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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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bist für mich die wichtigste Person auf der ganzen Welt, und versprich es mir einfach, dass du heil wieder nach Hause kommst. «
    Er seufzte schwer, lehnte sich in seinem Sessel zurück. » Ich verspreche zumindest, mein Bestes zu tun. Danke für dein Verständnis « , sagte er und schloss, von Müdigkeit übermannt, die Augen.
    Später, als wir von Liebe und Zärtlichkeit erfüllt, eng umschlungen im Bett lagen, erzählte ich ihm von meiner Vermutung, schwanger zu sein. Er war außer sich vor Freude, sprang splitternackt aus dem Bett und tanzte ausgelassen im Zimmer herum. » Ich werde Vater, ein englischer Vater « , rief er immer wieder. Das Bild ging mir wochenlang nicht aus dem Kopf. Da war er schon lange fort.
    Mutter war völlig aus dem Häuschen, als der Arzt meine Schwangerschaft bestätigte. Sie war wieder ganz die Alte, führte den Haushalt und kochte mit großem Einfallsreichtum Genießbares aus den dürftigen Zuteilungen. Zum Glück würden wir im Sommer zusätzlich frische Sachen aus dem Garten haben, Obst, Gemüse, Salate, die unseren Speiseplan bereicherten.
    » Meine Güte, wie aufregend. Ich werde Großmutter. Ich muss gleich an John schreiben und ihm erzählen, dass er Onkel wird. « Dann fügte sie ein wenig wehmütig hinzu: » Ich wünschte, Harold wäre hier, um sich daran zu freuen. Was für eine Welt, um so ein armes kleines Ding hineinzusetzen. «
    » Komm schon, Mutter. Bis es groß genug ist, um etwas vom Krieg mitzukriegen, wird alles vorbei sein « , sagte ich heiter.
    Gwen gratulierte mir ebenfalls, doch sie schien sich ein wenig zu sorgen, wie es mit der Fabrik weiterging. Ich versuchte ihr zu versichern, dass sich trotz Baby nichts ändern würde, und glaubte das auch. Wie vielleicht jede junge Frau, die ihr erstes Kind erwartete, stellte ich mir das recht naiv vor. Warum sollte mein Baby nicht zufrieden in seiner Wiege liegen, während ich Telefonate führte, Abrechnungen durchging und meine Runden in den Fertigungshallen drehte?
    Dabei wurde der Druck wegen der Fallschirmseide immer größer. Die Webmaschinen liefen täglich achtzehn Stunden ohne Pause, und ich war dankbar, als Gwen sich erbot, die Abendschicht zu leiten. Ich kämpfte noch immer mit Morgenübelkeit und der Erschöpfung der ersten Schwangerschaftsmonate und kroch normalerweise direkt nach dem Abendessen ins Bett.
    Mit dem Frühling kam neue Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges. Niemand wusste Genaueres, aber alle redeten von einer bevorstehenden Operation, die die Wende bringen könnte. Robbie ließ anklingen, dass nicht nur Fallschirme für unsere eigenen Truppen gebraucht würden, sondern auch für die verbündeten US -Amerikaner und Kanadier. Sämtliche Anzeichen deuteten auf ein groß angelegtes Luftlandeunternehmen hin.
    Und dann, Ende März, kam der Telefonanruf, vor dem ich mich seit meinem Hochzeitstag gefürchtet hatte.
    » Ich bin jetzt mit der Ausbildung fertig und werde losgeschickt « , sagte Stefan.
    Mir war so schwindlig, dass ich mich neben das Telefon auf den Fußboden setzen musste.
    » Was meinst du damit? Wohin? Wann? «
    » Du weißt doch, dass ich dir das nicht sagen darf, mein Liebling. Aber bald wird alles besser. Kannst du morgen nach London kommen? «
    Fieberhaft ging ich im Kopf meine Termine durch – das war mir inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen –, bis ich plötzlich merkte, was ich da tat. Mein Mann wurde auf eine gefährliche Mission geschickt, und ich schaute nach, ob ich wirklich Zeit hatte, ihn noch einmal zu sehen. Wie absurd.
    » Natürlich, ist doch klar « , sagte ich schnell. » Um wie viel Uhr? «
    » Um vier? Selber Ort? «
    » Perfekt. Wir sehen uns dann dort, mein Schatz. Ich liebe dich. «
    » Ich dich auch. Bis morgen. «
    Wir trafen uns in » unserer « Pension, und wir beschlossen, die kurze Zeit, die uns noch blieb, bis zur letzten Minute auszukosten und sie nicht durch trübselige Gespräche zu verderben. Wir wollten Erinnerungen schaffen, die uns über die Zeit der Trennung hinweghalfen.
    Wir lagen uns gerade glückselig in den Armen, als das Heulen des Fliegeralarms losging und die Wirtin heftig an unsere Zimmertür klopfte. » Alles raus « , rief sie. » Schutzraum auf der anderen Straßenseite. U-Bahn-Station. «
    » Wann werden die endlich aufgeben? « , stöhnte Stefan. » Es ist ihr letztes Aufbäumen, doch es wird ihnen nicht viel helfen. « Nach einer längeren Pause flogen die Deutschen seit Januar wieder häufiger Luftangriffe. Wir

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