Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kadett

Das Kadett

Titel: Das Kadett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
von politischer Günstlingswirtschaft, gegen die du dein ganzes Leben lang gekämpft hast?« Miles seufzte. »Wenn ich auf die Art reinkommen wollte, hätte ich das tun müssen, ehe ich durch die Examen gerasselt bin. Jetzt – nein, nein!«
    »Aber du hast zu viel Talent und Energie, um untätig herumzusitzen«, wandte Lord Vorkosigan ein. »Es gibt andere Möglichkeiten des Staatsdienstes. Ich würde dir gern eine oder zwei Möglichkeiten vorschlagen. Du kannst ja in Ruhe darüber nachdenken.«
    »Ja, schieß los!«
    »Offizier oder nicht – eines Tages wirst du Graf Vorkosigan sein.« Er hob abwehrend die Hand, als Miles widersprechen wollte. »Eines Tages! Und dann wirst du auf alle Fälle einen Platz in der Regierung einnehmen immer angenommen, dass keine Revolution oder eine andere gesellschaftliche Katastrophe kommt. Du wirst den Distrikt unserer Vorfahren vertreten. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass dieser Distrikt furchtbar vernachlässigt wurde. Die Krankheit deines Großvaters in letzter Zeit ist nicht der einzige Grund. Ich hatte so viel andere Arbeit um die Ohren, und davor strebten wir beide nach militärischen Karrieren …«
    Das kannst du laut sagen, dachte Miles.
    »Ergebnis: Es gibt dort eine Menge Arbeit, die getan werden muss. Und wenn du dir ein paar Kenntnisse im juristischen Bereich aneignest …«
    »Rechtsanwalt?«, rief Miles entsetzt. »Du willst dass ich Advokat werde? Das ist ja ebenso schlimm wie Schneider!«
    »Wie bitte?«, fragte Lord Vorkosigan, der die Verbindung nicht kapierte.
    »Schon gut. Großvater hat da etwas gesagt.«
    »Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, diese Idee deinem Großvater zu unterbreiten.« Lord Vorkosigan räusperte sich. »Aber mit einigem Wissen über Grundprinzipien der Staatskunde könntest du vielleicht als Vertreter deines Großvaters im Distrikt fungieren. Schließlich besteht Regieren ja nicht nur aus Kriegführen, nicht einmal während der Zeit der Isolation war das so.«
    »Klingt, als ob du darüber schon eine ganze Weile nachgedacht hättest!« Miles war verärgert. »Hast du je tatsächlich geglaubt, dass ich es schaffen könnte, Vater?« Er sah Lord Vorkosigan fragend an. »Da ist doch noch etwas, das du mir nicht erzählt hast, Vater. Ist es deine Gesundheit oder was sonst?«
    »O nein«, versicherte ihm Lord Vorkosigan. »Allerdings kann man bei meinem Beruf nie wissen, was der nächste Tag bringt.«
    Miles war müde. Trotzdem fragte er sich, was zwischen Gregor und seinem Vater los war. Er hatte das unbehagliche Gefühl, dass man ihm nur zehn Prozent der wirklichen Geschichte mitteilte …
    Lord Vorkosigan atmete tief aus und lächelte. »Aber ich halte dich von der Ruhe ab, die du jetzt unbedingt brauchst.« Er stand auf.
    »Ich war nicht schläfrig, Sir.«
    »Kann ich noch irgend etwas für dich tun?«, fragte Lord Vorkosigan behutsam.
    »Nein, ich habe die Schmerztabletten, die sie mir im Lazarett gegeben haben. Zwei davon, und ich schwimme in Zeitlupe.« Miles bewegte die Hände wie Flossen und rollte die Augen nach oben. Lord Vorkosigan nickte und zog sich zurück. Miles lag da und versuchte sich Elenas Bild wieder zurückzurufen. Aber der kalte Luftzug politischer Realität, den sein Vater mitgebracht hatte, ließ die Wunschträume wie unzeitgemäßen Frost welken. Er schob sich auf die Füße und watschelte zum Bad, um sich eine Dosis der Zeitlupenmedizin zu holen.
    Runter mit zwei Tabletten und Wasser hinterher. In seinem Hinterkopf flüsterte eine Stimme: Nimm doch alle, dann hat alles ein Ende. Er knallte die beinahe volle Schachtel wieder aufs Regal.
    Im Spiegel blitzte in seinen Augen ein Funke auf. »Großvater hat recht: Der einzige Weg zu sterben ist im Kampf!«
    Wieder im Bett durchlebte er nochmals den Augenblick der Fehlentscheidung auf der Mauer, die in einen endlosen Sprung überging, aus dem ihn der Schlaf erlöste.

 
KAPITEL 3
     
    Im grauen Dämmerlicht wurde Miles von einem Diener geweckt, der vorsichtig seine Schulter berührte. »Lord Vorkosigan! Lord Vorkosigan!«, sagte der Mann leise.
    Miles blinzelte schlaftrunken. Seine Lider waren bleischwer vor Schlaf, als bewegte er sich unter Wasser. Wie spät war es? Und warum sprach der Idiot ihn fälschlicherweise mit dem Titel seines Vaters an? War der Kerl neu? Nein …
    Ihm wurde eiskalt, und sein Magen verkrampfte sich, als ihm die Bedeutung der Worte des Dieners richtig klar wurden. Er setzte sich auf. In seinem Kopf drehte sich alles, das Herz sank ihm

Weitere Kostenlose Bücher