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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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Kilometern, inmitten von Schneeverwehungen und Gletscherspalten. Osama gab sein Bestes, doch der Geländewagen ließ sich schwer lenken, was an der Panzerung lag. Zweimal gerieten sie in eine Gletscherspalte und mussten den Wagen mit der Winde herausziehen. Am Abend hielten sie in einem anderen Dorf an, um dort zu übernachten, es war noch ärmlicher als das vorherige. Als der Dorfanführer hörte, wer unter den Gästen war, ergriff den Haushalt eine große Aufregung. Sämtliche Vorräte wurden gesichtet, um den Mullah gebührend bewirten zu können. Sie aßen weichgekochte Eier, aufgekochten Reis und ein Ragout aus mageren Kalbfleischstücken, die in einer Brühe schwammen. Der Dorfanführer war sehr stolz, Fleisch servieren zu können. Das Fleisch hatte einen strengen Beigeschmack, doch es zurückzuweisen hätte einen Affront bedeutet, und so würgte Osama es hinunter, zusammen mit dem übelriechenden Reis. Der unglückliche Gesichtsausdruck des verwöhnten Mullah angesichts dieses Gastmahls war beinahe komisch. Zum Abschluss gab es gezuckerte Kondensmilch aus Tetrapaks mit der amerikanischen Flagge darauf. Eines der Geschenke, welche die ISAF in den Dörfern verteilte. Osama wunderte sich, dass die Hilfsleistungen sogar bis hierher gelangten. Der Dorfanführer trank die Kondensmilch, dann trat er die Packung mit den Füßen zusammen und spuckte darauf.
    »Amerikanisch«, sagte er. »Schlecht.«
    Osama hütete sich davor, es ihm nachzutun. Zu seiner Zeit hätte kein Mudschaheddin, der etwas auf sich hielt, ein Geschenk der Russen angenommen, gegen die sie kämpften.
    Am nächsten Morgen wachten sie frühzeitig auf, gegen fünf Uhr. Osama hätte gern eine oder zwei Stunden länger geschlafen,doch der Dorfanführer wollte unbedingt zusammen mit dem berühmten Mullah Bakir vor Sonnenaufgang das erste Gebet sprechen. Draußen herrschte beißende Kälte, Osama bestand dennoch darauf, zum Brunnen zu gehen. Er zog sich bis auf die Unterhose aus und wusch sich mit kaltem Wasser, der Dorfanführer hatte ihm ein kleines Stück Seife geliehen. Nach seiner Toilette fühlte er sich besser. Er zog Unterwäsche und ein sauberes Hemd an. Bevor sie losfahren konnten, musste Nick erst Benzin unter dem Motor verbrennen, um ihn anzuwärmen. Dann setzten sie ihren gefährlichen Weg fort. Es wurde wieder Abend und wieder Nacht, wieder machten sie Rast in einem armseligen Dorf, wieder folgte ein kalter Morgen. Im Kofferraum des Geländewagens klapperten während der Fahrt die leeren Benzinkanister gegeneinander. Osama hatte ausgerechnet, dass ihnen das Benzin noch drei Tage reichte. Als sie sich am Nachmittag über einen verschneiten Pass kämpften, deutete Nick auf etwas Schwarzes am Rande der Schlucht: Ein neuer Land Cruiser mit Kabuler Nummernschild lag im Straßengraben.
    Der Wagen sah mitgenommen aus, er lag auf dem Dach, und es hatte bereits darauf geschneit. Eine der Türen stand offen, die Airbags, aus denen die Luft entwichen war, hingen schlaff herab. Die Vorderachse war völlig verbogen. Osama schaltete den Motor ab. Die Stille hüllte sie augenblicklich ein, sie wurde nur durch das Heulen des Windes unterbrochen. Kein Baum, kein Haus, kein Vogel, nichts Lebendiges weit und breit. Nur schwarze Steine, Schnee, Gletscher.
    Osama kletterte ein paar Meter in die Schlucht hinab, um den Wagen zu inspizieren. Die beiden Hinterreifen waren zerfetzt. Er strich mit dem Finger über die Karosserie, untersuchte die Felgen.
    »Jemand hat mit einem Jagdgewehr oder einer Shotgun auf sie geschossen. Die Schützen waren mindestens zu zweit, rechts und links sind Einschüsse zu sehen.«
    Mühsam kletterte er wieder hinauf, der Hang war vereist. Nick musste ihn hochziehen.
    »Jemand hat sich ihnen in den Weg gestellt«, fuhr er fort. »Mandrake muss versucht haben, daran vorbeizukommen, in dem Augenblick wurden sie von hinten beschossen. Das Fahrzeug stürzte in die Schlucht, wurde aber durch den Vorsprung dort aufgehalten. Sie hatten Glück, dass es genau an dieser Stelle zu dem Zwischenfall kam und nicht ein Stück weiter oben. Denn dann wären sie sofort drei-, vierhundert Meter hinabgestürzt.«
    »Glauben Sie, sie sind verletzt?«
    »Das Fahrzeug ist nicht so stark demoliert, wie man annehmen könnte. Und ich habe keine Blutspuren im Wageninneren bemerkt. Die Windschutzscheibe ist auch intakt. Wenn sie nicht erschlagen wurden, als man sie entdeckte, muss es ihnen gutgehen.«
    Nick blickte sich um. Im Umkreis von dreihundertsechzig Grad

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