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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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der Schweiz zu fliehen?
    ***
    Auf dem Nachhauseweg beschloss Osama, bei Katun vorbeizuschauen, um zu erfahren, wie weit die Autopsie im Fall Wali Wadi gediehen war. Da seine Frau Nachtdienst hatte, bestand keinerlei Veranlassung, bald nach Hause zurückzukehren.
    »Zum Safakhana Emergency Hospital«, wies er seinen Fahrer an.
    Dieses Krankenhaus im Stadtzentrum war spezialisiert auf die Behandlung von Attentatsopfern. Nach der letzten Schlacht um Kabul beinahe völlig zerstört, war es mittels Spenden der UNO wieder aufgebaut worden. Vor dem Gebäude herrschte das übliche Gewimmel von Familien, Händlern und Sicherheitskräften. Er schlängelte sich an einem Mann vorbei, der umringt von seinen beiden Frauen in Burka und seiner zahlreichen Kinderschar dastand, passierte die Sicherheitskontrollen, die Selbstmordattentate verhindern sollten, und machte sich auf die Suche nach Katun. Nachdem er eine Viertelstunde in den Gängen umhergeirrt war, fand er ihn schließlich in einem kleinen fensterlosen Büro im Untergeschoss. Es herrschte eisige Kälte, obwohl die Heizung voll aufgedreht war. Katun, ein kahler Mann mit buschigem Schnurrbart und listigem Blick, ließ seine Finger in höchster Geschwindigkeit auf der Tastatur seines Computers tanzen.
    »Ah, Osama,
Khosh amadid
. Ich bin gerade dabei, dein Gutachten zu schreiben.«
    »Ich wollte nicht mehr länger warten.«
    »Verstehe. Deshalb habe ich mich auch hierher zurückgezogen, ich habe nämlich keinen Rechner im Gerichtsmedizinischen Institut. Wenn du wüsstest, unter welchen Bedingungen wir dort arbeiten, es ist echt eine Schweinerei und wird immer schlimmer. Möchtest du ein Sodawasser?«
    »
Na,
lieber einen Tee.«
    Der Arzt griff zum Telefon und bestellte zwei Tee. Während sie darauf warteten, unterhielten sie sich über dies und jenes. In Afghanistan ist es unhöflich, sich gleich in eine ernsthafte Diskussion zu stürzen, und Katun war ein gebildeter Mann, der sich an die Gepflogenheiten der Gastfreundschaft hielt. Er sah zu der alten Uhr an der Wand.
    »Zeit fürs Gebet«, sagte er. »Kommst du mit? Der Gebetsraum ist gleich nebenan.«
    »Gern.«
    Als sie zurückkehrten, standen ein Teller mit Gebäck, eine verbeulte Teekanne und zwei Tassen auf dem Schreibtisch. Gierig schlang Katun das honigtriefende Gebäck hinunter, während Osama sich mit seinem Tee begnügte. Schließlich, nach etwa zehn Minuten, entschloss sich Katun, das Thema anzuschneiden, das Anlass für Osamas Besuch war.
    »Reden wir von Wali Wadi. In meinem Bericht schreibe ich, dass er an einer einzigen 9-mm-Parabellum-Patrone starb, die aus unmittelbarer Nähe abgefeuert wurde. Das Geschoss zerriss den Cortex und einen Teil des Rückenmarks, führte also sofort zum Tode, wahrscheinlich ohne Fremdreflexe. Der Einschusswinkel des Projektils stimmt mit einer Selbsttötung durch einen Linkshänder überein, der Wali Wadi war. Auf der Unterlippe findet sich eine Brandspur, außerdem eine große Menge Schießpulver in der Nase, was beweist, dass der Lauf der Pistole tief in den Mund ragte, als der Schuss losging – es sind die Abgase des Zylinderkopfs, die zu der Verbrennung geführt haben. Das Auslösen des Abzugs hat den Gaumen zertrümmert und eine Blutung hervorgerufen, es fand sich auch Blut in der Kehle.«
    »Hast du Anzeichen für einen Kampf gefunden oder einen Hinweis darauf, dass jemand anders als Wali Wadi die Waffe gehalten haben könnte?«
    »Nichts dergleichen. Aber wenn die Angreifer Handschuhe aus Seide oder Latex anhatten, werden sie keine Spuren auf der Haut hinterlassen haben.«
    »Verstehe. Du hast also nichts für mich«, stellte Osama enttäuscht fest.
    »Warte, ich bin noch nicht fertig. Ich habe Spuren von Deodorant unter den Achseln des Toten gefunden, außerdem Spuren von Alkohol auf dem Brustkorb, an den Handgelenken und am Hals. Er hat sich direkt vor seinem Tod einparfümiert, wie du dir schon dachtest. Die Analyse seines Mageninhalts erbrachte eine noch nicht verdaute Mahlzeit, bestehend aus Lammfleisch, Reis und einem Pistazienkuchen. Der Alkoholgehalt in seinem Blut betrug 0,45 Gramm pro Liter.«
    »Ist das viel?«
    »Nein, er hatte zwar etwas getrunken, aber nicht genügend, um benebelt zu sein. In jedem Fall hat er sich vor dem Selbstmord nicht betrunken, wenn es das ist, wonach du suchst.«
    »Klingt eher nach einem Gläschen zum Genießen. Hast du eine serologische Untersuchung durchgeführt?«
    »HIV negativ, Hepatitis A ebenfalls. In drei Tagen habe ich die

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