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Das Kabinett der Wunder

Titel: Das Kabinett der Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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sich oben in den Tannen verfangen hatte. »Die blanke Erde ist hart gefroren«, erklärte er. »Die Pferdehufe reißen sie nicht so scheußlich auf und wir bleiben vom Schnee weg. Dadurch hinterlassen wir keine Spur.«
    Nach rund einer halben Stunde hielten sie an und stiegen ab.Von hier aus würde Neel weiter zu Fuß zum Lager der Lowari gehen und Petra würde sich auf den Heimweg nach Okno machen. Es war nun schon ziemlich dunkel geworden. Bald würde es stockfinster sein und sie müsste allein reiten. Sie zitterte.
    Mach dir keine Sorgen, Petra , sagte Astrophil. Ich bin bei dir.
    Sie fühlte sich getröstet.
    »Bittest du Sadi, dass sie mir verzeiht?«, fragte sie Neel.
    »Oh, ich glaube, das wird sie, wenn sie erst mal sieht,
was ich nach Hause gebracht hab. Die neuen Pferde bringen uns im Nu nach Spanien. Das ist bis jetzt meine beste Beute.« Er grinste. »Ich kann es kaum erwarten, Emils Gesicht zu sehen.«
    Etwas verlegen schüttelten sie sich die Hände. »Also, das war’s dann wohl, denke ich«, sagte Petra. Es fiel ihr schwer, sich vorzustellen, dass sie Neel wahrscheinlich nie wieder sehen würde. Es war noch schwerer, dass sie nicht wusste, wie sie Lebewohl sagen sollte.
    Neel grub in seinen Taschen. »Weißt du, ich war ziemlich sicher, dass wir heute Abend den Fußboden von einem Gefängnis anwärmen würden. Aber ich hab mir gesagt, vielleicht, ganz vielleicht geht alles gut. Und wenn es das täte, wollte ich dir das geben.«
    Es war ein Halsband aus Lederschnur. Und daran hing ein eisernes Miniaturhufeisen.
    Petra nahm es und drehte das Hufeisen rum. Da waren Worte eingraviert, die sie nicht verstand. Und in der Mitte stand ihr Name oder jedenfalls etwas, das ihm sehr nahe kam: Petali Kronos .
    »Gefällt es dir? Natürlich hab ich das nicht selbst schreiben können. Hab jemand anderen fragen müssen. Aber es heißt, dass du eine Freundin von unserem Stamm bist. Eigentlich...« Er unterbrach sich und schien über etwas nachzudenken. »Es bedeutet mehr als das. Es gibt da etwas, das du von mir nicht weißt. Sadi ist nicht wirklich meine Schwester.« Er erzählte Petra, wie er als Baby adoptiert worden war, und Petra tat so, als würde sie das zum ersten Mal hören. »Und deshalb glaube ich«, kam Neel zum
Ende seiner Geschichte, »dass eine Familie das ist, was du zu ihr machst. Und dieses Hufeisen macht dich zu einem Teil meiner Familie. Wenn du Hilfe brauchst oder mich finden musst, zeige es einfach einem Rom.«
    »Warum«, begann sie und brach dann wieder ab. Es fiel ihr schwer zu sprechen. »Warum ein Hufeisen?« Das Hufeisen bringt sich selber Glück , dachte sie.
    »Weil das du bist, verstehst du?«
    Petra verstand nicht.
    » Petali heißt ›Hufeisen‹.«
    »Aber... aber du hast mir doch gesagt, es bedeutet ›glücklich‹.«
    »Ist dasselbe. Ein Wort, zwei Bedeutungen.Wir sagen Petali , wenn wir ein Hufeisen meinen und wenn wir von Glück sprechen. Glaubt ihr Gadsche nicht, dass Hufeisen Glück bringen?«
    »Doch, glauben wir auch.« Petra wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Sie wusste nicht, wie sie über die Vorhersage ihrer Mutter denken sollte und dass sie in gewisser Weise eingetroffen war. Sie legte das Halsband um. »Das ist das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe.«
    »Abgesehen von mir?«, wandte Astrophil ein.
    »Also, außer Astro.« Petra lachte. »Danke, Neel. Ohne dich hätte ich nichts von alledem machen können.«
    »Ich weiß.« Er lächelte. »Aber ich schätze mal, ich muss dasselbe von dir sagen. Jedenfalls hasse ich dieses Auf-Wiedersehen-Sagen. Ich glaube nicht dran. Deshalb sag ich nur: ›Bis dann, Petali‹.«
    »Bis dann, Neel.«

    Petra hatte den Kopf auf Boschenas struppigen Hals gelegt und zitterte. Sie fühlte sich erbärmlich. Nachdem die Aufregung über die Flucht aus der Burg abgeklungen war, wurde ihr klar, dass sie weder etwas zu essen noch Wasser dabeihatte. Ihr leerer Magen war wie betäubt. Sie hatte keine Vorstellung davon, wohin sie ritt. Ihre nassen Kleider waren an ihrem Rücken festgefroren. Sie nieste. Sie hatte versucht, Boschena so zu leiten, dass sie auf dem blanken Boden blieb und Spuren im Schnee vermied, wie das Neel getan hatte. Doch nach einigen Stunden war sie zu müde, zu kalt und zu hungrig, um sich darum noch zu kümmern. Sie ließ Boschena einfach so weiterlaufen, wie sie wollte, und hoffte, dass Jarek recht hatte, als er sagte, das Pferd wüsste den Weg nach Okno.
    Sie bekam Durst. Als Astrophil vorschlug, sie sollte

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