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Das kalte Gift der Rache

Das kalte Gift der Rache

Titel: Das kalte Gift der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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Vergessenheit geraten.«
    Die meisten Türen hingen schief in den Angeln. Die Fenster waren zerbrochen, und in den Räumen lagen Matratzen mit verrosteten Sprungfedern. Süßlich duftende Geißblattranken schlangen sich nach oben bis zu den offenen Dachbalken. In einem Zimmer befand sich ein großes Hornissennest, in dem es summte und brummte.
    Uriel lächelte. Er war richtig stolz auf seinen tollen neuen Freund. Er würde lernen, vom Haus seiner Großmutter durch den Wald hierher zu finden zu Gabriels geheimem Versteck. Hier in den Wäldern konnten ihm die Tyrannen von der Kirche nichts anhaben, nicht wenn Gabriel bei ihm war und ihn beschützte.

6
    Als wir den State Highway W erreicht hatten, fuhren wir nordwärts und fanden das gesamte County unter einer enormen Schneedecke vergraben. So stellte ich mir die Sahara nach einem gigantischen Sandsturm vor. Bud kam trotz der widrigen Umstände gut voran, was aber eigentlich keine Rolle spielte. Für Simon Classon war es sowieso zu spät. Sein Mörder war längst über alle Berge, was aber nicht hieß, wir würden ihn nicht kriegen.
    Die Begabtenakademie Höhlensystem befand sich nördlich von Buck Creek nahe einem kleinen Ort namens Rocky Mount, und so fuhren wir etwa zwanzig Minuten lang durch dichte Wälder über Schotterstraßen, bis wir an der Zufahrt zur Schule angekommen waren. Der massive, aus Holz gezimmerte Torbogen war kaum zu übersehen. In verkohlten schwarzen Lettern eingebrannt stand dort der pompöse Name der Schule zu lesen. Durch verschneite Bäume hindurch konnten wir rechterhand ein paar Schulgebäude im Blockhausstil mit dunkelgrünen Metalldächern erkennen, alles sehr rustikal, aber mit einem modernen Touch. Sie bildeten ein Viereck, in dessen Mitte eine kleine weiße Kirche samt Kirchturm stand. Ich hatte nicht den Eindruck, als wäre hier irgendjemand schon wach und unterwegs, jedenfalls nicht draußen auf dem Gelände.
    Ungefähr sechzig Meter weiter vorne standen ein paar braune Streifenwagen sowie ein neongrüner Abschleppwagen, auf dessen Seite in weißen Buchstaben die Aufschrift RUSHINS ABSCHLEPPSERVICE prangte. Wir hielten hinter diesem Ungetüm an und wurden von zwei Polizisten empfangen. Erleichtert stellte ich fest, dass Connie O’Hara heute offenbar nicht im Dienst war. Schwangere hatten auf eisglatten Straßen nichts verloren. Dafür hatten Pete Hancock und David Obion, zwei unserer Neuzugänge, die Frühschicht übernommen. Mit ihren gerade mal Anfang zwanzig kam ich mir neben den beiden manchmal richtig alt vor. Zwischen den Bäumen entlang der Straße hatten sie gelbes Absperrband gespannt. Von ihren Fahrzeugen aus erstreckte es sich ein gutes Stück in den Wald hinein.
    Ich fragte Hancock: »Konntet ihr schon was in Erfahrung bringen?«
    Er war dick eingepackt, ein Muskelprotz und begeisterter Gewichtheber, der in seinem voluminösen Parka aussah wie ein massig aufgetürmter Verteidiger im American Football. Er hatte intelligente dunkle Augen und einen dunklen Teint und war glatt rasiert bis auf einen buschigen Schnauzer à la Tom Selleck. Seine Wangen waren von der Kälte rot angelaufen, und er leckte sich ständig über die winterrauen Lippen.
    Obion trat auf der Stelle und rieb die behandschuhten Hände aneinander, um sie zu wärmen. Er war größer und schlanker und ein durch und durch ernsthafter Typ, stellte ständig Fragen nach der korrekten polizeilichen Vorgehensweise und hatte die Dienstvorschriften immer dabei. Ich sah von ihm lediglich sein Gesicht und die karamellbraunen Augen, die unter der eng zugezogenen Pelzkapuze hervorlugten. Das erinnerte mich daran, meine Kapuze auch aufzusetzen. Unser Atem dampfte mit jedem einzelnen Wort und schmerzte in den Lungen, wenn er zu tief ging.
    Es war unnatürlich still, da der Schnee sämtliche Geräusche verschluckte, aber irgendwo in diesen verschneiten Wäldern hing ein Angelologe kalt und tot an einem Baum. Obion zeigte mit einem behandschuhten Finger in Richtung Wald. »Die Leiche befindet sich gleich dort hinten, in dieser großen Eiche.«
    Ich fragte: »Ist sonst jemand in ihre Nähe gekommen?«
    »Nein, Ma’am, ich hab den Umkreis selbst abgesperrt. Der Schauplatz ist unversehrt.«
    Bud sagte: »Hat der Abschleppmann nachgesehen, ob das Opfer noch lebt?«
    Hancock schüttelte den Kopf. »Dass er tot war, war in dem Moment klar, als die Scheinwerfer ihn anstrahlten. Kommt und macht euch selbst ein Bild.«
    Wir folgten den beiden Polizisten über die Böschung nach

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