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Das Kabinett der Wunder

Titel: Das Kabinett der Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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ist sowohl ein Mineral als auch ein Gift. Mikal Kronos pflegte seine Tochter nach vielen verschiedenen Arten von Mineralien zu befragen, nicht nur nach den üblichen Metallen. Petra beschloss, aus ihrem Wissen Nutzen zu ziehen.
    »Also, ich habe gehört«, sagte sie ganz locker, während sie weiter in einer weinroten Mixtur rührte, »dass Heliodor Flüssigkeiten glitzern lässt, wenn er in der richtigen Weise beigefügt wird.«
    Iris schwieg.
    »Wir haben nicht besonders viele Mineralien zur Hand«, fuhr Petra fort. »Bei unseren Vorräten habe ich kein Jordanit gesehen oder Hermatit, Dravit, Xenotin...«
    »Wir können hier nicht jeden Steinbrocken vorrätig haben, der aus der Erde gekratzt wird. An manche von diesen Dingen ist nur sehr schwer ranzukommen und ihre Brauchbarkeit ist beileibe nicht erwiesen.«
    Petra zündete ein Feuer unter der Schale mit rotbraunem Färbemittel an. Nachdenklich rührte sie darin herum. Dann sagte sie: »Also wenn du es nicht versuchen willst...«
    »Ich will meine Zeit nicht verschwenden.«

    Die backsteinfarbene Flüssigkeit wurde dicklich. Iris spähte in die Schale. »Gib etwas Kalk dazu.«
    Petra schüttete einen Löffel von dem weißen Pulver hinein und sagte: »Wir könnten ja vorher etwas nachforschen, oder? Gibt es in der Burg keine Bibliothek?«
    Ah, die Bibliothek! , seufzte Astrophil schwärmerisch.
    Iris spitzte den Mund. »Also, ich denke, du solltest mir ein paar Bücher über die Besonderheiten von Mineralien aus der Bibliothek holen.Wenn wir mit dieser Ladung von Mayarot fertig sind.«
    Nachdem sie diese Arbeit beendet hatten, verließ Petra die Färberei und blieb vor der geschlossenen Tür stehen. Sie wollte Iris auf keinen Fall misstrauisch machen, und so dachte sie, es sollte so aussehen, als hätte sie gar nicht damit gerechnet, ein anderes Stockwerk der Burg betreten zu müssen. Nach gut zwei Minuten in dem düsteren Gang machte sie die Tür wieder auf und beschwerte sich: »Die Wachen lassen mich nicht durch.«
    »Ach, Mist.« Iris schnappte sich ein Blatt dickes Papier und ein Tintenfässchen. Dann schrieb sie: »Freier Zugang zum zweiten Stock.« Dann unterschrieb sie und siegelte mit dem Krumlovsiegel. Ein weißes Hermelin zierte nun das Papier.
    »Lassen die mich in der Bibliothek auch Bücher mitnehmen?«
    »Mist!« Iris schrieb noch etwas dazu.
    Petra zuckelte mit dem Blatt in der Hand zur Tür, als wäre sie nicht im Geringsten dran interessiert, in die Bibliothek zu gehen.

    »Also, jetzt beeil dich mal ein bisschen! Du bist ja langsam wie eine Schnecke!«, rief Iris, noch während Petra die Tür hinter sich zuzog.
     
     
    Im zweiten Stock war alles vollkommen anders als im ersten Stockwerk. Die Decke des Gangs war rosa-gold ausgemalt und der blaue Teppich aus Plüsch. Petra brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sich dieser Teppich in sanften Wellen kräuselte. Die Tapete auf beiden Seiten schien einfarbig blau zu sein, doch als Petra näher trat, konnte sie ein Schiff mit vielen Segeln auf der rechten Seite schwimmen sehen. Sie hörte den Schrei einer Möwe. Sie klopfte gegen den Marmor, der die Türen umrahmte. Der Stein war voller Löcher, einige davon nur wie winzige Blasen, andere waren so tief, dass Petra mit dem Finger hineinfahren konnte.
    Das ist Travertiner Marmor , informierte Astrophil sie. Die Vertiefungen stammen von Wasser.
    Viele der Türen entlang des Gangs mit der himmelblauen Tapete waren geschlossen, doch wenn sie etwas offen standen, spähte Petra im Vorbeigehen hinein. Sie sah einen Salon mit vielen Diwanen, die mit bunten Seidenstoffen bezogen waren. Sie spähte in einen riesigen Ballsaal mit Fenstern wie in einer Kathedrale. Dort wuselten viele Dienstboten durcheinander, und einige von den blaugrau gekleideten Männern und Frauen krochen auf dem Boden herum und polierten ihn, bis er glänzte.
    Bald erreichte sie eine hohe zweiflügelige Tür aus Eichenholz. Das Wort »Bibliothek« war über der Tür in großen klobigen gotischen Buchstaben eingeschnitzt.

    Da ist sie! , schrie Astrophil und hüpfte auf ihrem Ohr herum.
    Beruhige dich gefälligst!
    Quer über der Tür befand sich ein geschnitztes Bild, das einen alten Mann zeigte, der auf dem Boden saß und mit einem Stock etwas in den Staub zeichnete.Weit hinter ihm sah man Soldaten mit Schilden, die mit ihren Schwertern aufeinandereinschlugen. Und direkt hinter dem Mann stand ein muskulöser Soldat mit erhobenem Schwert.
    Worum geht es da? Petra war neugierig. Die

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