurück und beobachtete die Zauberer aufmerksam. Der Erzkanzler hatte ihr von den Ursprüngen der Rundwelt erzählt und dabei fast entschuldigend geklungen. Er war auch sehr überrascht gewesen, als sie gelacht hatte.
    Sie war seltsam, diese von einer Schildkröte getragene Welt, aber sie fühlte sich nicht seltsam an, wenn man sich auf ihr befand. Was die religiösen Zusammenhänge betraf … Marjorie erinnerte sich an den Tag, als ihre Mutter gestorben war – ein ziemlich unangenehmer Tag, trotz der Bemühungen im Hospiz. Ihr Vater hatte seinen Priesterkragen abgenommen und ihn wortlos in den Abfallkorb geworfen. Sie hatte ihm beim Nachlass und bei der Überwindung aller jener Hürden geholfen, denen sich ein Hinterbliebener in der Welt der Sterblichen plötzlich gegenübersieht. Er hatte tief getrauert und noch Wochen später kaum mit Marjorie gesprochen, abgesehen von »Bitte!«, »Danke!« und anderen Höflichkeitsfloskeln. Das vergaß er nie: höflich zu sein, selbst dann, wenn ihm selbst keine Höflichkeit zuteilwurde. So ein Mensch war er eben.
    Sie hatte einige Monate später mit ihm geredet, aus Sorge, dass er nach Jahren wachsender Zweifel vielleicht seinen Glauben verloren hatte, wobei der Tod seiner Frau gewissermaßen der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte. Marjorie glaubte ihren Vater zu verstehen. Allerdings hatte sie den Bischof nicht verstanden, der sich in ihrer Gegenwart ablehnend, dumm und herablassend verhalten hatte.
    Ausgerechnet in ihrer Gegenwart – die sie bereits mit sieben die Bibel gelesen hatte und mit fünfundzwanzig zu dem Schluss gelangt war, dass dieses Buch ins Regal »Science Fiction & Fantasy« gehörte – hatte sich der Bischof, ohne den geringsten Beweis vorzulegen, darüber ausgelassen, dass sich ihre Mutter nun in »Gottes Umarmung« befinde. Und mit dieser Meinung stand er nicht allein da. Viele andere beharrten darauf, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen, obwohl Marjorie sie für offenkundigen Unsinn hielt. Sie erklärten etwas, woran sie glauben wollten, zu unwandelbarer Wahrheit und verlangten von allen anderen, ihre persönlichen Wunschvorstellungen als Fakten anzuerkennen.
    Marjorie erinnerte sich an eine schreckliche Flutwelle, die ein kleines Land heimgesucht hatte, und sie erinnerte sich auch daran, dass Helfer aus allen Teilen der Welt gekommen waren, um in den Ruinen überschwemmter Häuser und Hütten nach Überlebenden zu suchen. Sie hatten gegraben und gegraben, bis sie schließlich, tief unten, schwache Stimmen hörten … Die Zeitungen hatten es »Wunder« genannt, und Marjorie war regelrecht an die Decke gegangen und hatte der ganzen Welt zugerufen: Dies ist kein Wunder, verdammt! Von einem Wunder hätte man sprechen können, wenn Gott und Seine Engel den Verschütteten zu Hilfe gekommen wären. Aber davon konnte keine Rede sein. Menschen hatten anderen

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