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Das Kabinett der Wunder

Titel: Das Kabinett der Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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Schnee essen, schauderte sie nur. Doch ein paar Sunden später kratzte sie in der Dunkelheit Schnee zusammen und zwang sich, etwas davon zu schlucken.
    Schließlich, während der kältesten Stunden der Nacht, als der letzte Rest Wärme des Vortags aus der Erde gesaugt war, schlief Petra mit dem Kopf auf Boschenas Mähne ein. Das Pferd trottete weiter.
    Dann hörte Petra etwas. Etwas, das über den Schnee dahinjagte. Sie hob den Kopf. Sie waren an eine Lichtung gekommen. Mondlicht sickerte durch die kahlen Bäume, und Petra sah, wie ein geschmeidiger brauner Fuchs sich seinen Weg durch den Schnee suchte. Als sie genauer hinsah, wandte der Fuchs den Kopf und blickte zurück. Seine braunen Augen waren auf ihre gerichtet und er wurde
größer. Der Fuchs stellte sich auf die Hinterpfoten und streckte sich zu einer großen menschlichen Gestalt mit langem Bart. Es war John Dee.
    Ich träume , sagte sich Petra.
    Das tust du, stimmte ihr Dee zu. Ich bin gekommen, um dir zum Geburtstag zu gratulieren.
    Petra war erstaunt. Was?
    Das ist die Stunde, in der du geboren worden bist, in einer Novembernacht vor dreizehn Jahren. Oder stimmt das nicht?
    Petra überlegte und kam zu dem Schluss, dass sie tatsächlich Geburtstag hatte. Sie hatte überhaupt nicht daran gedacht. In den letzten paar Monaten war alles andere sonst wichtiger gewesen. Sie zitterte in ihren steif gefrorenen Kleidern und lachte. Dann hatte sie eben Geburtstag.
    Du und dein Bundesgenosse, ihr habt gut gearbeitet. Bewundernswert gut. Ich muss gestehen, ich bin von deinen Fähigkeiten beeindruckt, meine Liebe.
    Sie sah ihn nicht an.Vielleicht würde er fortgehen, wenn sie ihn nicht beachtete.
    Die Staro-Uhr hat immer noch Macht , fuhr Dee fort. Die Macht von Schönheit und Zeit. Aber sie kann nun niemandem mehr Schaden zufügen. Der Prinz wird bestimmt einige andere Leute suchen, um seine politische Macht zu steigern, doch die Uhr deines Vaters kann dank dir nicht mehr zu seinem Werkzeug werden.
    Seine Worte waren schmeichelnd, ölig. Das reizte Petra.
    Mir danken! , schrie sie. Ihr sprecht, als hätte ich die Wahl gehabt. Ihr habt meine Familie bedroht! Ihr habt mich dazu getrieben,
das zu tun! Und... und... , stotterte sie und fragte sich, wie sie hier gelandet war (wo auch immer »hier« sein mochte), allein auf einem gestohlenen Pferd und gefangen in einem Albtraum, der Wirklichkeit war. Ihre Stimme wurde lauter. Und ich bin erst zwölf Jahre alt!
    Dreizehn , erinnerte er sie.
    Sie war wütend.
    Petra, glaubst du wirklich, dass ich dir oder deiner Familie etwas angetan hätte? Ich bin doch kein Ungeheuer. Dir hat schlicht der notwendige Antrieb gefehlt. Eine gute Drohung reicht weit. Denk daran, was die geheimen Kräfte der Uhr hätten anrichten können. Ist die Welt ohne sie nicht besser dran?
    Petra dachte an Susana und konnte es nicht abstreiten. Doch sie weigerte sich zuzustimmen.
    Weil du dich an unsere Abmachung gehalten hast , sprach Dee weiter, und weil dein Geburtstag ist, habe ich überlegt, dir ein Geschenk anzubieten. Du kannst mich um etwas bitten: um einen Gefallen.
    Wie wäre es damit: Ich möchte, das Ihr aus meinem Kopf verschwindet.
    Ach nein, wirklich? Dee kicherte. Das willst du doch gar nicht. Das würde nicht gehen. Du musst es mir glauben, wenn ich sage, dass ich deine Forderung nur ausschlage, weil ich den ernsthaften Wunsch habe, deine wirklichen Interessen zu schützen.
    Sehr komisch, ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass Ihr Euch um meine wirklichen Interessen geschert habt.
    Ich werde nicht, wie du es genannt hast, aus deinem Kopf »verschwinden«. Doch wenn es für dich eine Beruhigung ist: Ich verlasse dein Land. Mein Ziel in Böhmen war es, die Bedrohung
durch die Uhr zu beseitigen. Jetzt kann ich nach Hause gehen. Wie du.
    Ihr seid nicht wie ich.
    Lass uns doch so verbleiben, Petra. Du denkst darüber nach, um welchen Gefallen du mich am liebsten bitten würdest. Ich werde ihn erfüllen, wann immer du mich danach fragst.
    Petra stieß einen angeekelten Seufzer aus. Es sah ganz so aus, als würde sie noch für einige Zeit an Dee haften. Sie blickte in den klaren Nachthimmel, an dem die Sterne funkelten. Sagt mir eines.
    Ist das das Geschenk, das du einforderst?
    Nein, das hebe ich mir für später auf.
    Kluges Mädchen.
    Es ist einfach nur eine Frage. Ihr könnt sie beantworten oder nicht, das ist mir egal. Ich habe über etwas nachgedacht, was mein Vater gesagt hat.
    Aha?
    Petra wusste, dass sie seine Neugier angestachelt

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