Das kalte Schwert
verschwinde nicht. Ein wenig ungewollte Verwirrung in der Stimme bei diesen Worten. Ich …
Jähes, zerknittertes Bild eines schwarzen Segels am Horizont. … sterbe …?
Shend schnieft. Sieht für mich aus, als würdest du verschwinden. Und in einer so fröhlichen Gesellschaft.
Ringil wehrt einen Schauder ab.
Ich begreife einfach nicht, wieso das Leben in Trelayne eine so große Sache sein soll, sagt er zu dem Poeten. Zu Hause warst du mehr als die Hälfte der Zeit pleite, hast dir stets Geld von Milacar oder den Jungs vom seidenen Haus geborgt und dich dann abgestrampelt, um es wieder zurückzahlen zu können. Wie kann das schlimmer sein als ein bezahltes Exil in Hinerion?
Shend starrt düster in das Sumpfland hinaus.
Ich erwarte nicht, dass du das verstehst. Warum auch? Du hast dich immer schon gern im Schmutz gewälzt. Ich könnte mir vorstellen, dass du dich ebenso wohl dabei fühlst, wenn du deine Hüften an unseren dunklen südlichen Nachbarn reibst, wie bei allem anderen Gesocks.
Ja, ja. Ich habe dich gefickt, stimmt’s?
Oh! Oh! Der Shend, an den Ringil sich erinnert, konnte sich deutlicher artikulieren. Nicht so schrill. So weit ist es also gekommen, nicht wahr? Na ja, nicht ich bin derjenige mit Flüchtlingsblut in meinen Adern. Nicht ich bin derjenige mit einer Haut, die sich in
der Sonne bräunt wie die eines Sumpfbauern. Ich meine, wie kannst du es wagen! Du stammst aufseiten deiner Mutter praktisch direkt aus der verdammten Wüste!
Was, ganz zu schweigen von dem schrillen Ton, ebenfalls so wenig stimmt, dass man es als offene Verleumdung bezeichnen kann und gezogenen Stahl zur Folge hat, zumindest in Ringils Version der Welt. Die Verbindung zu den Flüchtlingen aus dem Süden liegt gut mehrere Generationen zurück – yheltethische Kaufleute, bei dem einen oder anderen religiösen Schisma vertrieben, als das flügge werdende Reich mal wieder über klerikale Punkte der Doktrin in Zuckungen verfiel –, und bei der Geburt von Ringils Mutter hatte sich die Ahnenreihe eine Weile lang ziemlich freizügig mit dem dortigen Blut gemischt. Eigentlich sogar allzu freizügig, meinten einige und verwiesen auf eine Anzahl unglücklicher Seitenzweige im Familienstammbaum, wo sich, drücken wir es so aus, die Herkunft von den Sumpfbewohnern schwer leugnen ließ.
Aber Shend ist eigentlich niemand, der darauf den Finger legt – wie viele der kleinlichen Adeligen in Trelayne weist auch der Klan von Shend selbst nicht nur einige wenige Stellen in der Ahnenreihe auf, die den Hauch des Sumpfs in sich tragen. Die verräterische Physiognomie ist für alle zu erkennen. Ringil wählt seine Entgegnung mit grausamer Sorgfalt.
Weißt du, du solltest nicht so über südliches Blut herziehen, Skim. Wenn deine Mutter aus dem Süden gekommen wäre, hätte sie dich mit Wangenknochen ausstatten können.
Und du solltest dich einfach – verpissen und sterben!
… sterben, sterben, sterben!
Das letzte Wort hallt anscheinend nach, in Ringils Kopf, oder über den Himmel, er weiß es nicht so genau. Er verzieht das Gesicht.
Vielleicht werde ich sterben.
Grobes Schweigen, das auf seine Ohren drückt, und das leise Schmatzen seiner Schritte im Sumpf. Ringil sieht sich um und entdeckt, dass der Dichter, vielleicht unter ein paar letzten beleidigten Anfällen, verschwunden, zusammen mit dem Echo seiner Abschiedsworte verblasst ist.
Dieses Fünkchen Feuerschein am Himmel kommt anscheinend auch nicht näher.
Später, als hätte sie irgendwie Shends Beleidigungen ihre Herkunft betreffend gehört und wäre davon angezogen worden, tritt Ishil Eskiath in Erscheinung. Während er sorgfältig die Ausläufer einer weiteren Durchseuchung von Sumpfspinnen umgeht, ist Ringil überrascht davon, wie schwer er es erträgt. Er kann nicht einschätzen, wie stark sich diese Frau von der Mutter unterscheidet, die er aus der wirklichen Welt kennt, aber sie wirkt richtig glücklich, was seiner Auffassung nach einen beträchtlichen Unterschied ausmacht.
Lanatray, beharrt sie strahlend. Dort hat es dir immer gut gefallen.
Dort bin ich fast ertrunken, Mutter.
Er kann nichts dagegen tun, gegen den eingeschnappten Tonfall. Aus dem Augenwinkel sieht er, dass sie das Gesicht verzieht, aber sie sagt nichts. Eine weitere Veränderung – die Ishil Eskiath, die er kennt, würde ihm nie das letzte Wort lassen, vor allem dann nicht, wenn er sie gerade verletzt hat.
Er seufzt. Hör mal, es tut mir leid. Aber du kennst mich nicht, Mutter. Du
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