Das juengste Gericht
Kamellen auf?«
»Weil diese Fürsorge bis heute anhält. Ich habe dir auch in den letzten Jahren schon mehrfach aus der unternehmerischen Patsche geholfen. Beim letzten Mal habe ich Dir allerdings sehr kategorisch gesagt, dass weitere Unterstützung von mir nicht mehr zu erwarten ist. Ich war damals mit einer sehr hohen Summe eingesprungen.«
»Dafür hast du dir allerdings meinen Bungalow übereignen lassen. Das hast du vergessen zu erwähnen. Jetzt habe ich nur noch ein Wohnrecht.«
»Sei ehrlich! Das ist dir doch gleichgültig. Kaum jemand weiß davon, nicht einmal deine Frau. Hauptsache ist für dich, nie mehr in die kleine Dreizimmerwohnung zurückzumüssen, die du als Kind ertragen musstest. In diesen repräsentativen Bungalow kannst du Geschäftsfreunde einladen. Ist es nicht so, dass du ihn komplett von der damals noch in der Frankfurter Innenstadt ansässigen Nobelfirma Helberger hast ausstatten lassen?«
»Ich muss halt Eindruck machen, sonst laufen die Geschäfte nicht. Der Erfolg gab mir recht. Goldene Zeiten waren das gewesen. Ich hatte eine Kapitalanlagefirma gegründet, die am Telefon mit über tausend Kunden Warentermingeschäfte abschloss. Mit Optionsgeschäften auf steigende und fallende Kurse habe ich ein Vermögen erwirtschaftet.«
Wieder winkte Krawinckel ab. »Wo ist denn dein Vermögen geblieben? Wie ich sehr wohl weiß, hattest du von den Kundengeldern nichts an der Börse angelegt, die Kurse fingiert und Gewinne zum Anlocken von Neukunden aus den Einnahmen bezahlt. Ich habe dir auch dabei aus der Patsche geholfen, indem ich dir nach deiner Verhaftung eine Wohnung und Geld zur Erbringung einer Sicherheitsleistung zur Verfügung gestellt habe. Obwohl dir das die weitere Untersuchungshaft erspart hat, hast du es mir nicht gedankt. Vielmehr hast du mich an meinem Nerv getroffen, in meinem privaten Umfeld.«
Beuchert schwitzte und brauste auf. »Das habe ich dir bitter entgelten müssen. Somit sind wir quitt. Warum solltest du mir also nicht noch ein letztes Mal helfen? Es fällt dir nicht schwer. Die Summe bewegt sich für dich im Trinkgeldbereich.«
»Hast du keine anderen Geschäftsfreunde, die du bitten könntest? Es gibt nicht nur mich auf der Welt.«
Mit einer Geste der Verzweiflung warf Beuchert die Arme nach oben. »Mir sind keine geblieben. Ohne mein Verschulden. Daran war dieses verdammte Internet schuld. Vor dessen Eroberung der Geschäftswelt habe ich eine weitere unternehmerische Blütezeit erlebt. Nicht in dem Ausmaß, wie dies dir vergönnt war, aber doch so, dass ich einen angemessenen Lebensstandard halten konnte. Nach meiner Haftentlassung habe ich wieder klein anfangen müssen. Erst mit einem bescheidenen Gebrauchtwagenhandel auf einer gepachteten stillgelegten Tankstelle. Dann habe ich zusätzlich ein Angebot als Agent einer großen Versicherung angenommen. Schließlich habe ich aufgrund meiner vielfältigen Kontakte noch die Vermittlung von Immobilien hinzunehmen können. Eine komfortable Existenz schien gesichert.«
Krawinckel behielt eine gleichmütige Miene bei. »Woran ist deiner Meinung nach einmal mehr alles gescheitert?«
»Ich bestreite nicht, dass ich eine unternehmerische Mitverantwortung für den Fehlschlag trage. Die Einbeziehung des Internets in meine geschäftlichen Aktivitäten hatte ich anfangs verschlafen. Dafür wurde ich schwer bestraft. In den vergangenen Jahren hat sich mein Umsatz gegenüber früher nach und nach auf etwa ein Fünftel reduziert. Mein ganzer Stolz war mein Firmengebäude, der zweigeschossige Flachbau an der Hanauer Landstraße, dem früheren Hauptgewerbegebiet Frankfurts im Osten der Stadt. Ich hatte es auf meinem wirtschaftlichen Höhepunkt in luxuriöser Bauweise errichten lassen. Es gehört mir längst nicht mehr, sondern ist jetzt genauso wie der Bungalow dein Eigentum, Phillip. Ich bin nur noch dein Mieter.«
»Immerhin habe ich dir die immensen Mietschulden, die inzwischen aufgelaufen waren, bislang gestundet. Von den ungetilgten Krediten gar nicht zu reden. Sobald ich sie fällig stelle, bist du am Ende.«
Beuchert rückte sich die Krawatte zurecht. Er löste die Faust seiner verschwitzten Hand von der Sessellehne und wischte sie am Stoff seiner Anzugshose trocken. Es gab keine Alternative. Er musste weiter auf Phillip einwirken. Außerdem wusste er ein paar Dinge über ihn, die dem ehrenwerten Herrn das gesellschaftliche Genick brechen konnten, wenn sie bekannt würden. Bei Lichte besehen hatte er ihn in der
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