Das juengste Gericht
die GdP, so Druck gemacht, dass sie nachgegeben haben und immerhin rund achthundert Beförderungen in unterschiedlicher Wertigkeit zur Verfügung gestellt haben.«
»Da siehst du es, Bernd. Die GdP, gegen die du grundsätzlich Stimmung machst«, sagte Köhler.
»Weil sie nur unsere Trachtengruppe, ich meine natürlich unsere uniformierten Kollegen, und nicht uns von der Kripo richtig vertreten. Die Schutzpolizisten stellen bei denen die meisten Funktionäre und sind die hauptsächlichen Beitragszahler. Deshalb halte ich es lieber mit dem BDK. Dem gehören nur Kriminalbeamte an. Die machen sich für unsere Interessen stark.«
Köhler gähnte und rieb sich über seine kräftigen Oberarme.
»Egal. Wenn ich mir die Altersund Beförderungsstruktur bei uns anschaue, werden wir noch lange warten können, bis wir in die A 12 kommen. Ich habe mich mal mit ein paar Kollegen unterhalten. Es ist fraglich, ob wir klug handeln, wenn wir bei K 11 bleiben. Vielleicht geht es in einem anderen Aufgabengebiet schneller.«
»Taktik hin, Taktik her, Günter. Mir gefällt es bei uns. Die Arbeit ist einfach interessant. Natürlich können wir alles. Zumindest glauben wir fest daran und sind zweifelsfrei echte Universaldilettanten. Aber was sollen wir beim Betrug oder Diebstahl? Ich will sowieso in Frührente, um nach Südfrankreich zu gehen. Dort habe ich mein kleines Grundstück und meinen Wohnwagen, meinen Käse und meinen Rotwein.«
Köhler schaute auf seine Armbanduhr. »Du und in Rente, Bernd? In deinem zarten Alter? Das reicht noch nicht für Rotwein. Anderes Thema! Wie machen wir jetzt weiter? Hier finde ich es nicht mehr so gemütlich.«
Schreiner presste die Innenhandflächen zusammen, hielt die Hände vor sein Gesicht und starrte einen Moment lang auf den Tisch. »Ich habe eine Idee. Wie wäre es denn, wenn wir die Klassenlehrerin von Sunita aufsuchen und sie erst einmal informell fragen, was sie so alles aus dem Umfeld von Sunita weiß? Zur Aktenarbeit in unserem Büro habe ich jetzt keinen Bock und zum Heimgehen ist es noch viel zu früh. Vielleicht hat das Mädchen in der Schule über seinen Alltag geplaudert. Es ist für die späteren förmlichen Vernehmungen auf unserer Dienststelle bestimmt nützlich, wenn wir schon dies und jenes gehört haben und Vorhalte machen können. Die Klassenlehrerin kann uns sicher einiges sagen.«
»Meinst du, sie ist jetzt zu Hause?«
»Schauen wir mal. Von den Beucherts haben wir gestern einige Telefonnummern aus dem Umfeld von Sunita bekommen. Da ist die Klassenlehrerin dabei. Wir könnten sie anrufen und fragen, ob wir kurz vorbeikommen dürfen.«
»In Ordnung. Mach das, Bernd. Ich gehe derzeit mal schnell pinkeln.«
Während Köhler aufstand und den weißen Hinweisschildern in den hinteren Bereich der Gaststätte folgte, zündete sich Schreiner wieder eine Zigarette an, die er zwischen seinen Lippen einklemmte, um die Hände frei zu haben. Er kramte in seinen Taschen und fand einen schwarz eingebundenen Terminplaner. Beim Öffnen fielen ihm mehrere lose Zettel entgegen, die mit Notizen und Zahlen voll gekritzelt waren. Endlich fand er, was er gesucht hatte. Er griff an den Gürtel, zog sein Mobiltelefon aus der Haltetasche, klappte den Schutzdeckel für die Tastatur auf und wählte.
Als habe seine Gesprächspartnerin neben ihrem Telefon gestanden und auf einen Anruf gewartet, meldete sich schon nach dem zweiten Klingeln eine rauchige Stimme. »Raasch.«
»Hier ist Schreiner von der Kriminalpolizei. Guten Tag, Frau Raasch. Sie haben sicher schon von dem schrecklichen Ereignis gehört, das sich gestern auf der Zeil zugetragen hat, oder?«
»Meinen Sie die Sache mit dem jungen Mädchen? Um Himmels willen, ja! Das geht alle halbe Stunde durch das Radio. Wieso sprechen Sie mich darauf an? Habe ich etwas damit zu tun?«
Köhler war zwischenzeitlich zurückgekommen und hatte sich wortlos neben Schreiner gesetzt. Der wechselte das Handy von der linken in die rechte Hand. »Bei dem Opfer handelt es sich um ein Mädchen aus Ihrer Klasse. Deshalb ist uns an ein paar Auskünften von Ihnen gelegen, die uns eventuell weiterhelfen könnten.«
»Um Gottes willen! Wie heißt denn das Kind?«
»Sunita, Sunita Beuchert.«
Frau Raasch schluchzte mehrmals. Nach einer längeren Pause räusperte sie sich. »Entsetzlich! Ich bin erschüttert. Das arme Kind.« Sie hüstelte, um das Krächzen in ihrer Stimme loszuwerden. »Was wollen Sie ausgerechnet von mir wissen. Ich weiß doch gar nichts über
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