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Das kalte Gift der Rache

Das kalte Gift der Rache

Titel: Das kalte Gift der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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benommen und schwindlig von den Schmerzen. Dann hörte ich das Kind wieder schreien, ängstlich hallend und irgendwo weiter weg, aber auch unterirdisch, möglicherweise in einer angrenzenden Höhle. Ich biss die Zähne zusammen, setzte mich auf und ließ den Lichtstrahl kreisen. Schroffe Felswände ragten schattenhaft auf, voller Spinnweben und unheimlich im Schein der Taschenlampe. Der Boden war mit Gesteinsbrocken übersät, und ich bewegte den Lichtkegel langsam darüber hinweg, bis ich einen schmalen Spalt in Boden-höhe entdeckte, der sich dunkel ins Ungewisse erstreckte. Ich kroch auf allen vieren darauf zu und hörte auf das Wimmern, das genau von dort herüberhallte.
    Das musste Elizabeth sein, das vermisste Mädchen, und sie war eindeutig am anderen Ende dieses Schachts. Und das bedeutete auch, dass sich McKay mit ihr da unten befand. Aber er wusste nicht, dass ich ihm dicht auf den Fersen war, es sei denn, er hatte den Einbruch registriert, was allerdings unwahrscheinlich war. Ich leuchtete mit der Taschenlampe in die Passage. Alles war so voller Spinnweben, dass ich kaum weiter als ein paar Meter sah, aber ich hörte das kleine Mädchen nach wie vor. Es stand zu befürchten, dass da auch Spinnen waren, Einsiedlerspinnen oder Schwarze Witwen oder Gott weiß was alles, aber so wie es aussah, musste ich genau da hindurchkriechen, um an das Kind heranzukommen.
    Mir fiel die Dose Insektenspray in meiner Jacke ein. Ich nahm sie heraus und sprühte meine Jacke und die Hose gründlich damit ein. Dann zog ich die Kapuze hoch, legte einen Arm über das Gesicht und besprühte meinen Kopf. Junge, Junge, wie mir davor nun grauste. Okay, tief Luft holen, das Mittel wird die Spinnen abschrecken, sie werden wahrscheinlich alle Reißaus nehmen und denken, da kommt ihr schlimmster Feind. Sie haben mehr Angst vor dir als du vor ihnen. Genau.
    Ich richtete den Lichtstrahl in den Gang. Der Schacht war verdammt eng, gerade mal groß genug, dass ich mich durchquetschen konnte. Was, wenn ich mittendrin stecken blieb? Was, wenn es eine Sackgasse war und ich bewegungslos darin festsaß? Schon bei dem Gedanken daran bekam ich Gänsehaut, hatte aber weiterhin die verzweifelten Schreie des Kindes im Ohr. Außerdem blieb mir keine andere Wahl, es sei denn, ich blieb in diesem kalten schwarzen Loch sitzen in der Hoffnung, meine Kollegen kamen zum Tatort und beschlossen, meine Spuren durch den Schnee den Hügel hinauf zu verfolgen bis hin zur Einbruchstelle, um dort mit bloßen Händen nach mir zu graben. Und solange ich auf meine Rettung wartete, könnte McKay längst auf die Idee gekommen sein, das Mädchen zu töten, während ich am anderen Ende dieses langen spinnenverseuchten Tunnels saß, und mir alles anhören müsste. Gut möglich, dass er seine Einsiedlerspinnen und Schwarzen Witwen schon jetzt über sie herfallen lassen hatte, was vielleicht der Grund für ihr erbärmliches Weinen war. Also blieb mir nichts anderes übrig. Mein Entschluss stand fest.
    »Verdammte Scheiße aber auch, Mann«, murmelte ich und fügte noch einige weitaus schlimmere Kaliber hinzu, die ich selten in den Mund nehme, die aber hier angemessen waren. Ich nahm die Spraydose zur Hand und sprühte auf das dichte Gespinst, das den Eingang des Tunnels verhängte. Sofort rannte eine ziemlich fette Schwarze Witwe über ihr schickes Machwerk hinweg und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Na also, dachte ich, stimmt doch gleich zuversichtlich, was aber den Schauder, der mich daraufhin ergriff, auch nicht verhindern konnte. Ich stieß mit der Taschenlampe möglichst viel von dem klebrigen Zeug beiseite und kroch langsam in die enge Öffnung. Ich hörte meinen eigenen Atem, der klang, als hätte ein Marathonläufer einen Asthmaanfall. Und meine Scheißangst klang auch heraus.
    Spinnweben hingen überall herunter, so weit das Auge reichte, klebrige Fäden verfingen sich in meinem Gesicht, in der Kapuze und über der Taschenlampe, als ich mir meinen Weg bahnte. Die Spinnen nahmen aber Gott sei dank weiterhin Reißaus vor mir und meiner Lampe. Mir kam der Gedanke, dass dieser Tunnel McKays Aufzucht- und Trainingszentrum für zukünftige Spinnenattentäter sein könnte. Ich fragte mich, was er sonst noch alles züchtete, und dachte an nordafrikanische Dickschwanzskorpione. Ich zitterte sofort wieder am ganzen Körper, ehe es mir gelang, diese schreckliche Vorstellung zu bannen. Ich kam voran, wenn auch langsam, und besprühte weiterhin die vor mir auftauchenden

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