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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schmitz
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zögerte der Reporter ein wenig. »In einem Hotel im
Zentrum. Warum fragen Sie?«

    »Nur so«, sagte Katharina, winkte ihm und ging. Sie
ärgerte sich ein bisschen über ihre Frage. Hörte sich nach Anmache an. Dabei
wollte sie es einfach nur wissen.

     

15

    Hannes hatte Mühe, nach Hause zu finden. In Za rnesti erwischte er die falsche
Straße und kurvte eine Weile durch das nächtliche Kaff. Am Ende landete er doch
noch auf der Schotterpiste, die durch die Schlucht nac h Ma gura führte. Sein Panda hatte
einen CD-Spieler, er aber keine CD dabei. Also sang er sich eins. My Back Pages. Er wusste nicht, wie er
darauf verfallen war. Erst beim Refrain fiel es ihm auf. »Ah, but I was so much older then, I’m younger than that noh ohow«, tremolierte er in die Karpaten
und schalt sich anschließend einen alten Deppen. Dylan hatte den Song als Dreiundzwanzigjähriger
geschrieben. Schreiber war siebenundfünfzig.

    Oben in Ma gura
musste er sich wieder auf den Weg konzentrieren. Im Dunkeln s ah alles
anders aus. Nur ein Haus am halben Hang war noch erleuchtet. Auf gut Glück
hielt Hannes darauf zu und stand nach drei Minuten vor der Villa Diana. Drinnen
ging das Licht aus. Er hörte die Haustür knarren.

    »Alles in Ordnung«, rief eine Frauenstimme, die der
Steinkamp zu gehören schien. Schreiber schnappte sich die Tüte mit seinen neuen
Tretern vom Rücksitz und ging auf die Stimme zu.

    »Sie haben aber lange gebraucht«, sagte die Steinkamp, »kommen
Sie noch einen Moment rein.« Im Haus sprang das Licht wieder an. Es war kurz
nach eins. Auf dem Sofa im Wohnzimmer lag Teddy. Vor ihm auf dem Tisch standen
ein abgefressener Teller und eine leere Wasserflasche. Teddy hatte die Schuhe
ausgezogen, das Kopftuch hing in Fetzen.

    »Hi, Teddy«, grüßte Hannes, »lange nicht gesehen«, und
plumpste in einen der beiden Ohrensessel, die den Couchtisch umstanden. Es war
dreiundzwanzig Stunden her, dass sie sich im Wald verloren hatten.

    Teddy knurrte: »Hi.«

    Diana Steinkamp besetzte den anderen Sessel. Schwarze
Schatten unter den Augen, fahrige Finger, die an den Blusenknöpfen nestelten. »Haben
Sie schon gehört, was passiert ist?«, wollte sie von Schreiber wissen.

    »Ich dachte, das würde ich jetzt von Teddy erfahren.«

    »Der Forstamtsleiter ist erschossen worden.«

    »Der Schuss im Wald«, sagte Hannes und sah Teddy an.

    »Was gucken Sie mich an?«, keifte der Bärenflüsterer, »bin
ich der Jäger oder Sie?«

    Dem Reporter klappte die Kinnlade runter. Es brauchte
einen Moment, ehe er sie wieder in die Ausgangslage hievte. Ruhig, Hannes,
sagte er sich, bleib ganz ruhig. Und dann, deutlich gedämpft: »Ich habe
vermutet, dass auf Sie geschossen wurde, Teddy. Dass Sie selbst geschossen
hätten, hat niemand behauptet.«

    »Doch«, fuhr die Steinkamp dazwischen, »im Radio melden
es die Nachrichten. Jede Stunde einmal.«

    »Scheiße.« Schreiber fingerte seine Zigaretten aus der
Hose. »Was dagegen, wenn ich eine rauche?«

    Niemand antwortete. Er steckte die Schachtel wieder weg
und ging zum Paffen vor die Tür. Zweihundertmal mehr Sterne als in Berlin
strahlten um die Wette. Der Mond steckte noch hinter dem Königstein. Die Stille
konnte man anfassen. Hannes schnippte die halb gerauchte Kippe weg, füllte die
Lungen mit Bergluft und ging zurück ins Haus.

    »Wir müssen uns stellen«, sagte er. »Ich gehe davon aus,
dass Sie nicht geschossen haben, Teddy. Ich war es auch nicht. Was kann uns
passieren? Eine Geldbuße wegen der Fütterungsnummer, mehr nicht.«

    Die Steinkamp sah ihn mitleidig an. »Sie kennen Rumänien
nicht, Herr Schreiber. Die wollen zwar in die EU, aber so etwas wie einen
Rechtsstaat kennt man hier nur vom Hörensagen. Die wären froh, wenn sie schnell
einen Täter vorzeigen könnten. Ob der es tatsächlich gewesen ist, wird sich
später rausstellen. Oder auch nicht. Hauptsache, sie haben jemanden hinter
Schloss und Riegel.«

    »Trotzdem haben sie Rumänien doch gerade in die NATO
aufgenommen. Und in die EU sollen die auch.«

    »Ich glaube nicht, dass dies der richtige Moment für
politische Debatten ist.« Wo sie recht hatte, hatte sie recht.

    Teddy schwang die Beine vom Sofa. Der Geruch von
Fußschweiß wehte über den Tisch. »Wir stehen tief in der Schuld der Tiere«,
begann er seine Predigt. »Millionen Tiere werden von Jägern abgeknallt aus Lust
am Töten. Milliarden werden gemästet und geschlachtet für die Gaumenlust des
Menschen. Hunderttausende werden gequält und getötet

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