Das Kabinett der Wunder
unterbrach sie nur einmal, um zu fragen: »Dein Vater hat die Uhr am Staroplatz gemacht? Wirklich? Vor rund einem Monat ist ihre Enthüllung in Prag gefeiert worden. Sie ist die unglaublichste Sache, die ich je gesehen hab! Und die Leute waren wie versteinert, da konntest du sicher sein, dass keiner auf seinen Geldbeutel geachtet hat. An dem Tag hab ich einen guten Fischzug gemacht.«
Petra erzählte ihnen fast alles, außer von der verborgenen Macht der Uhr. Sie hatte ihrem Vater versprochen, es geheim zu halten. Und Astrophil hätte wahrscheinlich einen spinnentypischen Herzanfall bekommen, wenn sie ihr Versprechen gebrochen hätte.
Sie kam zum Schluss. »Und jetzt versteht ihr vielleicht, warum ich eine Arbeit auf der Burg haben will. Ich muss herausbekommen, wie ich die Augen meines Vaters zurückbekommen kann. Sie gehören dem Prinzen nicht. Er
hat sie gestohlen. Mein Vater hat seine Arbeit geliebt und der Prinz hat ihm sein Glück geraubt.«
Sadi übersetzte ihrer Mutter alles und sagte dann: »Mach dir keine Gedanken, Petra. Ich bin sicher, dass ich eine Arbeit für dich finde. Die Burg beschäftigt Hunderte von Leuten. Und der oberste Haushofmeister sucht ständig nach jemandem, der diese oder jene Arbeit übernehmen kann. Die halten dort viel von mir. Ich stelle dich dem Haushofmeister vor.«
Dann stellte Damara eine Frage. Sadi sagte: »Meine Mutter meint, du riskierst dein Leben, wenn du nach den Augen deines Vaters suchst. Sie fragt sich, ob es deinem Vater nicht vielleicht lieber wäre, blind zu bleiben.«
»Mein Vater hat alles für mich getan. Jetzt bin ich an der Reihe, etwas für ihn zu tun.«
Nachdem Damara Sadi zugehört hatte, runzelte sie die Stirn. Und dann sagte sie langsam, wie jemand, der seine Worte genau überlegt, dass sie verstünde, wie Petra empfand, doch sie könne nicht glauben, dass Petras Vater ihr zustimmen würde.
»Warum nicht?«, erwiderte Petra. »Neel könnte dafür gehenkt werden, dass er Taschen ausplündert, aber du lässt es zu, damit er Geld heimbringt.Warum ist das was anderes?«
Neel kratzte sich am Kopf. »Huch, Sadi, vielleicht ist es besser, wenn du das nicht ins Romani übersetzt.«
Sadi blickte Petra an, die nur meinte: »Sag’s ihr.« Sadi zuckte mit den Schultern und übersetzte.
Damaras schwarze Augen blitzten auf und sie sagte wütend etwas, während sie Neel anfunkelte.
»Sie meint, dass eine Waldfee Neel wahrscheinlich den Verstand aus den Ohren gesaugt hat, als er noch ein Baby war, denn sie hat ihm sicherlich nicht beigebracht, so blöd zu sein.« Neel verdrehte die Augen. »Komm schon, Neel, sie hat recht. Du denkst vielleicht, Stehlen sei ein Spiel, aber …«
»Denk ich nicht!« Wir brauchen das Geld! Sag mir bloß nicht, wir würden das Geld nicht brauchen!«
Sadi setzte an, etwas zu erwidern, doch Damara unterbrach das Gespräch, diesmal mit sanfterer Stimme. Ihre Kinder schwiegen. Dann übersetzte Sadi: »Mam sagt, sie weiß, dass Neel versucht zu helfen. Und dass es nichts gibt, was sie tun kann, damit er damit aufhört.«
»Verflucht richtig«, murmelte er.
»Sie hat immer darauf vertraut, dass er nicht geschnappt wird. Seine Geisterfinger machen das unmöglich. Oder zumindest haben wir gedacht, es wäre unmöglich. Aber sie weist darauf hin, dass du, Petra, nicht die Gabe von Daniors Fingern hast.Wie kannst du hoffen, dein Ziel zu erreichen?«
Plötzlich kam Petra ein Gedanke. »Und wenn mir Neel helfen würde? Wenn der Prinz die Augen meines Vaters für nicht so wertvoll hält, bewahrt er sie irgendwo auf, wo sie leicht zu stehlen sein müssten, und das kann ich allein machen. Aber er hätte sich nicht die Mühe gemacht, sie sich zu nehmen, wenn er nicht glauben würde, sie wären etwas ganz Besonderes. Also bewahrt er sie wahrscheinlich an einem Ort auf, wo es schwer ist einzubrechen. Und wenn das so ist, dann hat er sie bestimmt mit anderen wertvollen
Sachen zusammen eingeschlossen. Wenn Neel mir hilft, könnte er ein paar von den Dingen nehmen und verkaufen. Dann hättet ihr genug Geld, um euch Pferde zu kaufen.«
Ihr Vorschlag stieß erst einmal auf Schweigen. Astrophil starrte sie mit ungläubigen grünen Augen an.
Sadi verschränkte die Arme. »Das übersetze ich nicht.«
»Wenn du nicht willst, dann mach ich das!« Neel fing aufgeregt an, auf seine Mutter in Romani einzureden. Sie hob die Augen zur Decke, als wollte sie die um Hilfe bitten. Dann rief sie etwas, von dem Petra fast gewettet hätte, dass es etwas bedeutete
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