Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
werfen und auf einer Liste notieren, was geschieht: KKZZZKK und so weiter. Schön. Aber dann behaupten Sie, jede mögliche Folge geschehe »irgendwo« und dass auch KKKKKKK (immer Kopf) und ZZZZZZZ (immer Zahl) ebenfalls geschähen, ebenso wie jede andere mögliche Kombination. Nur … dass sie nicht in diesem, sondern in einem anderen Universum geschähen. Sie stecken in dem Universum fest, in dem KKZZZKK geworfen wird, aber irgendwo anders sind die Möglichkeiten »immer Kopf« und »immer Zahl« wahr geworden. Die Zeitungen müssen voll davon gewesen sein, nicht wahr? Oder sind das vielleicht Universen, in denen am laufenden Band Unwahrscheinliches stattfindet?
Das ist die Welt von Schrödingers Katze, die gleichzeitig lebendig und tot ist, bis jemand nachsieht. Ponder Stibbons hat in Kapitel 1 darauf angespielt. Nun ja, es ist die Welt von Schrödingers Katze im Sinn der Quantenphysiker, aber nicht im Sinn Schrödingers, der eine Katze verwendete, weil Katzen nicht so sind. Aber Elektronen sind so, also betrachten Quantenphysiker eine Katze als eine Art Super-Elektron. Es gibt jedoch eine andere Sichtweise: dass es tatsächlich KKZZZKK war, was geschehen ist, und dass die anderen Möglichkeiten – andere Menschen, deren Samenzellen es nicht schafften, andere Geschichtsverläufe, in denen Morris kein großer Naturforscher geworden wäre – nicht wirklich eingetroffen sind. Nirgends.
Nun ist in einem gewissen Sinn das klassische Universum eine Überlagerung aller denkbaren Quantenzustände, und ebendas versuchen die Quantenphysiker so eifrig zu erklären. Aber aus all den Quanten-Alternativen entsteht nur ein klassisches Universum, und darum ist eine Katze kein Super-Elektron. Feynman hat das in QED erklärt und dabei Lichtstrahlen als Beispiel genommen. Das klassische (also nicht quantenmechanische) Reflexionsgesetz sagt uns: Wenn ein Lichtstrahl auf einen Spiegel trifft, ist der Einfallswinkel gleich dem Ausfallswinkel. Das heißt, der Strahl wird in demselben Winkel zurückgeworfen, in dem er auf den Spiegel trifft. In der klassischen Welt gibt es nur ein Ergebnis, bestimmt durch dieses einfache geometrische Gesetz. In der Quantenwelt gibt es keinen Lichtstrahl; vielmehr gibt es eine Quantenüberlagerung von wellenartigen Photonen, die in alle Richtungen gehen.
Wenn man den einfallenden Strahl in solchen Begriffen fasst, konzentrieren sich diese Photonen auf besondere Weise um den klassischen Strahl. Jedes Photon folgt seinem eigenen Weg, sogar die Orte, wo sie auf den Spiegel auftreffen, können verschieden sein, und wo sie anschließend hingehen, braucht nicht dem klassischen Gesetz von den gleichen Winkeln zu gehorchen. Wenn man aber alle Wellen, die zu allen Photonen gehören – alle möglichen Quantenzustände des Systems – mit den richtigen Wahrscheinlichkeiten aufaddiert, konzentriert sich das Ergebnis sehr eng um den klassischen reflektierten Strahl. Feynman schafft es, seine Leser von diesen technischen Einzelheiten (dem Prinzip der stationären Phase) zu überzeugen, ohne irgendwelche Berechnungen anzustellen. Brillant!
Beachten Sie, dass hier die gesamte Quantenüberlagerung aller möglichen Zustände – einschließlich verrückter Zustände, wo das Photon sich auf verschlungenen Pfaden bewegt, mehrmals auf den Spiegel trifft und dergleichen – zu einem einzigen klassischen Ergebnis führt: zu dem, welches wir beobachten. Sie führt nicht zur Überlagerung vieler verschiedener klassischer Welten, sodass etwa die traditionelle Geschichte, in der Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätte, mit jener koexistieren würde, in der er es nicht tat, und mit endlosen Variationen, bei denen alle möglichen Entscheidungen zu allen möglichen Zeiten vorkämen.
Ja, aber … Können wir die Quantenüberlagerung irgendwie zu vielen verschiedenen klassischen Szenarios auseinanderziehen, sodass sie, miteinander überlagert, dasselbe wie die Quantenüberlagerung ergeben? Jedes klassische Szenario wäre eine Überlagerung eines Teils der Quantenzustände, und wir müssten darauf achten, keinen doppelt zu verwenden, aber ist das möglich? Wenn ja, dann wäre unser Einwand gegen das Viele-Hitler-Universum unmaßgeblich.
Die vernünftigsten klassischen Variationen des Gleiche-Winkel-Szenarios umfassen klassische Wahlmöglichkeiten des Ortes, wo der einfallende Lichtstrahl auftrifft (was den Einfallswinkel bestimmt), und des Winkels, unter dem er zurückgeworfen wird (des Ausfallswinkels). Das heißt,
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