Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
erreichte, warf ihr einen Kuss zu und reichte ihr eine Banane.
Sie erwiderte den Kusss mit einem zusätzlichen S , und Ponder sagte: »Ich habe nach Worten gesucht, die zu Ihrer Heimreise passen. Vielleicht könnte man sagen, dass Sie zur Scholle zurückkehren, zwar mit leeren Händen – von der Banane abgesehen –, aber keineswegs unverrichteter Dinge. Willkommen auf der Rundwelt! Sie ist nur eine Seite entfernt.« Er drückte den Knopf. »Sie werden zu Hause sein, noch bevor ich diesen Satz been…«
VIERUNDZWANZIG
Keine Briefmarken zu sammeln
Obwohl weithin angenommen wird, der Glaube versetze Berge, gibt es keine verlässlichen Beobachtungen dieses Vorgangs. Ja, natürlich ist es eine Metapher, eine starke und gültige. Menschen haben wegen ihres Glaubens erstaunliche Dinge getan und werden es weiterhin tun. Doch die einzigen Dinge, die unseres Wissens Berge bewegen, sind tektonische Platten, die sich untereinanderschieben, Vulkanausbrüche und Erdbeben. Ach ja, Regen und Frost auch, wenn man ihnen genug Zeit lässt.
Die Macht, die Glaube über Menschen ausübt, ist nicht zu leugnen, ebenso wenig wie die manchmal bemerkenswerten Taten, zu denen er den Anstoß gibt, aber er ist wirklich eine merkwürdige Verhaltensweise des Homo sapiens . Er fordert, eine ziemlich seltsame Mischung aus moralischen Vorschriften und dem Übernatürlichen zu akzeptieren. Es gibt keine direkten, objektiven Beweise für viele Glaubensvorstellungen, die in den großen Weltreligionen einen zentralen Platz einnehmen – aber es gibt zahllose Berichte von wunderbaren Ereignissen, heilige Menschen, langjährige Autorität und Rituale, die vielleicht Tausende von Jahren zurückreichen. Religionen sind in den Tiefen der Kultur verankert, wenn sie die Werte der heutigen Generation der nächsten einpflanzen. Oft sehr zu begrüßende Werte – damit Sie uns nicht falsch verstehen.
Es liegt jedoch eine offensichtliche Gefahr darin, seine Moral auf Autorität und unfassliche Gottheiten zu gründen. Moralisch ist dann einfach das, was vorgeschrieben ist. Gott ist gut – aber dann kann alles für gut erklärt werden, sofern Sie die Leute überzeugen können, dass Gott es so will. Etwa den Ungläubigen die Köpfe abzuschneiden oder Frauen und Kinder in die Luft zu sprengen, damit man selbst in den Himmel kommt – typische Taktiken der übereifrigen Eiferer auf der Rundwelt. Mit einigen Ausnahmen dieser Art, die größtenteils mit der Frage zusammenhängen, was als echter Mensch zu gelten hat, teilen die meisten Religionen der Welt die von ihnen geschätzten moralischen Werte. Das sind aber nicht viel mehr als die üblichen Standardwerte der meisten menschlichen Gesellschaften. Töte keine Menschen. Stiehl nicht. Tu nichts, was dir selbst nicht angetan werden soll. Fast alle können wir diesen Werten zustimmen, ob wir nun Christen, Juden, Muslime oder Hindus sind … sogar Agnostiker und Atheisten. Es ist nicht notwendig, einen Gott zu beschwören, um diesen Werten »Autorität« zu verleihen. Sie sind die gängige Münze der Menschheit.
Damit bleiben die übernatürlichen Elemente übrig, über die man geteilter Meinung sein kann, und da beginnen die eigentlichen Schwierigkeiten. Jeder kann sich mit dem Satz »Töte keine Menschen« einverstanden erklären, aber nur wir Rechtschaffen Reformierten Rincewindianischen Rundweltler glauben wirklich, dass das ganze Universum dreißig Zentimeter Durchmesser hat und in einem Regal in der Unsichtbaren Universität steht.
Wir sitzen im Publikum, und auf der Bühne ist eine Debatte im Gang. Der Protagonist ist sich seiner Sache sehr sicher, er hat gute, deutliche Bilder und ist sich über seine Geschichte sehr klar. Seine Antagonistin ist anders, ziemlich unsicher; ihre Bilder sind Skizzen und Karikaturen, und sie wirkt insgesamt unschlüssiger.
Wem sind wir geneigt zu glauben?
Das hängt größtenteils davon ab, wer wir sind.
Manche lieben Gewissheit, sie wollen wissen, was Sache ist. Sie neigen dazu, ihr Wissen und ihre Glaubensvorstellungen aus autoritären Quellen zu beziehen: aus der Bibel, dem Koran, aus Lehrbüchern oder aus der Praxis ihrer Berufe. Sie wissen , dass jene, die anderer Ansicht sind, mindestens im Unrecht sind, wenn nicht gar böse. Es ist zweifellos bei fast jedem Thema überaus sündhaft für amerikanische Senatoren, ihre Meinung zu ändern. Sie verstehen einfach nicht, wieso jemand nicht die Wahrheit sehen kann, wenn man sie ihm vor Augen führt, oder dass jemand nicht
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