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Das kalte Gift der Rache

Das kalte Gift der Rache

Titel: Das kalte Gift der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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hin, aber wenn ich mich an den Jungbäumen am Hang festhielt, konnte ich mich den Rest des Wegs hinaufziehen. Erschöpft und schwer atmend kam ich oben an und ließ den Blick in die Ferne schweifen. Ein schöner Ausblick zwar, aber es gab keine Spuren, die mich zu McKay und dessen sofortiger Verhaftung geführt hätten.
    So stand ich also auf dem Dach der Welt und lehnte mich mit dem Rücken gegen einen Baum, als ich plötzlich den Eindruck hatte, etwas zu hören. Ein fremdartiger Klang in dieser entlegenen Wildnis. Ein Kind weinte. In der Nähe. Ein leiser Ton, der im aufkommenden Wind immer wieder unterging. Mir lief es kalt den Rücken hinunter, und das lag nicht an den eisigen Temperaturen.

26
    Ich stand da und lauschte gespannt, da befiel mich eine schlimme Ahnung. Das Weinen kam nicht von der alten Jagdhütte, sondern von weiter vorne her, aus den Wäldern. Ich stapfte durch tiefen Schnee, kämpfte mich immer weiter heran, und je weiter ich mich von der Hütte entfernte, umso lauter und klagender wurde das Weinen. Hatte McKay das entführte Mädchen etwa hier draußen allein zurückgelassen? Damit es im Schnee einsam zu Tode kam? Ich erinnerte ich mich an Classons qualvolles Ende und wusste sofort, dass dieser McKay zu allem fähig war. Ich steigerte das Tempo, stapfte entschlossen voran, Hose und Stiefel voller Schnee.
    Etwa fünfzehn Meter vom Gipfel entfernt, parallel zur Hütte, sah ich eine hauchfeine Dunstsäule aus dem Boden aufsteigen. Es sah aus, als käme sie aus einer Art Riss im Felsen, aus einer unterirdischen Höhle vielleicht. Dieser Teil Missouris war von zusammenhängenden Höhlen durchlöchert wie ein Schweizer Käse, vor allem die Gegend um den See herum, dachte ich, als ich auf die Öffnung zustrebte, mein Handy herauszog und die Zentrale wählte. Kurz davor, ich stapfte noch immer durch Verwehungen, meldete sich Jacqee.
    »Jacqee, hier Claire. Hör genau zu, es ist dringend. Ich brauche Unterstützung draußen am Tatort McKay. Genau auf der anderen Seite des Hügels ist ein altes Gebäude, und ich bin mir ziemlich sicher, dass McKay sich mit dem Mädchen in einer unterirdischen Höhle verstecken –«
    Plötzlich brach ich ohne Vorwarnung ein und stürzte in ein trichterartiges, vom Schnee überdecktes Erdloch. In versuchte noch, mich irgendwo festzuhalten, und mir entglitt das Telefon, aber ich schoss einfach in die Tiefe, ehe ich nach etwa sechs Metern aufschlug. Mein linker Knöchel verdrehte sich, und unter brennenden Schmerzen spürte ich, wie etwas nachgab. Ich stöhnte auf und griff nach meinem Fuß, als plötzlich Berge von Schnee nachrutschten und mich wie in einem dunklen, eisigen Grab begruben.
    Ich konnte nicht atmen. Mich überfiel pure, gedankenlose Panik, und ich hieb verzweifelt aus, grub mit beiden Händen, bis ich mich endlich freigeschaufelt hatte. Ich atmete tief durch, und mein Herz überschlug sich fast. Um mich herum war es stockfinster, und ich ertastete mit den Händen die Umgebung. Der Boden war von Felsen bedeckt, und in dem verzweifelten Versuch, meine Beine unter der lastenden Schneeschicht hervorzuziehen, kämpfte ich mich seitlich auf einen Ellbogen gestützt hinaus in die Dunkelheit und brach schließlich erschöpft auf dem Rücken liegend zusammen. Ich war völlig verzweifelt und keuchte schwer, wusste aber, dass ich mich fassen musste, und zwar schnell. Panik konnte ich mir nicht leisten.
    Okay, klarer Kopf jetzt, reiß dich zusammen. Sowohl mein Knöchel wie meine Stirn taten höllisch weh, aber das würde ich einfach ignorieren. Es gab mein Handy, das vielleicht zusammen mit mir heruntergefallen war. Vielleicht konnte ich mich durch den Schneeberg hindurcharbeiten und es wiederfinden. Ich griff nach der am Gürtel befestigten Taschenlampe und war froh, als ich sie spürte. Ich knipste sie an und leuchtete das Umfeld ab.
    Ich befand mich tatsächlich in einer Höhle. Sie war ziemlich niedrig, nur etwa einen Meter hoch. Stehen konnte ich hier nicht, also setzte ich mich mühsam auf und zuckte zusammen, als ich meinen verletzten Fuß bewegte. Ich öffnete die Schnürsenkel und leuchtete hin. So wie es sich anfühlte, könnte ich mir was gebrochen haben, mindestens jedoch verstaucht. Ich bedeckte die Stelle mit ein wenig Schnee, wusste aber, dass ich sie irgendwie fixieren müsste, aber es gab keinen geeigneten Ersatz für eine Schiene, also blieb mir nichts anderes übrig, als die Stelle möglichst wenig zu belasten.
    Ich legte mich wieder hin, ein wenig

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