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Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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marsch!«
    Elena stand auf. Entschlossenheit hatte das blanke Entsetzen aus ihrem Gesicht vertrieben. Das Eis, das wie Wasser zerschmolzen war, hatte sich in Marmor verwandelt.
    »Jawohl, Mylord«, sagte sie leise. Dann fuhr sie lautstark fort: »Also gut! Alle zurück auf ihren Posten. Sanitäter übernehmt hier!«
    Miles’ Bewunderer gingen, und er wurde auf eine Schwebebahre gelegt.
    Er betrachtete seine Beine, die vor ihm wie in weiter Ferne schwebten, als man ihn hochhob. Mit den Füßen zuerst, ja, es würde immer mit den Füßen zuerst sein. Er spürte kaum den Einstich der Spritze im Arm. Dann hörte er noch Elenas Stimme hinter sich.
    »Also los, ihr Clowns! Jetzt wird’s ernst! Wir werden diesen Kampf für Admiral Naismith gewinnen!«
    Helden! Sie wuchsen wie Unkraut um ihn herum aus dem Boden. Er war wie der Überträger einer Krankheit, die er selbst nie bekam, aber ständig verbreitete.
    »Verdammt!«, stöhnte er. »Verdammt, verdammt …« Wie eine Meditationsformel wiederholte er das Wort, bis die zweite Spritze ihn von Schmerzen, Frustration und Bewusstsein erlöste.

 
KAPITEL 17
     
    Miles wanderte in die Realität hinein und wieder heraus, so wie er als kleiner Junge durch den Kaiserlichen Palast gewandert war und alle möglichen Türen geöffnet hatte. Manche führten zu Schätzen, andere in Besenkammern, aber keine in einen vertrauten Raum. Einmal saß Tung neben ihm, als er aufwachte. Sollte der Söldner nicht in der Leitzentrale sein?
    Tung betrachtete ihn besorgt. »Weißt du, Sohn, wenn du in diesem Geschäft überleben willst, musst du lernen, deine Kräfte einzuteilen. Wir haben dich beinahe verloren.«
    Das klang wie ein guter Rat. Vielleicht sollte er ihn in Schönschrift als Plakat im Schlafzimmer aufhängen.
    Ein anderes Mal war es Elena. Wie kam sie ins Lazarett? Er hatte sie doch im Gleiter zurückgelassen. Nichts blieb am richtigen Platz.
    »Verdammt«, murmelte er verlegen. »Vorthalia dem Kühnen ist so etwas nie passiert.«
    Sie zog die Brauen hoch. »Und woher weißt du das so genau? Die Geschichten über jene Zeiten wurden alle von fahrenden Sängern und Poeten verfasst. Und jetzt versuche mal einen Reim auf ›offenes Magengeschwür‹ zu finden.«
    Miles versuchte immer noch einen Reim zu finden, als ihn die sanfte Dunkelheit wieder umfing.
    Einmal wachte er auf und war allein. Da rief er immer wieder nach Sergeant Bothari, aber der Sergeant kam nicht. Typisch, dachte er. Dauernd stolpert man über ihn, aber wenn man ihn mal wirklich braucht … Die Beruhigungsspritze beendete diese Phase des Bewusstseins, doch nicht zu Miles’ Wohl.
    Später erklärte ihm der Chirurg, dass es eine allergische Reaktion auf diese Beruhigungsspritze gewesen sei. Miles’ Großvater kam und erstickte ihn mit einem Kissen. Danach versteckte er ihn unterm Bett. Bothari, mit blutüberströmter Brust, und der Söldnerpilot, dessen Implantationsdrähte wie eine wirre Perücke aus dem Kopf hervorstanden, sahen ungerührt zu. Zuletzt kam seine Mutter und verscheuchte die grässlichen Gespenster, wie eine Bäuerin Hühner.
    »Miles«, sagte sie, »berechne ganz schnell den Wert von e bis zur letzten Dezimalstelle. Dann ist der böse Bann gebrochen. Du kannst das im Kopf ausrechnen, wenn du genug von einem Betaner in dir hast.«
    Den ganzen Tag erwartete Miles sehnsüchtig seinen Vater in dieser Parade halluzinatorischer Personen. Er hatte irgend etwas ungemein Kluges getan, was er dem Grafen unbedingt erzählen wollte. Aber er erinnerte sich nicht mehr genau, was es gewesen war. Doch der Vater erschien nicht. Miles weinte vor Enttäuschung.
    Andere Schemen kamen und gingen: Sanitäter, der Chirurg, Elena, Tung, Auson, Thorne und Arde Mayhew; aber sie waren alle nur wie Spiegelbilder. Nachdem er lange Zeit heftig geweint hatte, schlief er endlich ein.
    Als er wieder aufwachte, war das kleine private Krankenzimmer auf der Triumph hell und ganz deutlich, aber Ivan Vorpatril saß neben seinem Bett.
    »O nein!«, stöhnte Miles. »Andere Menschen haben Halluzinationen von Orgien oder Riesenzikaden – und ich? Verwandte! Verwandte kann ich auch sehen, wenn ich bei Bewusstsein bin. Es … Es ist einfach ungerecht …«
    Besorgt wandte Ivan sich an Elena, die auf dem Fußende des Bettes saß. »Der Chirurg hatte doch gesagt, das Antiserum hätte ihn wieder klar gemacht?«
    Elena stand auf und strich Miles mit den schönen, langen Fingern über die Stirn. »Miles? Kannst du mich hören?«
    »Natürlich kann

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