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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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Jeans glatt, zog seine dunkelblaue Wildlederjacke in Form und drückte auf die Klingel. Es hatte ihn am Morgen nicht einmal einen Gedanken gekostet, ob er im Hinblick auf die anstehende Vernehmung einer Dame aus gehobenen Kreisen von seinen üblichen Bekleidungsgewohnheiten abrücken sollte. Immerhin trug er ein Polohemd und kein T-Shirt.
    Als die Tür geöffnet wurde, stockte selbst dem sonst so unerschütterlichen Schreiner der Atem. Eine derartig schöne Frau hatte er in seinem ganzen Leben noch nie zu Gesicht bekommen.
    Schulterlange gelockte dunkle Haare, strahlende braune Augen, eine faltenfreie und reine, dezent gebräunte Haut, die vollen roten Lippen fast unmerklich mit einem leicht bräunlichen Lippenstift nachgezogen. Trotz ihrer jugendlichen Erscheinung musste sie nach seinen Erkenntnissen Mitte vierzig sein.
    Sie war klein und zierlich. Ein schlichtes, klassisch geschnittenes dunkelblaues Kleid und der unschätzbar teure Perlenschmuck verliehen ihr eine gewisse Unnahbarkeit.
    Ihr Lächeln stand dazu in diametralem Gegensatz. »Sie können nur Herr Schreiner sein. Ich bin Veronika Janssen. Hatten Sie eine gute Fahrt?«
    Er nickte und ordnete mit den Händen seinen dunklen Lockenkopf, als müsse er sein Äußeres dem seiner Gesprächspartnerin wenigstens in bescheidenem Umfang anpassen. Irgendwie spürte er eine Art Unterlegenheit. Wie immer in derartigen Situationen suchte er sein Heil in seiner Eloquenz. »Tolle Gegend hier. Die Weinberge rechts und links. Ich liebe die Naheweine, insbesondere seit auch die Spätburgunderrebe Einzug in die Keller der hiesigen Winzer gehalten hat.« Ganz langsam spürte er, wie ihm bei seiner eigenen Erzählung das Wasser im Mund zusammenlief. Er freute sich auf den Feierabend.
    Falls Veronika Janssen dies bemerkt hatte, ließ sie es ihn jedenfalls nicht fühlen. Sie lächelte und verströmte dabei eine Aura, als sei sie ihm weit entrückt. »Es ist noch ein bisschen früh für so etwas. Kommen Sie erst einmal herein.«
    Schreiner folgte ihr in einen riesengroßen rechteckigen Raum. Ein Panoramafenster gab den Blick auf eine in der Ferne liegende Bergkette des Pfälzer Waldes frei. Eine schwere braun und violett gemusterte Couchgarnitur war im Halbkreis zum Fenster aufgestellt. Die gesamte Raumausstattung verriet, dass Frau Janssen sich ausschließlich auf Designermöbel verlegte.
    Veronika Janssen setzte sich und bot Schreiner einen Platz an. Sie schob ihm einen Aschenbecher zu. »Sie dürfen rauchen.«
    Mit perplexem Gesichtsausdruck schaute Schreiner sie an und rätselte, woher sie sein Laster kannte. »Macht es Ihnen wirklich nichts aus?«
    Nachdem Veronika Janssen ihm mit einem Augenblinzeln zu verstehen gegeben hatte, dass ihr Angebot ernst gemeint war, setzte Schreiner sich im rechten Winkel zu ihr und zündete sich eine Zigarette an. Langsam gewann er seine Selbstsicherheit zurück. »Ich danke Ihnen für den raschen Termin, der Fall ist eilbedürftig.«
    Sie schlug die Beine übereinander und fuhr sich mit dem Zeigefinger über den Rücken ihrer kleinen Nase. »Sie haben mir am Telefon noch nicht viel erzählt. Worum geht es?«
    Schreiner zog tief den Rauch seiner Zigarette ein und blies ihn dann zur Decke. »Wir ermitteln wegen des Todes eines jungen Mädchens.«
    Veronika Janssen schaute ihn verwundert an. »Damit kommen Sie zu mir? Ich habe Sie so verstanden, dass wir uns über meinen früheren Ehemann Phillip Krawinckel unterhalten müssten. Ist das nicht so?«
    »Genau das ist der Grund meines Kommens. Es gab einen Kontakt zwischen Herrn Krawinckel und dem getöteten Kind. Für uns ist von Bedeutung, was für ein Mensch Ihr Ex-Mann ist, um diese Verbindung richtig bewerten zu können.«
    »Warum fragen Sie ihn nicht einfach selbst?«
    »Das haben wir bereits getan. Wie Sie sich denken können, ist es wichtig, über einen Menschen mehrere Meinungen und Werturteile zusammenzutragen, um ihn abschließend beurteilen zu können.«
    »Hat Phillip etwas mit der Tötung zu tun? Verdächtigen Sie ihn?« Schreiner hatte gerade wieder sein Selbstbewusstsein zurückgewonnen. Nun benötigte er einen Augenblick, um sich die passende Antwort auf die gestellte Frage auszudenken. Immerhin bestand die Gefahr, dass Veronika Janssen über ihren Ex-Mann nicht mehr viel aussagen würde, falls ein so ungeheurer Vorwurf im Raum stünde. »Dafür liegen zurzeit keine hinreichenden
    Anhaltspunkte vor.«
    »Das haben Sie schön gesagt. Heißt das, Sie haben noch nichts gegen ihn in

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