Das Karpatenschloß
keineswegs erwiesen, obwohl Frik stets
bereit war, das zu versichern, da er den Baum nie aus den
Augen ließ, während seine Herden sich auf den Weideplät-
zen an der Sil tummelten. Trotz alledem und obgleich Frik
für den letzten Bauer wie für den ersten Beamten von Werst
eine Persönlichkeit war, der man nicht alles glauben durfte,
zweifelte doch kein Mensch daran, daß die Burg nicht mehr
länger als 3 Jahre zu leben hatte, da man nur noch drei Äste
an ihrer Schicksalsbuche zählte.
Der Schäfer hatte also gerade den Rückweg zum Dorf
einschlagen wollen, um dort die große Neuigkeit zu berich-
ten, als sich der Zwischenfall mit den Fernrohr ereignete.
Das war in der Tat eine große Neuigkeit! Am Giebel des
Wartturms hatte sich eine Rauchsäule gezeigt, was er mit
bloßen Augen nicht hatte erkennen können, das hatte Frik
mit dem Instrument des Hausierers ganz deutlich gesehen.
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Es war keine Nebel- oder Dunstwolke gewesen, nein, ech-
ter Rauch, der nach den Wolken emporwirbelte, und doch
war die Burg ja menschenleer! Seit langer, langer Zeit hatte
niemand deren Ausfallstor, das ebenfalls geschlossen war,
passiert, noch die gewiß aufgezogene Brücke überschrit-
ten. Wenn das Schloß bewohnt war, dann konnten dort
nur übernatürliche Wesen hausen. Zu welchem Zweck aber
sollten sich Geister in einem der Räume des Wartturms ein
Feuer angezündet haben? Brannte es in einem Zimmer oder
in der Küche? Die Sache erschien doch völlig unerklärbar.
Frik trieb seine Tiere nach ihrem Stall. Auf seinen Zuruf
leiteten die Hunde die ganze Herde längs des Weges, dessen
Staub bei der Feuchtigkeit des Abends nur am Erdboden
hinzog.
Einzelne, auf den Feldern verspätete Bauern grüßten den
Hirten, der ihre Höflichkeit heute kaum beantwortete. Das
erregte eine gewisse Unruhe; denn wenn man sich vor Scha-
den bewahren will, reicht es nicht, den Schäfer zu begrüßen,
er muß den Gruß auch erwidern. Frik mit den starr blicken-
den Augen, der sonderbaren Haltung und den geradezu un-
geordneten Bewegungen schien heute dazu gar nicht auf-
gelegt. Selbst wenn ihm Wölfe oder Bären die Hälfte seiner
Schafe geraubt hätten, könnte er kaum bestürzter ausgese-
hen haben. Unzweifelhaft brachte der Mann eine schlimme
Nachricht mit nach Hause.
Der erste, der die große Neuigkeit erfuhr, war der Orts-
richter Koltz. Bei dessen Anblick rief ihm Frik schon von
weitem zu: »Die Burg brennt, Meister!«
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»Was sagst du, Frik?«
»Ich sage, was ich weiß.«
»Bist du verrückt geworden?«
Es erschien allerdings kaum glaublich, daß in dem alten
Quaderhaufen eine Feuersbrunst ausbrechen konnte. Da
hätte man ebensogut glauben können, daß der höchste Gip-
fel der Karpaten von Flammen verzehrt worden sei.
»Du behauptest, Frik ... Du behauptest, daß die Burg
brennt?« wiederholte Koltz.
»Wenn sie nicht brennt, so raucht sie doch.«
»Ach, das ist nur Dunst, ein Nebel ...«
»Nein, Rauch ist es. Kommt mit und seht selbst.«
Beide begaben sich nach dem Mittelteil der großen
Dorfstraße und an den Rand einer Art aus dem Bergab-
hang herausragender Terrasse, von der man freie Aussicht
bis zum Schloß hatte.
Hier angelangt, überreichte Frik dem Meister Koltz das
Fernrohr.
Allem Anschein nach war diesem das Instrument nicht
weniger unbekannt, als bis kurz vorher seinem Schafhirten.
»Was ... was ist denn das?« fragte er.
»Eine wunderbare Maschine, die ich für Euch, Herr, um
2 Gulden erstanden habe, während sie unter Brüdern 4 wert
ist.«»Von wem denn?«
»Von einem fremden Händler.«
»Was soll ich damit anfangen?«
»Haltet sie nur einmal vor die Augen, zielt genau auf die
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Burg, guckt dann hindurch und Ihr werdet schon sehen,
wozu das Ding taugt.«
Der Ortsrichter tat nach seinen Worten, faßte die Burg
ins Auge und betrachtete sie auffallend lange.
Ja, es war Rauch, der dort aus einem der Schornsteine
des Wartturms aufstieg. Eben jetzt wirbelte er, durch einen
Windstoß abgelenkt, an der Bergwand hin.
»Wahrhaftig, Rauch!« stieß Meister Koltz verwundert
hervor.
Inzwischen traten auch noch Miriota und der Förster
Nic Deck, die eben nach Hause gekommen waren, an die
beiden Männer heran.
»Wozu dient das?« fragte der junge Mann.
»Weit in die Ferne zu sehen«, antwortete der Schäfer.
»Ihr scherzt wohl, Frik?«
»Das kommt mir jetzt ebensowenig in den Sinn, Förster,
wie vor kaum einer Stunde, wo
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