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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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entgegen. Der Sinn der Malereien, wenn es denn überhaupt einen solchen gab, erschloss sich ihm nicht. Er befasste sich nicht näher damit, weil er die Motive für die Wiedergabe von Erinnerungen aus der Zeit hielt, als Sunita in Indien gelebt hatte. Oder vielleicht auch von ihrem neuen Lebensabschnitt in Deutschland? Jedenfalls fehlte die Zeit für eine genaue Sichtung und Bewertung.
    »Hat Sunita diese Bilder gemalt?«, fragte Schreiner.
    Karin Beuchert nickte. »In der Schule war Kunst ihr Lieblingsfach. In ihrer Freizeit zeichnete sie regelmäßig.«
    Schreiner tauschte einen Blick mit Köhler. Er blätterte erneut oberflächlich in den Klarsichthüllen und Bildmappen, bevor er sich wieder an Karin Beuchert wandte. »Dürfen wir uns diese Malereien zur Durchsicht mitnehmen? Manchmal finden sich in Bildern oder Tagebüchern Hinweise, die sonst verborgen blieben.«
    »Nehmen Sie, was Sie für Ihre Arbeit brauchen. Wir wollen helfen.«
    »Wie kam es eigentlich, dass Sunita heute Morgen in der Stadt war? Musste sie nicht zur Schule?«, fragte Köhler.
    »Sie hatte heute schulfrei. Den Grund kann ich Ihnen nicht nennen. Falls er für Sie wichtig sein sollte, müssten Sie in der Schule nachforschen. Sie wollte die Gelegenheit nutzen, um einen Stadtbummel zu machen. Sunita hat eine Schwäche für schicke Kleidung ... gehabt. Mein Mann hat sie mit dem Auto in der Stadt abgesetzt, weil er dort ebenfalls irgendetwas erledigen wollte.«
    »Auf welche Schule ging Sunita?«, fragte Köhler.
    »Auf die Internationale Schule Frankfurt in Sindlingen.«
    »Okay«, sagte Schreiner. »Sagen Sie, haben Sie vielleicht einen
    Tatverdacht?«
    »Es gab nicht einmal Auseinandersetzungen mit Mitschülern. Sie hatte nicht eben viele Kontakte zu anderen Kindern, weil sie sehr verschlossen und still gewesen ist. Sie hat sich nahezu ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, hat sich überwiegend alleine in ihrem Zimmer aufgehalten. Eine starke Nähe hatte sie nur zu ihrer jüngeren Schwester. In der Schule war sie trotz ihrer Zurückhaltung beliebt. Die Klassenlehrerin hat immer ihre soziale Kompetenz gelobt.«
    »Vielen Dank! Entschuldigen Sie bitte noch einmal, dass wir Sie in der jetzigen Situation gleich mit unseren Fragen behelligt haben. Falls Ihnen noch etwas Wichtiges einfallen sollte, rufen Sie mich bitte an«, sagte Köhler und reichte ihr seine Visitenkarte.
    Als sie das Haus verlassen hatten und wieder in ihrem Auto saßen, zupfte Schreiner seinen Kollegen Köhler am Ärmel. »Hast du auch gehört, was das junge Mädchen gesagt hat? Die weiß etwas, da bin ich mir sicher. Die Übrigen haben nur so getan, als hätten sie die Bemerkung der kleinen Rupa nicht verstanden. Da kam plötzlich eine mit Händen zu greifende Verlegenheit auf. Ich sage dir, dass in dieser Runde etwas nicht stimmt. Die haben Dreck am Stecken, alle. Ich kann nur noch nicht genau sagen, wie sich dieser Schmutz auf die Beteiligten verteilt.«
    »Das sehe ich genauso. Ist dir klar, wer der graumelierte Typ war, der dauernd seine lackierten Fingernägel betrachtet hat?«
    »Natürlich! Phillip Krawinckel, Wohltäter der Menschheit. Zufällig steinreich mit unglaublichen Beziehungen zu allen, die über Macht und Geld verfügen.«
    »Das macht uns die Sache nicht leichter.«
    »Aber spannender!«

5. Kapitel
    »Parken Sie bitte Ihr Fahrzeug seitlich der Auffahrt auf den dafür vorgesehenen Freiflächen. Herr Krawinckel reagiert ungehalten, wenn der Eingangsbereich belegt ist, zumal er um 16:00 Uhr noch einen Gast erwartet«, rief Kellermann dem fast zwei Meter großen Mann zu, der eben mit einer Vollbremsung seinen fliederfarbenen Oldtimer vom Typ Jaguar E unmittelbar am Treppenaufgang zu der Bad Homburger Villa abgestellt hatte und ausgestiegen war.
    Rainer Wegmann schaute auf seine am linken Armgelenk baumelnde Rolex-Uhr. Es war genau 15:45 Uhr. »Ich will nicht, dass Sie Ärger mit diesem Pedanten bekommen. Man sollte ihm aber mal klarmachen, dass er alleine auf der Auffahrt ein ganzes Parkhaus unterbringen könnte.«
    Er schob seinen vom täglichen Bodybuilding gestählten Körper auf den bis zum Anschlag zurückgeschobenen Fahrersitz, startete mit Vollgas und parkte den PKW wenige Meter weiter. Anschließend sprang er aus dem Fahrzeug und schlenderte mit wiegenden Schritten auf Kellermann zu. Trotz des regnerischen Wetters trug er eine weiße Tuchhose und weiße Slipper. Das seidene Hemd war bis unterhalb der Brust geöffnet und zeigte einen

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