Das Karpaten-Projekt
anklopfen und seinen Namen
nennen, als die Tür aufflog und das Zischen ihn wie eine Keule traf.
Für einen Moment sah Schreiber eine orange Wolke, danach
sah er lange nichts mehr. Er wand sich am Boden wie ein vom Spaten getroffener
Regenwurm. Hustete, schnaubte, schrie. Seinen Lungen loderten. Die Augen
schmerzten, als ob jemand mit Nadeln zwischen den Fingern auf sie einboxte.
Hannes verlor die Kontrolle über seinen Körper. Er würgte und furzte zur
gleichen Zeit. Zitterte und wischte mit dem Gesicht durch das Gras, in das er
gefallen war. »Wasser!«, wollte er brüllen. Es hörte sich an wie das Röcheln
eines Bergarbeiters mit Staublunge im Endstadium.
Hannes drehte sich auf den Rücken und rang nach Luft. Ein
Schwall Wasser traf ihn mitten ins Gesicht. Er schrie auf und prustete, aber
danach wurde es etwas besser. »Mehr«, keuchte er, »mehr.« Der nächste Guss
schwappte auf seinen Kopf. Schreiber hielt die Augen geschlossen und japste wie
ein Hund. Hustend wartete er darauf, dass die Schmerzen nachließen. Die Augen
zu öffnen, traute er sich nicht. Schreiber schlug die Hände vors Gesicht und
weinte. Er hatte kein Gefühl für die Zeit, die verstrich, während er heulend im
Gras lag. Etwas klarer im Kopf, setzte er sich auf. Schnaufend versuchte er,
die Flamme in seiner Lunge auszupusten. Ganz langsam erlosch das Brennen in den
Bronchien. Der Rachen glühte noch nach. So wirkte also Bärenspray.
Schreiber nestelte ein Stofftaschentuch aus der Hose. »Gib
mir den Wassereimer«, raunzte er.
»Hier.« Es war Teddys Stimme. Er führte Hannes’ Hand zum
Eimer.
Der Reporter tauchte das Tuch hinein und wusch sich das
Capsaicin aus dem Gesicht. Vorsichtig öffnete er ein Auge. Verschwommen nahm er
den Bärenflüsterer wahr. Schreiber wusch das Taschentuch noch mal aus und wischte
sich behutsam die Augen aus. Allmählich klarte die Sicht auf.
»Was zu trinken«, verlangte er. Sellemerten drückte ihm
eine Plastikflasche in die Hand. Gurgelnd soff Hannes den Saft. Er setzte ab,
rülpste und trank weiter, bis ihm die Brühe am Kinn hinunterlief. Dann stand
Schreiber auf. Er stakste auf die Hütte zu und ließ sich auf die Treppe
plumpsen. Für mehr reichte seine Kraft noch nicht.
Der Bärenflüsterer stand linkisch vor ihm. Ein gelber
Mond hing über dem Wald und beschien das Gesicht des Mannes. Er trug kein Tuch.
Blonde Strähnen zottelten um seinen Kopf. Seine Babyspeckbäckchen wirkten
schmuddelig unter den Bartstoppeln. Hannes versuchte, seine Wut auf diesen Kerl
zu zügeln. Er nestelte seine Zigaretten aus der Hose und steckte sich eine an.
Der Rauch fuhr in seine Lunge wie ein Reibeisen. Hustend warf er den Glimmstängel
weg. »Scheiße«, zischte er.
»Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?« Teddys Stimme
hatte schon wieder den pampigen Unterton, der Schreiber von Anfang an aufgeregt
hatte.
»Das geht Sie einen Dreck an!«, giftete er und nahm noch
einen Schluck aus der Pulle. »Wollen Sie sich nicht wenigstens entschuldigen
für die Ladung Chili, die Sie mir in die Fresse gesprüht haben?«
»Konnte ich doch nicht wissen, dass Sie das sind!«
»Sie wissen überhaupt nicht viel, Sebastian Sellemerten.
Das ist doch Ihr Name, oder?«
Der Bärenflüsterer fuhr zusammen wie nach einem überraschenden
Klaps auf den Kopf. Seine Hände fingerten über die Taschen seiner Cargohose,
nestelten an Druckknöpfen, ohne sie zu öffnen. Er sagte nichts. Schreiber umso
mehr. In seiner Wut warf er dem Burschen Sätze an den Kopf. Das war seine Art
sich zu prügeln. »Sie sitzen bis zum Hals in der Scheiße, großer Bärenflüsterer!
Die Polizei hat ein Bild von Ihnen. Das drucken die demnächst auf Fahndungsplakate.
Irgendwann haben die Sie am Arsch. Spätestens, wenn Sie Rumänien verlassen
wollen. Und glauben Sie bloß nicht, dass Ihre Beschützerin einen Finger für Sie
krumm macht! Die will Ministerin werden. Da kommt der Kontakt mit Kriminellen
gar nicht gut. Diese Schuhprinzessin hat Sie eh nur benutzt. Die treibt ein
ganz anderes Spiel. Sie will weg aus Rumänien mit der Produktion. Der kamen Sie
mit Ihrem Bärenquatsch gerade recht. Nur den Mord am Forstamtsleiter hatte sie
nicht eingeplant. Das ist eine Nummer zu groß, selbst für die Göttin Diana.
Warum haben Sie den Typen überhaupt erschossen?«
»Hab ich ja gar nicht.« Wie ein Schulbub stampfte Teddy
mit dem Fuß auf.
»Das kann jeder sagen. Sie waren in der Nähe. Sie hatten
genug Zeit. Und Sie hatten ein Motiv: Hass auf den
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