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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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überprüfte.
    »Seine Exzellenz, der gottgefällige Burhanuddin Khan Durrani, Minister und Häuptling seines Clans, möchte Sie dringend sprechen. Er erwartet Sie in seinem Büro.«
    Osama zögerte, dann erhob er sich. Der Minister war sein Vorgesetzter und ein einflussreiches Mitglied der Regierung Karzai, er hatte keine andere Wahl, als der Aufforderung Folge zu leisten.
    »Ich fahre hin«, sagte er zu Gulbudin. »Arbeite weiter an dem, worüber wir vorhin gesprochen haben.«
    Auf dem Flur rief er Babrak zu: »Komm mit. Und pack deine Kalaschnikow ein!«
    Sich ohne Begleitung zum Minister zu begeben stand außer Frage – zu leicht konnte es zu einem Hinterhalt, einer Entführung kommen. Aus ebendiesem Grund lehnte er auch höflich das Angebot der beiden Beamten ab, in ihren Wagen einzusteigen, und kletterte stattdessen in einen Dienstwagen, einen kleinen Toyota, hinter dem der übliche Pick-up als Begleitschutz geparkt hatte.
    »Was ist los?«, fragte sein Assistent besorgt. »Warum bestellt Sie der NDS zum Minister?«
    »Seine Exzellenz Burhanuddin Khan Durrani scheint meinen Koran aus Moskau erhalten zu haben …«
    »Einen russischen Koran? Was wollen Sie damit sagen?«
    Osama erzählte ihm, wie er dem NDS auf dem Flughafendie Tests zum Nachweis von Schießpulver vor der Nase weggeschnappt hatte. Babrak brach in Gelächter aus.
    »Nicht nur, dass Sie ihm eins ausgewischt haben, nein, jetzt weiß er auch, dass Sie Bescheid wissen. Warum haben Sie das Päckchen nicht einfach verschwinden lassen?«
    »Überheblichkeit«, gestand Osama ein. »Aber glaub mir, seit heute Morgen stelle ich mir unablässig vor, was für ein Gesicht er beim Auspacken macht, und das erfreut mich über die Maßen!«
    »Warum hat er den NDS eingeschaltet? Der Innenminister hat den Geheimdiensten nichts zu sagen, sie unterstehen einzig und allein dem Präsidenten.«
    »Um Druck auf mich auszuüben. Um mir zu zeigen, dass er alles kontrolliert. Diese Männer sind Paschtunen, sie müssen zu seinem Clan gehören.«
    »Glauben Sie, er kann Sie von dem Fall abziehen?«
    »Nein, das geht jetzt nicht mehr. Hier, sieh mal.«
    Er zog einen Umschlag aus der Tasche. Babrak faltete das Dokument auseinander, das darin steckte, und las es konzentriert durch.
    »Verstehe«, sagte er nachdenklich, »das ändert natürlich alles.«
    Osamas Fahrer hielt mit Höchstgeschwindigkeit auf das elegante Viertel Shair Poor zu, wo schon das kleinste Haus mehr als drei Millionen Dollar wert war. Es herrschte dichter Verkehr auf den Straßen, doch die leicht zu identifizierenden schwarzen Nummernschilder des NDS-Wagens sorgten wie durch Zauber für eine freie Bahn.
    Der kleine Konvoi passierte eine Sicherheitskontrolle und bog dann auf eine breite Straße ab, deren Durchfahrt mittels mächtiger Betonblöcke verhindert wurde. Osamas Fahrer legte den Passierschein der Polizei auf das Armaturenbrett. Fünfzig Meter weiter erreichten sie einen weiteren Checkpoint, der sehr viel beklemmender als der erste wirkte. Südamerikanerin verschlissenen Kampfanzügen bildeten zusammen mit afghanischen Soldaten eine Wache. Salvadorianer oder Nicaraguaner. Die ehemaligen Contras waren besonders beliebt als Söldner; zum einen wegen ihrer Erfahrung im Umgang mit Guerillakämpfern, zum anderen, weil sie nur geringen Sold bekamen und weil es keinen interessierte, ob sie sich töten ließen oder nicht.
    Schließlich blieb der Wagen mit den Häschern des NDS vor dem Eingang zum Wohnhaus des Ministers stehen. Ein riesiges Gebäude ohne besonderen Charme aus der Zeit der sowjetischen Besetzung, in dem einmal der Bruder des Ex-Präsidenten Nadschibullah gehaust hatte. Einer der Geheimagenten hielt Osama die Tür auf. Kurz darauf befand sich der Kommissar in einem düsteren Vorzimmer, dessen Wände stockfleckig waren. Eine schlichte Lampe ohne Schirm auf einem reichdekorierten, runden Tischchen war die einzige blasse Lichtquelle in dem viel zu hohen Raum. Sicherlich würde der Minister Osama so lange wie möglich warten lassen, um ihn zu erniedrigen. Osama kauerte sich zum Gebet hin und zog seinen Koran aus der Tasche. Zu seiner großen Überraschung blieb ihm nicht einmal Zeit, ihn aufzuschlagen: Ein Dienstbote forderte ihn auf, mitzukommen. Er folgte ihm einen langen Korridor entlang, bis er schließlich vor der Höhle des Löwen stand. Das Büro war riesig. Osama staunte über die unzähligen goldverzierten Möbel; von der Decke hing ein Lüster, dessen Glühbirnen aber nur zur Hälfte

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