Das Karrieremacherbuch
Reiseveranstalter bot ihr dann eine Sachbearbeitungsposition, die eigentlich für eine Kauffrau bestimmt war, für 25 000 Euro Jahresgehalt. Eltern und Freunde sagten, so eine Position dürfe sie auf keinen Fall annehmen, da sie sich damit unter Wert verkaufe. Doch letztendlich war das genau die richtige Position für den Einstieg.
Vieles hat wenig mit der real erlebten Tätigkeit, sondern vielmehr mit gesellschaftlichem Status zu tun, der individuell unterschiedlich empfunden wird. Besonders bei Berufseinsteigern ist das extrem, weil die praktische Erfahrung noch kein Gegengewicht zu diesem gesellschaftlich geformten Statusempfinden bietet. Deshalb neigen Berufseinsteiger sehr viel mehr dazu, sich an Marken zu orientieren, als dies Menschen mit längerer Berufserfahrung tun. Es ist kein Zufall, dass Unternehmen ihr Budget für Personalmarketing fast ausschließlich für Absolventenwerbung einsetzen. Doch leider verstellt die Markenorientierung manchmal den Blick auf die eigenen persönlichen Stärken und die Attraktivität mancher Notlösung.
Eine Bewerberin nahm eine Tätigkeit als Vertriebsassistentin an, obwohl sie eigentlich vom Produktmanagement geträumt hatte. Ein Bewerber parkte in einer Position als Junior-Kontakter einer Agentur. Nach einiger Zeit gefiel ihm der Job, und er blieb. Ein anderer bewarb sich statt im Marketing im Vertrieb und wurde genommen. Ich kenne sogar eine Betriebswirtin, die im Versicherungsaußendienst arbeitet. Als Notlösung gedacht, macht ihr das richtig Spaß, und sie ist sehr erfolgreich.
Die Perspektive zählt
Eine Notlösung kann bedeuten, nach dem Studium noch mal ein Praktikum zu machen. Natürlich gilt es gerade hier abzuwägen: Ist der Praktikumsanbieter auf den Wirtschaftskrisenzug aufgesprungen und sucht nur billige Arbeitskräfte? Oder bietet das Praktikum wirklich eine Perspektive? Perspektive kann heißen, dass Sie wirklich was lernen oder dass Sie danach in ein Trainee-Programm oder eine feste Stelle übernommen werden. Das Auslandspraktikum nach dem Studium kann eine Notlösung sein. Ein Job in einem kleinen Dorf im Schwarzwald, wo sonst keiner hin will, ebenso. Die befristete Tätigkeit, zumal immer mehr Tätigkeiten befristet sind. Die Tätigkeit im Außendienst. Der Job als HGB-184er (neudeutsch für Handelsvertreter). Die Selbstständigkeit. Die arbeitsagenturgeförderte Weiterbildung. Der Einstieg in den elterlichen Betrieb. Wenn es mit den Bewerbungen nicht klappt und alle Möglichkeiten im Netzwerk ausgeschöpft sind, ist es Zeit für die Notlösung. Platte umdrehen, B-Seite hören.
Schadet die Notlösung der Karriere? Nein, denn die Notlösung ist immer besser, als ewig auf den Top- oder Traumjob zu warten und nichts zu tun. Manchmal wird aus der Notlösung das Wunschkonzert. Beispielsweise, wenn die aus der Not gegründete Firma plötzlich richtig gut läuft. Wenn das Auslandspraktikum zu einem Auslandsjob führt. Man im Außendienst einen Kunden kennenlernt, der einen für den Vertrieb abwirbt. Auch wenn der Job mal nicht so toll ist. Man muss das alles ja nicht ewig machen. Wir wachsen in eine Karrierewelt, die Veränderung fordert und erlaubt. Nur eins müssen Sie deshalb vermeiden: im Notlösungsjob zu »versacken«. Halten Sie die Augen offen. Denn das ist die Voraussetzung, um Jobs zu finden, die Spaß machen und Sie weiterbringen.
DER KARRIEREMACHER-TIPP
Laufe ich einem Traumjob hinterher, der unerreichbar für mich ist? Prüfen Sie, ob Ihr berufliches Ziel realistisch ist, zum Beispiel, indem Sie direkt bei den infrage kommenden Unternehmen anrufen und fragen. Nein sagt man Ihnen, oder: nur geringe Chancen? Oder Sie haben mehr als 50 Absagen kassiert, und es waren nicht mindestens zwei Einladungen dabei? Wenn Ihre Unterlagen definitiv okay sind, liegt’s daran, dass die Kirschen noch zu hoch für Sie hängen. Dann heißt es: Es geht nur mit dem Alles-Erreicher-Prinzip. Wenn Ihnen das aber noch zu aufwendig oder anstrengend ist, dann schauen Sie sich um, was realistisch für Sie und mit einer Bewerbung oder über Ihre Kontakte zu erreichen ist.
SUCHEN SIE ALTERNATIVEN
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Ausgebildet und fallengelassen
Irgendwo in Deutschland, das Bruttoinlandsprodukt ist auf den Tiefststand seit dem Zweiten Weltkrieg gerutscht. Der Exportweltmeister
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