Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
Vom Netzwerk:
hereinkam, sagte er munter: »Vermutlich seht Ihr nicht viele wie mich hier?«
    »Was?« Die Stimme schwach.
    »Steppenbewohner. Habt nicht viele davon? Ich habe mich gefragt, weil …«
    »Nicht so früh«, erwiderte sie und floh in die Küche zurück.
    Egar hob die Brauen und widmete sich wieder seinem Pint. Weitere gesenkte Stimmen in der Küche. Das Hackbeil knallte
einmal, bestimmt, ins Holz. Der Wirt trat mit funkelndem Blick durch den Vorhang.
    »Was habt Ihr denn für ein verdammtes Problem? Ich habe gesagt, sie ist meine Hure, ich habe nicht gesagt, dass sie jeder antatschen kann.«
    Egar stellte sein Getränk vorsichtig beiseite und sah den Mann an.
    »Habe bloß Konversation gemacht«, sagte er leise. »Wo ich herkomme, können vernünftige Männer mit einer Frau reden, ohne dass es irgendwas zu bedeuten hat. Ihr seid mir beim Reinkommen wie ein vernünftiger Mann erschienen, aber vielleicht habe ich mich da getäuscht.«
    Der Wirt zögerte. Sonnenlicht drang in den stillen Raum mit den niedrigen Deckenbalken. Irgendwo tropfte Bier aus einem Zapfhahn auf ein Tablett. Der Augenblick zog sich.
    Verging.
    »Ja, dann.« Ein wenig anmutiges Achselzucken. »Lassen wir das. Ich hatte einen Bruder, der oben am Dasharapass gedient hat. Er hat immer gesagt, bei Eurer Bande können die Frauen sich austoben. Den Mund vollnehmen wie die Männer, Pferde reiten, Waffen tragen, solchen Scheiß.«
    »Soll vorgekommen sein«, stimmte Egar zu.
    »Ja, nun, dieser Scheiß würde hier unten nicht geduldet. Das ist Yhelteth, das ist das Reich. Wir sind zivilisiert. Die Frauen kennen ihren Platz. Und die Wahrheit lautet, dass ich die Schnauze gestrichen voll von dem Ärger habe, den Eure Bande hier veranstaltet.« Groll, unterdrückt. »Nichts für ungut.«
    »Oh – schon in Ordnung. Was für Ärger wäre das denn?«
    »Nur ’ne verdammte gewaltige Schlägerei vor ein paar Wochen. Sie haben zwei Fenster zerbrochen, und eine meiner Kellnerinnen hat einen Finger verloren. Musste die Stadtwache rufen.
Wie gesagt, ich hab die Schnauze gestrichen voll davon. Wenn Ihr in einer zivilisierten Stadt leben wollt, müsst Ihr Euch auch zivilisiert benehmen. Klar?«
    Egar verzog das Gesicht. So lange er zurückdenken konnte, waren Schlägereien im Ponyglück nie aus der Mode gekommen.
    Tatsächlich hatte er sogar einige seiner besten Schlägereien …
    »Worum ging’s denn bei der Schlägerei?«
    »Verdammich, woher soll ich das wissen?« Der Wirt wischte gereizt mit einem stinkenden Tuch an seiner Bar herum. »Irgendwelcher Stammesscheiß? Ist nicht so, dass ich den nördlichen Dialekt spreche, nicht? Ich weiß bloß, dass in einem Moment noch alle ganz normal tranken und rumschrien und dann plötzlich die Fäuste flogen und Klingen gezückt wurden. Die Hälfte von denen im Zwirn der Zitadelle – ich meine, das ist bloß …«
    Er gestikulierte hilflos, ein Mann, der allmählich die Veränderungen in der Welt nicht mehr verstand.
    »Zitadellenuniformen, hm?« Egar sprach die Worte bewusst beiläufig und trank von seinem Bier. »Das ist ungewöhnlich.«
    »Ja, was Ihr nicht sagt. In meiner Kindheit hätten sie keinen Ausländer einen Fuß in einen Tempel setzen lassen, ganz zu schweigen davon, sie dafür auch noch zu bezahlen.«
    Allerdings. Es war eine Zeit, von der Egar noch die Ausläufer mitbekommen hatte, bei seinem ersten Aufenthalt in Yhelteth vor anderthalb Jahrzehnten. Eine Zeit, als viele Kneipen sich noch Der Majakkopf genannt und eiserne Käfige zur Schau gestellt hatten, die dem vor dem Haus sehr ähnlich waren, um die Sache auch zu beweisen. Er erinnerte sich daran, dass eine dieser Kneipen draußen im Gewürzviertel bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, in einer aufrührerischen Sommernacht. Eine gemischte Gesellschaft anderer Steppennomaden, betrunken
auf Fronturlaub. Sommerhitze, alkoholbestärktes Temperament, nur auf den richtigen Zunder gewartet. Ein kräftig gebauter Ishlinak, der, die Axt in der Hand, herumbrüllte, dass das da oben im Käfig sein verdammter Onkel wäre, rotäugig und geschwärzt …
    Sie platzten rein, Stiefel und brutal entrüstete Wut. Zerschmetterten Gesichter und Mobiliar, zerrissen Kleidung von Frauen, griffen sich Fackeln aus den Halterungen an der Wand. Brüllten einander Ermutigungen zu. Wirbeln und Stoßen – hinter der Bar, inmitten der dicht besetzten Tische. Das Stroh auf dem Fußboden entzündete sich, hüfthohe Flammen binnen Sekunden.
    Und dann bloß noch schrilles

Weitere Kostenlose Bücher