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Das juengste Gericht

Das juengste Gericht

Titel: Das juengste Gericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Scheu
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nichts vorgefunden habe. Was soll man anderes tun, als Bier zu trinken, wenn man mit einer Schlampe verheiratet ist, die den ganzen Tag im Bett herumliegt. Ich plage mich den ganzen Tag, damit der Lebensunterhalt gesichert ist. Und was machst du? Du ruhst dich auf deiner großbürgerlichen Herkunft aus und stopfst dich mit Süßigkeiten voll. Was übrigens seine deutlichen Spuren bei dir hinterlässt.«
    »Glaubst du, deine Sauferei hätte sich noch nicht auf dein Äußeres ausgewirkt? Schau dich doch im Spiegel an. Du bist ein aufgedunsener Mops, der ständig schwitzt. Warum soll ich dir Essen kochen? Du bist dick genug. Geh in die Kneipe, wenn du Hunger hast. Alles, was du anpackst, geht über kurz oder lang schief. Dir fehlt die Kultur. Das ist es. Deine schlichte Herkunft schlägt immer wieder durch. Du wirst übel enden. Materiell abgebrannt und in der Psychiatrie. Oder wo man sonst die Säufer verwahrt, die alles durchgebracht haben.«
    »Wenn man dich nur anschaut, fällt unschwer auf, dass es dir gut geht. Und wovon? Von meinem Geld. Bisher habe ich während unserer Ehe ohne Unterbrechung so viel herangeschafft, dass du dich körperlich nahezu verdoppeln konntest. Daran siehst du, welch dummes Zeug du redest.«
    »Gut, dass wir Gütertrennung haben. Wie du sehr wohl weißt, bin ich in der Lage, mich selbst zu ernähren. Besser, als du es je könntest. Du ärgerst dich nur, weil ich dich nicht an mein Geld lasse. Du würdest es genauso verschleudern wie alles bisher. Da kannst du lange warten, bis du von mir etwas bekommst. Meine verstorbenen Eltern würden mir das nie verzeihen. Außer einer Gebrauchsanweisung für unternehmerische Fehlleistungen ist nichts auf deiner Habenseite. Irgendwas stimmt da nicht.«
    Beuchert sog die Luft ein und blähte seinen Brustkorb auf.
    »Phillip schätzt meine Beratungstätigkeit. Mit meinen Empfehlungen ist er bisher gut gefahren. Sie haben ihm so große Profite eingebracht, dass er mich gelegentlich daran teilhaben lässt.«
    »Dass ich nicht lache! Phillip arbeitet im Gegensatz zu dir mit Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis. Er kann seine Interessen mit subtilen Mitteln durchsetzen, mögen sie auch nicht immer moralisch einwandfrei sein. Wen stört das schon in unserer Gesellschaft. Seine Fähigkeiten definiert niemand als Gewalt. Moral wird bei erfolgreichen Geschäftsleuten nicht hinterfragt. Er ist ein reicher Mann, weil er sein Geschäft von Grund auf beherrscht. Du dagegen wendest nur plumpe Mittel an, Betrügereien, Lügen und Drohungen. Du bist wie ein Lemming, immer geduckt, voller Angst vor dem körperlich Stärkeren. Phillip braucht keine Niete wie dich, die sich selbst in eigenen Angelegenheiten nicht helfen kann. Wenn du mir nicht sagst, was dahintersteckt, werde ich Phillip selbst fragen.«
    Panik erfasste Beuchert. »Davon rate ich ab. Es kann nur abträglich sein, wenn du die Harmonie zwischen mir und Phillip störst. Was soll an unserer Geschäftsbeziehung schon geheimnisvoll sein? Außerdem hast du übersehen, dass Phillip und ich alte Freunde sind. Warum sollte er nicht an meinen Geschäftserfahrungen interessiert sein? Gerade unternehmerische Fehlschläge können einem erfolgreichen Geschäftsmann näherbringen, welche Entscheidungen er auf keinen Fall treffen darf. Im Übrigen finde ich bemerkenswert, wie wenig nahe dir der Tod von unserem Kind Sunita zu gehen scheint. Sie ist erst wenige Stunden tot, und du hast nichts Besseres zu tun, als eine unsinnige Auseinandersetzung über Geld anzustrengen. Berührt dich denn der Tod unseres Kindes so wenig? Du hast doch Phillip ein fantastisches Beispiel deiner Schauspielkunst gegeben, als die Polizei uns den Tod von Sunita mitgeteilt hat.«
    Karin Beuchert zog die linke Augenbraue hoch und spitzte den Mund. »Was heißt hier unser Kind? Es war nicht einmal dein Kind, geschweige denn meines. Du hast es ja nicht geschafft, eigene Kinder zu zeugen. Auch auf diesem Sektor warst du nicht erfolgreich. Dass wir Sunita bei uns aufgenommen haben, war lediglich ein Akt christlicher Nächstenliebe, keineswegs eine Herzensangelegenheit. Wir haben sie aus dem Dreck gezogen. Welche Perspektive hätte sie denn in Indien gehabt. Dort gehen die Kinder ihres Alters längst unter fürchterlichsten Bedingungen für eine Hand voll Reis am Tag zwölf bis vierzehn Stunden arbeiten. Wer weiß, wozu sie sonst noch hätte herhalten müssen. So gesehen, hatte sie bei uns das Paradies auf Erden. Schön, es hat nicht lange gedauert.

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