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Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott

Titel: Das Kabul-Komplott - Bannel, C: Kabul-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Bannel
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Resopal, zog eine Schublade heraus und entnahm ihr einen Zettel.
    »Babrak hat zahlreiche Anrufe getätigt, bevor er wegging. Er suchte eine Kontaktperson für Sie, am Flughafen. Schließlich fand er jemanden, den Mann einer meiner Freundinnen. Er schien sich sehr zu freuen.«
    Auf dem Zettel stand nur ein Name: Muhammad Taraki. Osama steckte das Stück Papier ein.
    »Babrak war ein guter Ehemann und ein guter Vater«, sagte die Witwe, als der Kommissar sich verabschiedete. »Wir liebten uns von Herzen. Ich glaube, ich hatte ihn beinahe so weit, auf eine zweite Ehefrau zu verzichten.«
    Bei diesen Worten brach sie in Schluchzen aus. Osama verharrte einen Augenblick stumm auf der Schwelle, jedes Wort wäre fehl am Platz gewesen.
     
    Nachdem Osama eine halbe Stunde lang durch Straßen ohne Namen geirrt war, nahm er schließlich die zweite Abfahrt nach Bagram, die über die Shomali-Ebene führte. Eine sehr dicht befahrene Straße. Unvermittelt wendete er und brauste aufs Stadtzentrum zu. Einige Kilometer weiter hielt er wieder Kurs auf den Flughafen, zufrieden mit seinem Täuschungsmanöver: Niemand konnte ihm gefolgt sein. Er kreuzte und überholte Truppentransporte oder Laster mit Verpflegung der ISAF. Alle drei, vier Kilometer überwachte ein Trüppchen Elitesoldaten aus Kabul, in makelloser Uniform und mit Militärhut, den Verkehr, manchmal im Verbund mit Polizisten. Schließlich, nachdem er zwei Kontrollpunkte passiert hatte, erreichte erden Flughafen. Vor den Betonbarrieren, die Kamikaze-Fahrern Einhalt gebieten sollten, warteten verloren ein paar Taxis auf die seltenen Kunden. Etwas abseits standen einige gepanzerte Jeeps auf dem VIP-Parkplatz, in Erwartung westlicher Besucher oder Bauunternehmer, die sich einen derartigen Schutz leisten konnten. Zivilpolizisten und mit Waffen ausgerüstete Militärs streiften umher, auf der Suche nach einem Verdächtigen. Osama parkte seinen Jeep auf einem für offizielle Fahrzeuge reservierten Parkplatz, zeigte seinen Dienstausweis vor und betrat die Abfertigungshalle, die vor kurzem von den Japanern instand gesetzt worden war. Kaum Menschen, abgesehen von wenigen Reisenden und den Leuten vom Sicherheitsdienst. Kein Café, kein Geschäft. Es war sauber, ordentlich, gut organisiert – ein Modell dessen, was das neue Afghanistan dank internationaler Hilfe sein konnte.
    Osama kannte niemanden in der Dienststelle für Immigrationsangelegenheiten, als einziges Zauberwort hatte er einen Namen: Muhammad Taraki. Er fragte sich, ob dieser Mann mit dem Taraki verwandt war, der in den 1970er Jahren Anführer der Khalq gewesen war, einer der beiden kommunistischen Parteien. Nachdem er mehrere Minuten in den Gängen umhergeirrt war, stieß er endlich auf sein Namensschild. Es handelte sich um den Leiter der Reinigungsabteilung des Flughafens! Obwohl er zornig war, den weiten Weg umsonst gemacht zu haben, sprach Osama bei ihm vor. Taraki hatte ein winziges Büro, das mit säuerlich riechenden Reinigungsmitteln vollgestopft war. Durchs Fenster sah man einen deutschen Panzer und, weiter entfernt, ein zum Abflug bereites Flugzeug.
    »
Sahib
Taraki?«
    »Ja, bitte?«
    Er war ein alter Mann, der erschöpft vom Leben und seinen Qualen schien und in einem schlechtsitzenden, löchrigen
Shalwar qameez
steckte. Da es in seinem unbeheizten Büro schneidend kalt war, hatte er einen groben braunen Umhang um dieSchultern gelegt. Er sprach Paschtunisch, nicht Dari, hatte aber einen
Pakol
auf, wie ein Tadschike. Seine Aussprache war die eines gebildeten Menschen. Als er hörte, mit wem er es zu tun hatte, wurde er sehr freundlich.
    »Ich kannte Babrak nicht persönlich«, sagte er, »aber meine Frau arbeitet zusammen mit seiner auf dem Gesundheitsamt, sie sind Freundinnen, obwohl Babraks Frau Schiitin ist. Wir standen uns daher sehr nahe.«
    »Was für eine Abteilung im Gesundheitsamt ist das?«
    »Die zahnärztliche Abteilung für Frauen. Meine Frau ist Abteilungsleiterin«, fügte Taraki voller Stolz hinzu. »Babraks Frau hat unter all den Frauen dort als Einzige studiert, abgesehen von einer Zahnärztin aus Pakistan. Sie ist die Assistentin meiner Frau. Sie sind wie Mutter und Tochter.«
    In Afghanistan war die Familie ein wesentlicher Baustein des sozialen Lebens. Auf dem Land, in den kleinen Dörfern, heirateten oft Cousins und Cousinen ersten Grades einander, was die Bedeutung der Clans noch verstärkte. Freundschaften zwischen verschiedenen Clans oder Ethnien gab es nur in den Städten, dort, wo

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