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Das kalte Jahr: Roman (German Edition)

Das kalte Jahr: Roman (German Edition)

Titel: Das kalte Jahr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Ehrlich
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gesperrten Gleichrichtern, von messbarer Kapazitätsverminderung nach Kondensatorendurchschlag, der Festwiderstand, lese ich, verhindert die Spannung Null im Wehneltzylinder. Es ist die Rede von überbrückten Buchsenpaaren, von einem Parabelstückchen, das durchflogen wird, vom Krümmungskreis, zeitlinearem Anstieg und schnellem Zusammenbruch, vervielfachten Kippschwingungen, Lösch- und Zündspannung und von der Entladung in Glimmlampen, vom Ladewiderstand, von Gastriode und Thyratron, Steuergittern, Kippamplituden, Verstärkerröhren mit Penthoden, die Glimmladung, heißt es an einer Stelle, ist im Grunde ein statischer Vorgang. Ich stoße auf Hochvakuumröhren, Sperrschwinger- und Mulitvibratorschaltungen, spannungsabhängige Zündzeitpunkte, die Kippfrequenz, steht da, wird am Wandern gehindert, unregelmäßige Schwingungsvorgänge aufgezeichnet, in Vorsammel- und Hauptsammelsystemen hält sich diese Fachliteratur auf, bei Quetschfüßen und Pressglastellern, Pumpstutzen, Brennflecken, Ablenkorganen, Bildschreibröhren, ich lese vom widerstrebenden Zusammentreffen in einem kleinen Raumgebiet, von Abszissen- und Ordinatenachsen, Barografen, von der radialen Ablenkrichtung auf dem Schirmrand, Polarkoodinatenoszillografen, von einem großen Aufwand, der meist entbehrlich ist, von Parallelzeilenrastern, Bildfeldzerlegung, Bariumpastekathoden, Äquipotentiallinien, Elektronenwolken, Strahlkreuzungspunkten, Raumladungsgebieten, Bildmodulationsspannung, Trapezverzeichnung, vom Stillstehen der Kurve, das Erzwungen werden muss, von der ausschließlichen Benutzung mittlerer achsennaher Zonen der Linsenfelder durch Einschalten von Begrenzungsblenden in den Strahlengang, von bequem einzustellender Fleckschärfe beim Fünfpolsystem, von Wolfram- und Steckerstiften. Beim schirmnahen Paar, lese ich, sind die Ablenkfehler gering und am Ende habe ich nichts gewonnen, finde ich und bin ehrlich zu Herrn Letterau und sage, was ich nach wie vor nicht begriffen habe, nämlich, wie die Information ins Gerät kommt. Und auch wenn ich mich damit als völlig unbrauchbar ausweise für die Arbeit in seinem Betrieb, sehe ich ihn lächeln, mit einem gewissen Stolz, denn schließlich kennt er ja die Antwort.
    Am Abend, bevor ich den Laden verlasse, um nach Hause zu gehen, erhalte ich von Letterau den Auftrag, einen Stoffbeutel, in dem sich ein reparierter Videorekorder befindet, auf dem Heimweg noch auszuliefern. Er selbst komme nicht mehr dazu, sagt er, packen Sie noch eine von den Kassetten mit rein, die Sie gestern bespielt haben, diese Leute haben jetzt sehr lange auf ihre Fernsehunterhaltung warten müssen. Er nennt mir eine Adresse, die für mich wirklich nur einen kleinen Umweg bedeutet und geht dann zurück in die Werkstatt, obwohl es schon sehr spät ist, setzt sich in einer glückselig und irgendwie auch konspirativ wirkenden Vertrautheit zwischen die Geräte, die zur erfolgreichen Behandlung bereit stehen, mit geöffneten Gehäusen, kalten Lötstellen, schwachen Spannungsverhältnissen und Fehlfarben.
    Es ist ein paar Mal vorgekommen, dass Richard mich von der Arbeit abgeholt hat. Es blieb aber insgesamt selten und wenn es passierte, war ich mir nie sicher, ob er nicht einfach gerade zufällig an der Promenade entlanggegangen war.
    Ich schaue mich nach ihm um, als ich den Laden verlasse, die Tür kratzt über vereiste Schneereste im Eingangsbereich, die Promenade ist leer, mein Atem steht mir vor dem Gesicht, gelblich grau im Licht der Straßenlaternen.
    Wenn er dasteht, sage ich gleich: Das ist aber sehr nett von dir, dass du mich abholst, und er nickt dann, schaut mich aber nicht an.
    Es sind gar keine Menschen mehr auf der Promenade unterwegs. Auf der Hauptstraße sehe ich ein Scheinwerferpaar in der Ferne, das dann aber seitlich abdreht auf ein Grundstück und in einer Garage verschwindet.
    Vor dem Gartentor, in der Straße, die Letterau mir genannt hat, stelle ich mir kurz noch Richard vor, der mich ja nicht abgeholt hat, deute auf das Tor in einer einladenden Weise und er zeigt mir einen Vogel und geht nach Hause. Ich müsste ihm dann wohl nachgehen, wenn ich will, dass er die nächsten Tage mit mir spricht, aber ich habe keine Lust dazu und außerdem einen Auftrag.
    Vorne am Tor gab es keine Klingel, also ging ich einfach durch, durch den Garten bis zur Haustür, wo es dann zwar eine Klingel gab, das Namensschild aber unter einem ganz matt und trüb gewordenen Plastikfensterchen unlesbar angebracht war. Mir blieb zum

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