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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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Hand.
    »Wie lange noch, Phillip? Lass uns jetzt auf den Punkt kommen. Du spielst mit mir und hast deinen Spaß daran. Das ist hässlich. Treibe mich bitte nicht zum Äußersten. Es gibt Dinge, die ich einfach nicht ansprechen möchte, es sei denn, du zwingst mich dazu.«
    »Wo ist eigentlich Sunita? Ich wollte ihr gerne eine Freude machen und mit ihr ein paar Boutiquen abklappern.«
    »Phillip, ich bitte dich. Tu doch jetzt nicht so, als hättest du mir überhaupt nicht zugehört. Du kannst mich doch jetzt nicht im Regen stehen lassen. Zwinge mich bitte nicht, über Dinge zu reden, die wir beide lieber dem Mantel des Vergessens anvertrauen sollten.«
    »Du langweilst mich. Du würdest dir doch auch nicht dasselbe Theaterstück alle paar Monate erneut anschauen, oder? Lass uns über die schönen Dinge des Lebens plaudern. Soll ich dich für morgen Mittag zu mir nach Hause zum Essen einladen? Es kommen interessante Leute – wie eigentlich jeden Tag. Vielleicht findest du bei denen mehr Gehör. Morgen ist der 2. November, Allerseelen. Morgen haben, wenn ich mich recht erinnere, der Leiter des Palmengartens, der Präsident der Universitäts-Klinik, der Polizeipräsident von Wiesbaden und der Chef der örtlichen BMW-Niederlassung zugesagt. An die übrigen Gäste erinnere ich mich im Moment nicht. Oder? Warte. Nein, alles falsch, was ich sage! Morgen kommen die Spitzen aus dem Kulturbereich.«
    Mit den Fingern trommelte Beuchert rhythmisch auf die Tischplatte. »Du verstehst mich offenbar noch immer nicht, Phillip. Oder du willst mich nicht verstehen. Ich will keineswegs unfreundlich werden. Trotzdem muss ich mich langsam fragen, ob du dir darüber im Klaren bist, dass ein paar Worte von mir an die richtige Adresse deinem luxuriösen Leben von einer Minute auf die andere ein Ende setzen würden. Kapierst du nicht, dass mein Schweigen deine Lebensversicherung ist? Ein Hinweis von mir, und deine Rolle als allseits geachteter Wohltäter Frankfurts ist ausgespielt.«
    Krawinckel strich sich über sein graumeliertes Haar, lächelte und starrte Beuchert aus zusammengekniffenen Augen an. »Du willst mir doch nicht drohen, Wolfgang? Ich gehe zu deinen Gunsten davon aus, dass ich mich verhört habe. Wahrscheinlich haben deine permanenten Geldsorgen dich in einen Zustand geistiger Verwirrung gestürzt und du beginnst, Dinge miteinander zu verwechseln. Umgekehrt ergibt dein Lamento einen Sinn. Deine Botschaften interessieren niemand. Die nimmt keiner ernst. Wer glaubt denn schon einem Bankrotteur? Aber wenn ich, Phillip Krawinckel, etwa bei meinem morgigen Lunch meinem Freund, dem Polizeipräsidenten, einen kleinen Hinweis zu früheren Verhaltensauffälligkeiten des gescheiterten Herrn Beuchert gebe, ist das Maß voll. Dann kannst du einpacken. Komme mir ja nicht so. Dann ist es mit meiner stadtbekannten Gutmütigkeit ein für alle Mal vorbei.«
    »Himmel, leg jetzt bitte nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Schreibe es einfach meiner Aufregung zu, wenn ich ein bisschen überzogen habe. Ich habe nicht vergessen, dass wir beide unsere Schattenseiten und Probleme haben, die nicht jeder kennen muss und kennen sollte. Bitte, Phillip, ich bitte dich inständig. Drücke noch einmal ein Auge zu und vertraue mir. Du kannst dafür in allem, was du willst, mit meiner Unterstützung rechnen. Verstehst du? In allem, Phillip! Du weißt, was ich damit meine.«
    Wieder betrachtete Krawinckel seine Fingernägel. »Ich nehme dich beim Wort.«
    Zusammengesunken rutschte Beuchert auf den vorderen Rand des Sessels, langte in die Hosentasche, zog ein kariertes Stofftaschentuch hervor und wischte sich die schweißnasse Stirn ab. Mit der anderen Hand schob er ein weiteres Mal seine nach vorn gerutschte Brille zurück auf den Nasenrücken.
    Gerade als Beuchert erneut das Wort an Krawinckel richten wollte, flog die Glasschiebetür auf und Karin Beuchert stürzte mit versteinerter Miene in den Raum, gefolgt von den Polizisten Schreiner und Köhler. Sie atmete tief durch, machte eine Handbewegung, als wische sie sich Tränen von den Wangen, und schluckte mehrmals. Mit dem Daumen zeigte sie hinter sich.
    »Das sind zwei Herren von der Kriminalpolizei. Wisst Ihr, was passiert ist? Das Kind ... sie ist tot.«
    Köhler machte einen Schritt nach vorn. Seine rundlichen Wangen leuchteten in einem kräftigen Rot. »Das ist Herr Schreiner. Mein Name ist Köhler. Wir sind von der Mordkommission. Leider müssen wir Ihnen die traurige Nachricht überbringen, dass es sich

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